Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
Vom Netzwerk:
allem, wenn die Gewalttätigkeit des Tieres weniger wichtige soziale Mißstände aufs Korn nahm? So zum Beispiel einen verprügelten Kolonialwarenhändler in einem Armenviertel oder afrikanische Obdachlose, die im Sommer leerstehende Wohnungen besetzten, oder gestohlene Waren, die an Bewohner eines Barackenviertels verteilt worden waren, oder verprügelte, unreelle Finanzleute, die von einem illegalen »Volksgericht« verurteilt wurden, oder mißliebige Arbeitgeber, die fortgesetzt ihrer Freiheit beraubt wurden … Nein! Niemand protestierte, und die Justiz, die ins Wanken geriet und nicht mehr wußte, ob die Gesetze zur Schikane oder zum Schutz der Gesellschaft da sind, billigte den Angeklagten regelmäßig mildernde Umstände zu, worauf sie unbehelligt und mit einem Nimbus versehen die Gerichtssäle verließen. Man schmähte also lieber alle diese Männer und Frauen, die sich für anständig halten, das heißt beinahe die ganze Nation. Das Tier hatte somit mit seinem teuflischen Verhalten die westlichen Polizeibehörden und die Justiz in der Tasche. So abgesichert konnte es ruhig dem Erwachen der öffentlichen Meinung gegenübertreten. Und diese nahm einmal mehr zur Kenntnis, daß Rassismus zum Selbstschutz eine Plage der Menschen ist.
    Für das wirkliche Erwachen der westlichen Welt, das heißt für die Wahrnehmung der tödlichen Bedrohung und der Sorge um das Überleben, wäre der Wink der australischen Regierung insofern wertlos gewesen, weil er entstellt, gefälscht und im Zusammenhang verstümmelt worden war. Man hätte sich natürlich auf den Abdruck des Einwanderungsgesetzes, wie er auf der ersten Seite von »La Pensée Nouvelle« stand, berufen können. Statt dessen wandte sich der Westen genau gegen das, was er zu verteidigen vorgab, gegen die weiße Welt. Erinnern wir uns an die Selbstschutzmaßnahme der westlichen Schiffahrtsgesellschaften, die nach der Pressekonferenz des Ministers Jean Orelle ihre Schiffe anwiesen, sich mehr als achtundvierzig Stunden außerhalb der Route der Emigrantenflotte zu bewegen. Das war sicher grausam, aber gesund. Sicher steht auch im Schicksalsbuch der weißen Menschen geschrieben, daß gesunde Geistesblitze und Mutbezeugungen oder einfach Erhaltungstriebe einsame, geheime oder nicht erkennbare Entscheidungen bleiben, ohne von einer bedeutenden Menge getragen zu werden. Vielleicht ist dies eine Erklärung.
    Man vergaß dann das Einwanderungsgesetz der australischen Regierung, nachdem die Flotte ihren Weg änderte und Kurs um das südliche Kap nahm. Die Welt erfuhr davon, als die Armada durch die Meerenge von Ceylon fuhr, wo sie zwischen der Südspitze Indiens und der großen Insel auf der Höhe von Tuticorin am Westausgang der Meerenge entdeckt wurde. Ein Hubschrauber der Associated Press, reichlich mit Teleobjektiven und Weitwinkelkameras versehen, überflog sie etwa zwanzigmal in geringer Höhe. Unter den Aufnahmen, die in der ganzen Welt erschienen, lösten etliche Bestürzung aus, da sie empfindliche Gemüter bewegen konnten. Eine seltsame Sache war eine Großaufnahme des mißgestalteten Kindes vorne auf der Kommandobrücke der INDIA STAR; mit der Mütze des Kapitäns auf dem Kopf saß es auf den Schultern eines riesigen Hindus und betrachtete mit starren Augen das Meer. Diese Aufnahme von einem Schrecken erregenden, unerträglichen Realismus wurde nur sechsmal veröffentlicht, dazu in wenig gelesenen Zeitungen mit politisch schlechtem Ruf, wie »La Pensée Nationale«. Vielleicht sind sich einige der Blindgänger des Tiers in Schlüsselstellungen der furchtbaren Wirkung der Fotos bewußt geworden und haben sich kurz in die Zentrale des Verteilernetzes der Zeitungen eingeschaltet. Oder es hat eine Art Selbstzensur bei den Chefredaktionen der großen westlichen Blätter mitgewirkt. Es ist immer so, daß die Öffentlichkeit in der Mehrheit von diesen Dingen nichts weiß. Vielleicht ist dies eine Erklärung.
    In Paris stieß Mohammed, »einäugiger Kadi« genannt, an einem Kiosk am Nordbahnhof durch Zufall auf das mißgebildete Kind auf der ersten Seite von »La Pensée Nationale«. Er kaufte die Zeitung, schnitt das Foto heraus, heftete es mit vier Reißzwecken an die Wand seiner Küche und sagte triumphierend zu seiner Frau: »Ist dieser Bruder, der zu uns kommt, nicht schrecklich? Wenn der hier landet, ist das Sch …!«
    So ähnlich dachten auch die Diplomaten und Studenten der Dritten Welt, zu deren Lebensstil inzwischen der Mercedes und das Universitätsviertel ebenso

Weitere Kostenlose Bücher