Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
Vom Netzwerk:
aus Indien, wenn Sie so wollen. Ehemaliger Abgeordneter in Pondichéry.«
    »Herzlich willkommen, Herr Hamadura«, sagte die großartige Rosemonde, »Sie sind also die Vorhut, der lebendige Beweis dessen, was möglich ist …«
    »Daß ich nicht lache«, unterbrach der willkommene Hamadura kurz, »ich möchte lieber die Nachhut sein, ja sogar der letzte der letzten indischen Einwanderer. Sie kennen mein Volk nicht, noch seinen Schmutz, seinen Fatalismus, seinen idiotischen Aberglauben und seine atavistische Fortschrittsfeindlichkeit. Sie haben keine Ahnung, was Sie erwartet, wenn diese Flotte von Primitiven auf Sie zukommt. In Ihrer Heimat, die auch die meinige geworden ist, wird sich durch diese Menschen alles ändern, und mit ihnen werden Sie alles verlieren. Sie …«
    Erschrocken drückte Rosemonde auf den roten Knopf vor ihr, eine Stoppvorrichtung, mit der man lästige Gesprächspartner ausschalten konnte.
    Vilsberg blendete sich sachte ein. »Ein kleiner Fehler«, bemerkte er.
    »Ich glaube, Rosemonde, der Herr hat wirklich alles gesagt, was er uns zu sagen hatte. Seltsam, daß er Inder sein soll. Sicher werden wir noch eine Erklärung finden. Was halten Sie davon, meine liebe Soziologin?«
    Die Soziologin dachte nach. Glänzender Einfall. »Höchst gesteigerte Komplexe. Das geht bis zur Verleugnung der eigenen Rasse … Kastenrassismus, der bei den indischen Völkern häufig vorkommt. Es würde mich nicht wundern, wenn die Haut dieses Herrn sehr hell wäre und er der bürgerlichen Welt der Brahmanen angehören würde …«
    Durch eine Panne in der Sendezentrale hörte man plötzlich Herrn Hamadura lachen: »Ich bin ebenso schwarz wie ein Neger«, sagte er.
    »Das ist ja übel!« bemerkte die Soziologin und trennte endgültig die Leitung. »Wir haben hier ein klassisches koloniales Phänomen vor uns, nämlich eine Assimilation in die führende Oberschicht und als Folge die Verachtung des Volkes, von dem man abstammt. Der Hund des Weißen haßt den Schwarzen. Das ist bekannt.«
    Damit war das Gespräch zu Ende. Wir werden Herrn Hamadura jedoch wiederbegegnen …
    Wie immer kam Clément Dio in »La Pensée nouvelle« auf den Kernpunkt zu sprechen. Seine wunderbare Sondernummer über »die Kultur des Ganges« ließ alle nachdenken, die glaubten, sie würden nachdenken können. Kunst, Literatur, Philosophie, Geschichte, Medizin, Moral, soziale und familiäre Sitten fanden beste Beschreibung. Es war ein Rechenschaftsbericht über alles, was die Menschen vom Ganges uns schon gebracht hatten – ernste Musik, Theater, Tanzkunst, Yoga, Mystik, neue Kleidermoden, Schmuck und Handwerk –, und wenn man die letzte Seite gelesen hatte, fragte man sich ernstlich, wie es möglich sein konnte, daß man so lange auf diese Menschen verzichtet hat! Müßten wir, um das Kunstwerk zu vollenden, als geistige Söhne der Griechen und Lateiner, der christlichjüdischen Mönche und der Barbaren des Ostens nicht vielleicht doch unsere Tür dem so menschlichen Ganges öffnen, und wenn es nur dazu dienen würde, einen Ausgleich zu unserem Materialismus zu schaffen? Der Artikel war vorsichtig geschrieben, aber da Clément Dio ihn schrieb, fand niemand dabei etwas Unnormales …
    Das westliche Paradies, die Armada der letzten Chance, die Kultur des Ganges, ein Beitrag zur menschlichen Vollendung, mit diesen drei geschickt miteinander gekoppelten Themen war die Presse in ihrem Element. Die Öffentlichkeit ging vertrauensselig darauf ein, zumal man seit drei Tagen von der Flotte nichts mehr gehört hatte. Fischer aus Madras hatten sie zuletzt auf dem zwölften nördlichen Breitengrad gesichtet. Das war immerhin etwas, im Gegensatz zu den spärlichen amtlichen Nachrichten, die auch keinen Hinweis auf diese Sache brachten, die das Gesicht der Welt verändern konnte. Das Tier wetzte sich daran nur mit Wohlbehagen die Klauen. Der Papst gab ein rührseliges Kommuniqué heraus. Einige soziale Bischöfe äußerten sich im Sinne des III. Vatikanischen Konzils, ebenso Ligen und weltliche humanitäre Vereinigungen, die von dem üblichen Haufen der blinden Anhänger des Tiers animiert wurden. Es genügte für das Vorspiel. Im Geist der Gedankengänge des Ministers Jean Orelle hielt die Kommission für internationale Zusammenarbeit bei der Hilfsaktion für die Flotte vom Ganges in Paris ihre erste Sitzung ab. Die darin tätigen internationalen Funktionäre – berufserfahrene Ratten im Käse der UNO (United Nations Organization), mit allen Wassern

Weitere Kostenlose Bücher