Das helle Gesicht
Sturm, wenn er schon seit langem gespalten ist.
Er rannte davon, bachabwärts zum Blockhaus, um dort Schutz vor der Erscheinung des stärkeren Geheimnismannes zu finden.
Ite-ska-wih, Hanska und Rote Krähe blieben allein. Es wäre an der Zeit gewesen, eine Pfeife zu rauchen, aber die beiden jungen Männer hatten, als sie nach Hause gekommen waren, das Blockhaus windschnell wieder verlassen und nicht an ihre Pfeife denken können. Dorothy und Hetkala hatten ihnen berichtet, was geschehen war und was sie befürchteten. Arthur und Ite-ska-wih waren zu den Bibern unterwegs mit einander ganz widerstrebenden Absichten.
Das Ende hatten Hanska und Krähe dann selbst erlebt und mit herbeigeführt.
Hanska holte die Flinte aus dem Bach. Alle drei setzten sich zusammen in die Wiese, in einiger Entfernung vom Bachufer, um die Biber nicht zu stören.
»Er wird nie wieder hierher kommen«, nahm Hanska den Faden zu einem Gespräch auf.
»Nie wieder«, bestätigte Rote Krähe und ließ seine eigene Erregung dabei langsam und mühsam abklingen. Ein Zauberspruch wie dieser, mit dem er Arthur bezwungen hatte, kostete ihn viel Kraft.
»Übrigens wäre Ite-ska-wih auch ohne uns mit ihm fertig geworden.«
Hanska nickte mehrmals vor sich hin.
»Denke ich auch, Rote Krähe. Aber sie hätte ihn nicht so bezwingen können, daß er nie wieder kommt, es sei denn, sie hätte ihn getötet. Doch du bist ein Geheimnismann.«
»Ich habe Macht, aber keine Allmacht. Nach dem, was zwischen uns und Dorothys Enkel Arthur geschehen ist, werden wir nicht mehr in Dorothys Haus bleiben können.«
»Kaum.«
»Ich gehe zurück zu den Siksikau.«
»Ich bleibe hier in unserer Prärie«, entschied sich Hanska. Er wollte nicht bei Vater Beaver leben.
Die beiden jungen Männer sprachen nicht von einem plötzlich gefaßten Entschluß. Sie hatten längst viele Möglichkeiten erwogen.
Ite-ska-wih hatte dazu noch nichts gesagt. Sie spürte aber, daß die beiden Männer auf ein Wort von ihr warteten.
»Sprich«, sagten sie beide, als sie zögerte.
»Ihr habt gesprochen, Ray hat es mir gesagt. Ich gehe aber zu Untschida zurück.«
Helles Gesicht richtete ihre Worte weder an Hanska noch an Rote Krähe. Sie sprach vor sich hin, für sich selbst, entschlossen und verschlossen.
»Nicht ehe du entschieden hast«, erwiderte der Siksikau.
»Ich habe entschieden.«
»Hanska-Mahto hat groß gedacht. Er liebt dich sehr, mehr als sich selbst. Das weiß ich jetzt. Weißt du es auch, Ite-ska-wih? Er wollte dich hergeben, dich mir geben, um dein Leben zu retten.«
Die junge Frau schaute Hanska an, als ob es an ihm sei zu antworten.
»Es war schwer für mich, Ite-ska-wih. Rote Krähe hat mich hart geprüft.«
»Mein Bruder Hanska hat die Probe bestanden. Er liebt dich mehr als sich selbst, Ite-ska-wih. Du liebst ihn. Ich gehe zu meinem Stamm zurück. Hau.«
»Hanska, ich bin nie etwas anderes gewesen als deine Frau. Ho-je! Das bleibe ich auch bei Untschida.«
»Bleibe es bei mir, Ite-ska-wih.«
Helles Gesicht dachte lange nach.
»Ich bleibe, Hanska. Aber glaube nie wieder, ich würde mein Leben damit kaufen, daß ich die Frau eines anderen Mannes werde. Du, Rote Krähe, hast große Macht, das ist wahr. Mißbrauche sie nie wieder. Sage uns, ob wir dich wieder an unserer Seite sehen, wenn Indianer zusammenstehen müssen?«
»Ja, Ite-ska-wih. Die Stunde wird kommen. Sie rechnen jetzt und brüten, wie sie uns ganz vernichten können. Ich sehe sie. Seit fünfhundert Sommern und Wintern haben sie nichts anderes im Sinn. Aber wir leben. Sie werden noch einmal fünfhundert Sommer und Winter ihre Pläne schmieden. Wir werden aber auch dann noch nicht gestorben sein, oder sie gehen mit uns zusammen unter. Ich habe gesprochen.«
Rote Krähe und Hanska gaben sich die Hand, auf die besondere Art, die Freundschaft besiegelt. Hanska nahm Ite-ska-wih in die Arme, wie er schon zweimal getan hatte, als Entscheidungen reif waren. Das drittemal war die Bestimmung für das ganze Leben unverbrüchlich; auch kein Zauber konnte sie mehr trennen.
Aus dem Bau im Bach spitzte der alte Biber hervor, lugte munter und begann, seinen Damm weiter zu verstärken.
Die drei gingen miteinander bachabwärts zum Blockhaus.
Hanska und Krähe beachteten die Spuren, die der flüchtende Arthur in der Wiese zurückgelassen hatte. Er war im feuchten Gras zweimal ausgerutscht und gestürzt. Er war gerannt wie ein Verfolgter, der keiner ruhigen Überlegung mehr fähig ist.
Auf dem Wiesenweg
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