Das Heerlager der Heiligen
bitte den geziemenden Anstand! Fahren Sie fort, Herr Außenminister!«
Erneutes Seufzen.
»Die indischen Regierungen erklären diesbezüglich, daß jedes Einschreiten unmöglich ist und lehnen im voraus eine Verantwortung ab.
Sie drücken ihr Bedauern aus …«
Wieder ist man am Nullpunkt. »Alles klar«, sagt der Präsident. »Wie leicht ist doch das Regieren! Ich frage mich, ob es irgendwo auf der Welt eine Regierung gibt, die für etwas verantwortlich ist? Wenn der Admiral sich täuscht, könnte man nicht doch etwas unternehmen? Eine offizielle Maßnahme? Eine vernünftige natürlich. Zum Beispiel seitens der UNO?«
Wie ein Teufel springt der kleine Staatssekretär von seinem Stuhl hoch. Er jubelt: »Fordern wir die UNO auf. Internationalisierung der Nomadenflotte unter der blauen Flagge der UNO, mit Verladung auf schwedische, äthiopische und paraguayanische Schiffe. Die UNRRA übernimmt mittels Hubschrauber die Verpflegung der Passagiere und die Unterhaltung der Schiffe. Und die Flotte fährt zwanzig Jahre lang zur allgemeinen Zufriedenheit über die Ozeane. Der Gedanke ist übrigens nicht neu. Er war schon oft von Nutzen. Natürlich wird sich die Bevölkerung an Bord in zwanzig Jahren mehr als verdoppeln. Untätigkeit und Hitze … Man müßte zur Verstärkung der Flotte Schiffslager anlegen. Glauben Sie, meine Herren, so könnte das lange laufen. Die Enkel der Emigranten wüßten nicht einmal mehr, warum sie das Meer als Horizont und die Schiffbrücken als nationales Territorium haben. Man muß auch daran denken: sie werden politisch zu denken beginnen. Untätigkeit und Hitze … Sie werden Forderungen erheben, werden Unabhängigkeit verlangen. Und warum nicht? Auf den Bänken der UNO sitzen Vertreter von hundert nicht lebensfähigen Völkern. Man wird eben den hundertundeinen Sitz schaffen, das ist alles! Die ambulante Republik der Meere. Selbstverständlich wird man üblicherweise eine Aufteilung vornehmen. Man wird die Flotte in zwei Teile trennen und dafür sorgen, daß diese sich in verschiedene Richtungen bewegen und sich nie treffen. Das kostet natürlich Geld. Die westlichen Staaten werden aufgefordert werden, sich entsprechend ihrem Vermögen an der Unterhaltung der beiden ozeanischen Republiken zu beteiligen. Wir haben da Übung. Was machen wir denn sonst, wenn in der Dritten Welt ein Problem auftaucht und wir unsere Ruhe haben wollen? Wir zahlen. Wir murren, aber wir zahlen. Mit Hilfe der Zuteilungen der UNRRA und Aspirinschachteln des Weltgesundheitsdienstes bedeutet das nichts, das müssen Sie zugeben. Ein billiger Friede und ein ruhiges dauerndes Glück, ohne sich um die Nachbarn kümmern zu müssen, das wünschen Sie doch? Herr Präsident, ich schenke Ihnen meine Idee.«
Der Präsident betrachtete verstohlen den kleinen Staatssekretär. »Von was gehen Sie aus, Herr Perret? Von einer Außenseitermehrheit. Ich möchte sagen, vorher? Von einer Philologenhochschule. Ich zweifle daran. Sie scherzen wohl?«
Die Mißbilligung erzeugte einen schmerzlichen Eindruck auf den Gesichtern, da alle verzweifelt nach einer Idee suchten.
»Meine Herren«, sagte der Präsident, »man glaubt, man sei im mündlichen Abitur. Sie sind sehr um Antworten verlegen! Was Sie betrifft, Herr Staatssekretär …«
Beide lächelten. »Es ist wahr, ich scherze, Herr Präsident. Aber es scheint, daß ich der einzige bin, der die Behauptung von einer friedlichen Besetzung der westlichen Welt lächerlich und verrückt findet. Hat man je schon erlebt, daß der Hammel sich auf den Wolf stürzt und ihn frißt?«
Aktentaschen rutschen hin und her. »Häßlich! Häßlich! Schändlich! Herzlos!« Wenn man schon keinen Kopf hat, dann sollte man wenigstens Seele haben.
»Herr Präsident«, sagte der Staatssekretär, »wenn meine Kollegen sich doch endlich vernünftig unterhalten würden. Ich könnte ihnen zwanzig ernsthafte Lösungen zu diesem verrückten Problem bieten.«
Der Präsident: »Zum Beispiel;«
Der Staatssekretär wandte sich um, und mit einer Bewegung, wie wenn ein Kind eine Waffe in den Händen hält, fegte er über den Konferenztisch: »Tak– tak– tak– etak– etak– etak– tak– tak. Sie sind alle tot.«
Als man den Admiral, der auf einem Hocker hinter dem Sessel des Ministers versteckt war, »bum – bum – bum« rufen hörte, war das Maß der Bestürzung voll.
»Was soll das?« fragte der Minister mit verstörtem Blick und wandte sich um.
»Das ist eine Kanone, Herr Minister«, antwortete der
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