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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Gesicht und den Schweiß auf seiner Stirn. »Widerstehe nicht, Wakiya, wenn der Geist dich schütteln will, laß ihn, er wird nicht Herr über dich. Denn du bleibst jetzt bei uns, bei deinem Bruder Hanska in der Heimat. Du wirst dichten und pflanzen. Unserer Mutter Tashinas lieber Gemüsegarten ist ganz verwüstet. Du wirst ihn wieder pflegen, und sie wird sich freuen, wenn wir die Bohnen von den Stauden essen.«
    »Woher weißt du es?« fragte Wakiya, halb abwesend, mit einem müden Lächeln in seinen kranken Zügen.
    »In unserem dunklen Tipi wohnen wieder gute Gedanken. Hier sind Inya-he-yukan und Tashina nicht tot.«
    Ite-ska-wih strich Wakiya über die Stirn. Das Zittern in seinem Körper ließ nach; er streckte sich erschöpft und schlief im Arm Elwes ein. Ite-ska-wih schlüpfte wieder bei Hanska unter die Decke.
    »Gut, du Sonnengesicht«, sagte er. »Dieses Blockhaus ist immer voll Menschen gewesen. Zuletzt waren wir unserer neun. So wollte es Inya-he-yukan, der auch uns Kinder aufnahm. Den Brüdern und Schwestern helfen ist Indianerart. Hau.«
    Nachdem alle am Sonntagmorgen erwacht waren und noch ein Frühmahl miteinander gegessen hatten, dachte Rote Krähe an den Abschied. Er schien aber noch etwas auf dem Herzen zu haben. Hanska nahm ihn mit zu den Pferden.
    »Du weißt, daß ich noch sprechen will?« fragte der Siksikau.
    »Ja. Deine Gedanken sind in meine Gedanken eingegangen.«
    »Es geht um Untschida. Untschida hat die Biber noch einmal verteidigt und hat mit einem furchtbaren Fluch dafür gesorgt, daß sie ungestört weiter leben und arbeiten können. Sie haben Menschenseelen und tun Gutes, sie stauen das Wasser für unser trockenes Land. Aber Dorothy ist nun nicht mehr freundlich zu Untschida. Ihr solltet Untschida zu euch holen. Sie gehört zu Ite-ska-wih. Das sind zwei Geheimnisfrauen, eine alte und eine junge.«
    »Und Ray?«
    »Er sollte kein Großmutterkind bleiben und nicht machen, was er will. Das ist nicht gut für ihn. Bob will ihn aufnehmen, damit er in der Nähe von Untschida und Ite-ska-wih bleibt.«
    »Hau. Du bist schon ziemlich lange hier, ohne daß wir dich gesehen haben?«
    »Ein paar Nächte, bei Wasescha. Das Haus am kahlen Berg mochte ich nicht mehr als einmal besuchen; aber Ray kam zu mir.«
    Hanska lächelte vor sich hin.
    »Was lachst du, Hanska? Diesmal kann ich deine Gedanken nicht mitdenken.«
    »Ich lachte freundlich über die weißen Männer und Frauen im Ranchhaus. Sie werden sehr bestürzt sein, wenn auf einmal nicht zwei, sondern fünf Indianer in unserer Blockhütte wohnen, und wenn wir Ite-ska-wihs Kind begrüßen dürfen, sogar sechs! Arbeit und Essen bekommen wir allerdings von denen drüben nur für zwei. Sie werden uns obendrein barbarisch und unmoralisch heißen.«
    Hanska hatte mit der letzten Vermutung so unrecht nicht.
    Nach dem gemeinsamen Sonntag-Abendessen, bei dem es Steaks und Bier für alle gab, eröffnete der Großvater gewohnheitsmäßig das abschließende Kurzgespräch.
    »Wieviel seid ihr denn nun?« fragte er Hanska. »Es wimmelt ja nur so von Gästen bei euch. Reisen sie morgen alle ab?«
    »Keineswegs, Großvater. Die drei, die jetzt noch hier sind, bleiben.«
    »Was heißt ›bleiben‹?«
    »Überhaupt.«
    »Wer ernährt sie?«
    »Das ist wohl unsere Sache.«
    »So. So. Meinethalben. Gut. Aber zwei Ehepaare, eine alte Frau – und dann kommt noch ein Kind – in einem kleinen Raum – ich weiß nicht, ob ich mir das ruhig mitansehen darf.«
    »Es ist nicht deine Sache, Großvater.« Hanska wurde schärfer.
    »Ton wie Philip nimmst du an, Cowboy. Ich verbitte mir das, verstanden? Von Moral und Sauberkeit habt ihr wohl keine Ahnung. Wir sind doch sehr verschieden, wir Weiße und ihr Indianer.«
    »Das dürfte wahr sein. Unsereins hilft bis zu den Grenzen seiner Kraft.«
    »Ruiniert sich und andere dabei. So geht es also nicht.«
    »Mein Haus ist meine Burg, pflegt ihr Weißen zu sagen. Respektiere das, Großvater. Es kommt mir niemand in meine Blockhütte, dem, ich das nicht erlaubt habe.«
    »Willst du auch gleich schießen wie Mahan? Feine Sippschaft hat sich da bei mir eingenistet.«
    »Nicht bei Ihnen, Großvater. Es ist unser Land. Wenn ich aber nicht mehr bei Ihnen helfen darf, müssen Sie es mir sagen.«
    Ite-ska-wih meldete sich zu Wort.
    Der Großvater zog die Brauen hoch.
    »Die junge Lady möchte auch noch etwas sagen? Dann mal zu!«
    »Ja, Großvater. Wir haben den kranken Bruder Hanskas und seine Frau aufgenommen und meine

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