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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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mit Kindern und Kinder unter sich, die mit ihren kleinen Händen das ewige Spiel der sinnlichen Freude spielten. Hagere Greise spürten das Wiederaufleben verlorener Kraft. Über die Gesichter mit geschlossenen Augen huschte das gleiche glückliche Lächeln, Man hörte nur das Rauschen des Meereswindes, das Schnaufen der Körper und manchmal einen Aufschrei, ein Seufzen oder eine Aufforderung zu einer anderen Körperlage, der eine neue Vereinigung folgte.
    In diesem Zustand der Scheiße, der Hemmungslosigkeit und auch der Hoffnung bewegte sich die Armada der letzten Chance dem Westen zu.

20.
     

    Der Ozean war der Saison entsprechend ruhig. Eine breite Dünung ohne Störung ließ die jämmerliche Flotte vorwärtskommen. Unter den vielen Erklärungen, die wir seit Beginn dieser Erzählung zu geben versucht haben, müssen wir eine hervorheben, die vielleicht alle andern übertrifft: die merkwürdige Ruhe der Meere und Ozeane während der beinahe sechzig Tage dauernden langen Fahrt. Man hätte glauben können, daß die Hand Gottes über den hundert Schiffen ruhte, da bisher nur eines verlorengegangen war und daher Gläubige und Eingeweihte seine Allmacht und seinen Beistand um so mehr zu erkennen glaubten, als er die weiteren neunundneunzig Schiffe dem westlichen Ufer zuführte. Dem Volk der Weißen sollte es wohl als Zeichen seines Triumphes dienen oder – wer weiß? Vielleicht erfahren wir es in einer andern Welt seiner Allmacht, wonach er eine Nacht unbarmherzig sein mußte, um die dem auserwählten Volk geschuldete Gnade und Hilfe kundzutun.
    Mitten im Indischen Ozean, zwischen den Lakkadiven und der Insel Sokotra sank der den Schluß der Flotte bildenden Flußdampfer im ruhigen, blauen Wasser plötzlich ab. Das für den Ozean nicht geeignete und überladene Schiff hatte seit der Abfahrt vom Ganges Schwierigkeiten. Die Flotte mußte immer wieder das Tempo drosseln oder warten. Die Mißgeburt hatte statt Worte und Augenbewegungen ein feines Gehör. Als die Maschinen der INDIA STAR stoppten, was immer der Fall war, wenn der Flußdampfer außer Sicht geriet, wurde die Mißgeburt äußerst unruhig. Ein Zucken befiel Gesicht und Körper. Der Mistkäfer und seine Helfer wurden nervös.
    Armer Flußdampfer! Beladen mit den Elendestens, den Parias, hatte er schon bisher dem Meer einen schweren Tribut bezahlt. Seine Länge und sein übergroßes Gewicht machten aus ihm einen schwimmenden Baum, der kaum aus dem Wasser herausragte. Wenn eine starke Woge über die Brücke rollte, spülte sie etliche hinweg, die im Kielwasser verschwanden. Manche dieser Leichen wurden von fremden Schiffen entdeckt, die in großem Bogen vorsichtig kreisten und dann gemäß den Anordnungen der Schiffahrts gesellschaft mit äußerster Kraft verschwanden. Jeden Tag tauchte die Reling des Flußdampfers ein wenig tiefer ein, trotz der Entlastung, die der tägliche Verlust von mehreren Dutzend Parias mit sich brachte.
    Dann kam der Augenblick, wo eine Woge, nicht höher als alle andern, über das Schiff ging. Es verschwand und ließ als einzige Spur auf der Oberfläche des Meeres dreitausend Schiffbrüchige zurück, deren sich wild bewegende Arme und Beine einen braunen Wald auf dem Wasser bildeten. Mit Lichtsignalen verständigten sich die Schiffe der Flotte und hielten an. Dies dauerte aber nur kurze Zeit. Als der Mistkäfer auf der Kommandobrücke sich nach hinten wenden wollte, um etwas von dem Unglück sehen zu können, bekam die um seinen Hals geklammerte Mißgeburt konvulsivische Zuckungen. Tränen flossen aus ihren Augenhöhlen. Ihre Gliederstummel flatterten in der Luft wie die Flügel eines sterbenden Vogels. Der Mistkäfer drehte sich um und blickte wieder zum Bug seines Schiffes und auf das von Leichen freie Meer vor sich. Sofort hörten die Zuckungen der Mißgeburt auf. Nach zweimaliger Wiederholung dieses Experiments erblickte man darin die Aufforderung zur Weiterfahrt der Armada. Als die Schiffbrüchigen erkannten, daß die Flotte sie aufgab, verschwand plötzlich der Wald von Armen und Beinen. Es war der Ausdruck des freiwilligen Verzichts. Nun war die Flotte von dem kranken Däumling frei, der an ihren Rockschößen hing und sie um Gehör anflehte. Mit erhöhter Geschwindigkeit setzte sie ihren Kurs fort.
    Diese Beschleunigung war ihre Rettung. Am Ostersonntag strandete die Flotte an der Südküste Frankreichs. Kaum war am Ostermontag früh der letzte Einwanderer bis zu den Hüften im Wasser watend an das Ufer gelangt, als ein

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