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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Bogen, um den Hengst herumgegangen war, wagte sich jetzt in die Nähe, um Hanska zu beglückwünschen.
    »Harry kann in den Ferien natürlich mit Mary zusammen daheim bleiben wie andere unserer Internatskinder auch«, sagte er so, daß Harry die Worte mithören konnte. »Die Sache mit dem Wagen des Strafinternats hat Gott sei Dank kein Nachspiel, denn es gab keinen Hinweis auf Harry.« Hanska und Ite-ska-wih atmeten auf.
     
    Es wurde Nacht, eine sternklare Nacht, bis alle Bewohner wieder um das Blockhaus versammelt waren.
    Wakiya und Elwe, Melitta und Bob, Ray, ausnahmsweise sogar Myers erschienen und standen mit den andern zusammen staunend um den Rapphengst herum.
    Ite-ska-wih, Untschida, Ray, Harry und Mary packten unterdessen die Coca-Cola-Flaschen und das Fleisch aus dem Wagen aus und begannen das Festessen vorzubereiten; die Fleischbrühe duftete aus der offenen Haustür. Wie die Rodeokämpfe ausgegangen waren, wußten auch die in der Prärie Zurückgebliebenen längst durch die aufregende Life-Übertragung im Radio.
    Drei erste Preise! Dazu einen dreijährigen Hengst, für hundertfünfzig Dollar, geschenkt konnte man sagen. Der Großvater konnte sich kaum fassen.
    Zum nächtlichen Festessen, das bei der Sommerwärme in den Wiesen stattfinden konnte, kamen auch die Nachbarn, der Kriegsinvalide Patrick Bighorn mit seiner kinderreichen Familie, der allerdings sehr bedauerte, daß es keinen Brandy gab. Vorsichtshalber hatte er eine halbe Flasche mitgebracht. Angeregt setzte er sich zu Hanska, der mit achtzehn Jahren so viel wie ein angesehener Hausvater und Rancher geworden war, und legte ihm nahe, sich doch das Patrick-Bighorn-Gelände dazu zu pachten. Er selbst sei ein Kriegskrüppel und zu alt; die Kinder hätten keine rechte Lust, den Cowboy zu machen.
    »Wovon wollt ihr leben?« fragte Hanska barsch.
    »Rente, Hanska, Rente. Das ist das richtige für uns. Der Chief hat mit mir gesprochen. Wir ziehen in das große neue Haus mit ein, das er hat bauen lassen, und strengen uns nicht mehr an.«
    »Das ist, was er will: uns von unserem Land vertreiben. Darum geht es ja, Patrick! Es wird dir noch leid tun, dir und auch deiner Frau und den Kindern, wenn ihr aus unserm Tal fortgeht. Deine Kinder sind so schlecht nicht; sie haben nur ein schlechtes Beispiel. Denk noch einmal nach.«
    »Entschieden ist es, Hanska, entschieden. Greif du zu. Die Pacht ist für einen Indianer sehr billig. Das Haus bleibt für den nächsten Pächter stehen. Überleg dir das. Ich leg’ bei der Verwaltung ein Wort für dich ein, daß du das Gelände bekommst.«
    »Wie ich dich kenne, Patrick, machst du für eine Flasche Brandy den Fürsprecher für mich. Ich überleg’ mir das.«
    »Überleg nicht zu lange.«
    »Drei Nächte hindurch.«
    Ite-ska-wih saß bei Hanska und hatte das Gespräch mit angehört. Es beschäftigte sie, was Hanska über die Patrick-Bighorn-Kinder gesagt hatte und daß der Killerchief heimtückisch mit Rentenversprechungen weiterhin das Volk von seinem Land vertrieb. Sie stand auf, suchte die Frau des Patrick Bighorn, konnte sie aber nicht finden. Schließlich fragte sie den ältesten Sohn, Tom Bighorn, von dem Hanska ihr hin und wieder dies und das erzählt hatte.
    »Die Mutter ist daheim.«
    »Schläft sie?«
    »Glaub’ ich nicht. Die arbeitet auch nachts, damit sie unsere Kleider alle in Ordnung hält. Neun Kinder, mußt du bedenken, und kein Mädchen mehr darunter – seit Patricia Selbstmord begangen hat.«
    »Euer Vater will fort von hier in den neuen Wohnblock und dort mit euch zusammen nur noch auf Rente leben. Wißt ihr das?«
    »Schlechter als jetzt kann’s nicht werden. Wir haben eben kein Glück.«
    »Kann ich hinübergehen zu eurer Mutter?«
    »Geh nur.«
    Ite-ska-wih machte sich nicht sofort auf den Weg ins Tal. Sie lief allein den Pfad durch die Wiesen hinauf zum Brunnen, zur Höhe und zu dem weiten Blick über die Prärie in der Nacht. Die Grillen zirpten, die Schlangen huschten. Hin und wieder war das Stampfen von Pferden zu hören; der Platzhengst und der neue witterten sich. Die Stimmen der Menschen waren nur verklingend zu hören. Ite-ska-wih war sehr müde, aber das wollte sie nicht gelten lassen. Der Nachtwind tat ihr wohl, er streichelte und machte ruhig. Die Gräser spielten mit ihm. Sie sah die Schatten von Reitern, die sich aufmachten, um auch in der Nacht auf den Weiden nach dem Rechten zu sehen: Ray, Bob, Percival.
    Drunten im Tal saß nun die einsame Frau des oft betrunkenen Patrick

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