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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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bewegt versuchte jeder, den Vorgang zu verstehen. Man muß sich vergegenwärtigen, wie sehr die Intelligenz derzeitig angefressen war, um zu erkennen, wie schwer es ihr fiel, eine Wahrheit zu erkennen oder zu begreifen, die ihr in die Augen stach. Auch kam niemand der Gedanke, daß die Gangesflotte in einem gnadenlosen Rassenkampf die erste Schlacht geliefert hatte und nichts ihren Triumph über die Schwäche aufhalten kann. Von jetzt ab wird sie sich mit nichts mehr abfinden. Die Unterhaltung in den Zelten von Sao Tomé war von größter Ratlosigkeit gekennzeichnet. Aber dann kam auf einmal, wahrscheinlich von den Pastoren angeregt, möglich aber auch von den katholischen Priestern, die Erleuchtung, die wie eine Erlösung, wie das Ende einer Qual empfunden wurde, nachdem sich die Gedanken nutzlos im Kreise bewegt hatten. »Aber ja! Das ist es! Sicher! Sie hatten kein Zutrauen! Das ist klar! Sie haben geglaubt, wir wollten sie vergiften! Arme Menschen! Welcher Jammer!« Man fügte nicht hinzu, daß dies ein Fehler der Südafrikaner war, aber etliche dachten so, und einige flüsterten es unter vorgehaltener Hand. Und wenn auch viele im Innersten geahnt haben, daß ihr schönes Gewissen zutiefst überschattet wird, so bekannten sie sich dennoch nach Rückkehr in den Westen, in ihre Heimatländer zu einer gemeinsamen Version über die Vorgänge. Gewiß, sie gaben zu, daß sie verwirrt waren. Aber sie erklärten alle, daß ein bedauerliches Mißverständnis die Verbrüderung verzögert habe. Im Flughafen von Roissy sprach Léo Béon vor versammelter Presse noch ein Wort. Er hatte sein berühmtes Lächeln wiedergefunden und sagte, etwas traurig, wie es sich schickt:
    »Man muß sich an das Elend gewöhnen!«
    Durch diesen Schafskopf, der nur die Hauptrolle spielen wollte, erhielt das Tier unschätzbare Verstärkung. Wir werden es bald am Werk sehen.
    Clément Dio reagierte spontan und sagte:
    »Oh! So ein Molch!«
    Dann beschloß er, auf die Titelseite seiner Wochenzeitung zu schreiben:
    »Man muß sich an das Elend gewöhnen!«

24.
     

    Nach zwei Tagen brach Machefer sein Schweigen. Am ersten Tag erschienen zwei Seiten. Der Stil war nüchtern, brachte aber viele Einzelheiten und genaue Angaben. Die Überschrift lautete: »Franzosen, man täuscht euch! Die Wahrheit über Sao Tomé. Bericht eines Augenzeugen. Der Herzog von Uras sagt uns …« Der alte Herzog, der schon immer Bezieher von »La Pensée Nationale« war, wurde vierundzwanzig Stunden nach seiner Rückkehr bei Machefer vorstellig. Er hatte in seiner Hand ein Bündel Zeitungen, die Morgenpresse und die vom Abend zuvor. Er schien erregt zu sein. »Das ist eine Gemeinheit!« sagte er zitternd. »Wohin will man uns führen? Ich habe in meinem ganzen Leben nichts derartig Tendenziöses gelesen. Und auch noch so geschickt aufgemacht! Es hat den Anschein von Wahrheit, aber alles ist Schwindel. Ich mußte alles zweimal lesen, um mir darüber klar zu werden. Passen Sie auf. Ich war auf dem Malteser-Schiff. Ich habe es sogar geführt, ich, der Schiffskapitän im Ruhestand von Uras! Und was lese ich? Ich sei infolge eines falschen Manövers meines Steuermanns beinahe vom Spitzenschiff der Flotte gerammt worden, wenn dieses nicht rechtzeitig seinen Kurs geändert hätte! Genau das Gegenteil hat sich abgespielt! Immerhin träume ich nicht. Die INDIA STAR fuhr auf uns zu, und auf der Brücke stand dieser üble, gestikulierende Zwerg und daneben alle diese Typen, die uns anstarrten, als wollten sie uns töten! Und die Messer in den erhobenen Fäusten? Wer spricht von diesen Messern? Mit dem Elend sich vertraut machen? So ein Schwindel! Ich habe das Elend dort gesehen. Ich traute meinen Augen nicht. Sie hassen uns. Furcht vor Vergiftung? Über wen macht man sich da lustig? Niemandem ist auch nur der Anfang eines Zwiegesprächs gelungen. Alle unter uns, die den Fuß auf ein Schiff setzten, lagen im Wasser, wohin sie wie ein Bündel geworfen wurden, ehe sie nur ein Wort sagen konnten. Ich habe dies alles im Lager von Sao Tomé erzählt, aber keiner wollte mich anhören. ›Sie sind müde, Herr Herzog, ruhen Sie sich aus‹, haben sie geantwortet! Ich kannte einen der Dominikaner aus der päpstlichen Gefolgschaft. Als ich Marineattaché in Rom war, war er der Beichtvater meiner Frau. Ein Mönchlein, boshaft wie ein Affe, mit einem Hammelnamen: Agnellu. Er hat es seitdem zu etwas gebracht! Wissen Sie, was er zu mir sagte? ›Gott hat uns diese Prüfung geschickt, um uns in

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