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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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zwei Aufgaben: den Ausgang der Neuwahl, deren Stimmungsrichtung durch die große Versammlung am Grabe des Pedro Bissonette bestimmt worden war, zu sichern und zugleich zu verhüten, daß bis dahin noch viel Unheil geschah. Hanska sprach darüber in einer Abendstunde im Blockhaus, zu der auch Bob, Ray, Wasescha, Tatokala sowie die beiden Morning Stars mit Yvonne gekommen waren.
    Die Meinungen unter den Freunden stießen widereinander wie die Hörner von Tieren im friedlichen Kräftemessen, ohne daß ein lautes oder hastiges Wort gesprochen wurde.
    »Geschehen ist geschehen. Patrick Bighorn hat nie etwas getaugt. Saufbruder des alten Goodman.« Die Morningstars waren auf Patrick nicht gut zu sprechen.
    »Was taugen die Kinder?« fragte Ray.
    »Tishunka-wasit-win war edel; sie hat Selbstmord begangen, um uns zu packen und aufzurütteln, wie man Schläfer rüttelt, bis sie die Augen aufmachen.« Das sagte Julia-Tatokala.
    »Mich hat sie gepackt und wach gemacht«, gestand Wasescha.
    Hanska: »Du wurdest unser Mann, der die Wahrheit spricht.«
    »Ja.«
    »Das war groß. Denn du hast weitergewirkt wie ein starker Wind, der aufspringt und uns treibt.«
    »Habe ich?«
    »Ja«, klangen mehrere Stimmen zusammen.
    Bob: »Aber denkt auch an Sidney Bighorn, den schlangengleichen Schuft, der sich in die Verwaltung einschlich, sein eigenes Volk quälte und Inya-he-yukan zu Tode bringen wollte.«
    »Und auch mit Selbstmord endete«, ergänzte Yvonne.
    »Nur weil der bürokratische Schleicher nicht so stark war wie der Killerchief. Robert hat ihn besiegt, ohne ihn anzurühren.«
    Die Versammelten verständigten sich in der Stammessprache, aber das Wort »bürokratisch« nahmen sie aus dem Englischen; ihr Stamm hatte niemals ein Büro gehabt und besaß in seiner Sprache kein passendes Wort dafür.
    »Tom Bighorn?« warf Wasescha in die Debatte.
    Hanska wußte es: »Zur Hälfte kernig, zur Hälfte schon verfault. Wollte etwas werden und liebte schon den Brandy. Bald hielt er zu Oiseda, bald zu Sidney.«
    »Kann keine Ranch leiten«, entschied der junge Morning Star.
    »Kann er nicht, nein.«
    »Was wollt ihr also? Wollt ihr diese Familie noch verteidigen? Sie hat selbst schon aufgegeben. Geschehen ist geschehen.«
    »Was bedeutet ›diese‹ Familie? Ist die Mutter nicht gut?« verteidigte Ite-ska-wih sanft.
    »Das ist sie. Aber sie gehört zu Patrick und seinen Kindern.«
    Tatokala widersprach. »Sind die jüngeren Kinder alle schlecht? Kennt ihr sie? Sollen wir sie von ihrem Land vertreiben lassen?«
    Yvonne: »Kann man eine indianische Familie aufspalten?«
    Wasescha: »Die Bighorns sind aufgespalten. Denkt an Tishunka-wasit-win und an Sidney, sie waren wie Tag und Nacht. Der weiße Wurm sitzt im indianischen Stamm.«
    Tatokala: »Wir reden und keiner weiß, was wir wollen. Wer kennt einen tüchtigen Burschen unter den Bighorns?«
    »Ich«, sagte Hanska. »Den Ron meine ich. Sechzehn ist er.«
    »Ja, Ron«, pflichtete Ite-ska-wih bei.
    Alle wandten sich Ite-ska-wih zu. Daß Hanska die Nachbarsfamilie kannte, schien kein Wunder. Aber Ite-ska-wih, die neu Angekommene, wieviel wußte sie?
    »Wenig«, sagte sie und wurde rot, weil sie sich eingemischt hatte. »Aber Ron saß bei seiner Mutter und arbeitete, während wir gefeiert haben. Er hat ein verbissenes Gesicht. Als ob ihn der besoffene Vater beiße und als ob er sich selbst beiße vor Zorn über diesen.«
    »Und vor Eifersucht auf uns«, fügte Hanska hinzu. »Ite-ska-wih hat richtig gesehen. Ihr Gesicht ist so hell, daß es andere mit beleuchtet.«
    Morning Star, Vater: »Was können wir mit einem Sechzehnjährigen vorwärts bringen? Er behält das Land nicht, auf das der Vater verzichtet hat.«
    »Ich war siebzehn, als sie mich hier einsetzten«, widersprach Hanska.
    »Wer – ›sie‹?« wollte Ray klären.
    »Ihr werdet lachen! Haverman und Bilkins, die den Killerchief dazu zwangen. Nachdem ich Cowboy bei Myers wurde.«
    »Sehr verzwickt«, lächelte Tatokala.
    Hanska: »Können wir nicht auch schlau sein und dem Killerchief ein paar Fallen stellen? In eine davon läuft er hinein.«
    »Hanska hat recht.« Wasescha Hugh Mahan begann wie ein Häuptling zu sprechen. »Morning Star und ich sind Ratsmänner. Wir beantragen im Rat, daß der Fall Patrick Bighorn aufgerollt wird. Die gesamte Politik der Landvertreibung durch den Killerchief greifen wir an. Diese Debatte ist fällig. Sie wird einige Tage dauern. Damit sind alle einverstanden, die meisten, weil sie Geld brauchen und

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