Das helle Gesicht
bei denen ich gearbeitet habe. Der jüngste von ihnen ist schon in New City und kommt heute noch hierher, wenn wir ihn abholen. Er ist es auch, der mir in der Sache Harry und Mary geholfen hat. Du mußt ihn als zweiten Rechtsanwalt nehmen, Wasescha. Er kann etwas. Was er zu brauchen scheint, ist der Nachweis, daß Louis und seine Kumpane Killer waren beziehungsweise sind.«
»Das eben wird schwer halten, obgleich alle es wissen«, sagte Wasescha nüchtern. »Die Morde sind immer nachts in der Einsamkeit geschehen, und die Leichen sind verschwunden. Eine gute Verbrecherorganisation des Killerchiefs.«
Ite-ska-wih hob den Kopf, sehr schnell, als ob ein Gedanke plötzlich in ihrem Hirn aufgeleuchtet habe. »Der Polizist… der Polizist muß es sagen können. Der Polizist, der fortgegangen ist, weil er vom Killerchief bedroht wurde, als er nicht mehr mitmachen wollte.«
»Er weiß es natürlich, aber er sagt aus Angst nicht aus.«
»Wasescha, man muß es versuchen. Hanska, können wir noch rechtzeitig zu ihm gelangen, wenn wir den Jaguar…«
»Rasen lassen, meinst du? Nun, ich bin bereit.«
»Den Rechtsanwalt hole ich«, entschloß sich Wasescha. »Und noch eins, ehe ihr euch soviel Mühe um mich macht. Ich habe mein Hausrecht in zulässiger Weise gewahrt. Wird das nichts gelten?«
»Nicht viel«, erwiderte Wakiya. »Du warst im Zelt. Es gab keine Tür, die mit Gewalt geöffnet wurde, kein wildes Rütteln. Nur die friedliche Berührung des Vorhangs am Zelteingang mit der Bitte um Einlaß – so sagen sie.«
»Er lag im Zelt. Die Polizei und ein rechtschaffenes Mitglied des Stammesgerichts haben den Tatort besichtigt. Werden sie etwa lügen?«
Hanska verschwand schon aus dem Blockhaus, um den Wagen fahrfertig zu machen.
Ite-ska-wih packte Proviant ein. Das Einverständnis mit Hanska, daß sie mitfahren würde, hatte sich ohne Worte ergeben.
»Eine bessere Anwältin als Ite-ska-wih kann Wasescha nicht finden.« Wakiya vermochte zu lächeln; flüchtig, aber so schön, wie die Hoffnung ist.
Wasescha fuhr nach New City, Hanska der Agentursiedlung zu. Den ersten Teil der Strecke hatten sie gemeinsam.
»Ich muß meinen Schulfreund Norris Patton aufsuchen, den Gärtner der Agentur«, erklärte Hanska Ite-ska-wih unterwegs. »Er kennt den Polizisten. Sie sind beide sehr kirchlich.«
»Den Namen habe ich noch nie von dir gehört.«
»Wir waren auseinander – damals, als ich mit den andern zusammen in den Ring gegangen bin. Aber er ist eine ehrliche Haut. Vielleicht hilft er uns. Wenn er uns wenigstens die Adresse nennt und die jetzige Beschäftigung des ehemaligen Polizisten. In der Versammlung ist Norris gewesen.«
»Hältst du etwas von der Kirche, Hanska?«
»Nein. Sie hat uns viel Unrecht getan und tut es heute noch da und dort. Dann zahlt sie Bußgeld für die Prozesse unserer berühmten Führer. Für einen unbekannten Mann wie Wasescha tut sie nichts. Es kann aber sein, daß Norris sich darauf besinnt, ein Christ zu sein, hilfsbereit, ebenso wie der Polizist sich darauf besonnen hat, daß Christen nicht morden sollen. Wir werden ja sehen.«
»So wie du habe ich auch einmal zu Tatokala gesprochen.«
Norris Patton, 19 Jahre alt, war noch nicht verheiratet; natürlich noch nicht verheiratet, konnte man sagen, denn eine frühere Heirat war eine seltene Ausnahme. Er wohnte bei seiner Familie nahe der Agentur in der Indianersiedlung, für die die Verwaltung die Häuschen stellte und die auch mit der Verwaltung genehmen Familien belegt waren. Heute, am Sonnabend, blieben manche zu Hause, viele würden sich aufmachen, um Verwandte zu besuchen. Aber da es noch immer recht früh am Tage war, konnten Hanska und Ite-ska-wih hoffen, Norris daheim anzutreffen.
Sie hatten sich nicht verrechnet.
Ein Jaguar, der in die Siedlung einfuhr, wurde selbstverständlich beobachtet, und so hatte Norris seine Überraschung bereits innerlich verarbeitet, als Hanska vor dem schmucken Häuschen hielt. Er empfing die Ankömmlinge mit sichtlicher Freude, in Erinnerung an vergangene Schulzeiten, als beide Anhänger ihres Lehrers Hugh Mahan und des von der Jugend bewunderten Inya-he-yukan gewesen waren.
Man ließ sich in der guten Stube nieder; die Eltern Patton erschienen auch. Der unvermeidliche dünne Kaffee wurde angeboten. Hanska berichtete von seinem Umzug in die alte Blockhütte, auch daß die Kings nun wieder ihr Familien-Stammland besaßen und wie er und Ite-ska-wih bei Myers mithalfen in guter Arbeitsgemeinschaft mit
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