Das helle Gesicht
vor dem Blockhaus war kein Wagen mehr zu sehen. Das weiße Zelt lag zerstört am Boden. Die tief eingeprägten Radspuren zeigten an, daß Arthur in schnellerem Tempo weggefahren war, als es auf einem solchen Wege gut tat.
In das Haus einzutreten fiel den dreien schwer. Hanska griff nach der Klinke und öffnete.
Die alte Dorothy saß auf der Wandbank; sie hatte die Arme auf den Tisch gelegt und verbarg ihr Gesicht. Hetkala saß bei ihr, stumm, die Hände im Schoß. Iliff hockte in seiner Ecke, blaß, Schweiß an den Schläfen. Zu seinen Füßen lag der graue Wolfshund, der sonst nicht im Hause geduldet wurde. Ray stand am Herd und trank die letzten Tropfen Kaffee aus einem Becher.
»Ja, es ist soweit«, begrüßte er die Eintretenden. »Arthur ist auf und davon. Für immer. Wir können wohl kaum bleiben.«
»Für immer, ja«, wiederholte Ite-ska-wih, in ihrer Stimme klang ein Schauer mit.
»Er spinnt, hat Angst vor einem Fluch. Was habt ihr bloß mit ihm gemacht. Dorothy ist verzweifelt.«
Rote Krähe packte wortlos seine paar Sachen zusammen.
»Soll ich dich fahren?« fragte Hanska.
»Ich laufe. Lebt wohl.«
Rote Krähe drückte die schwere Tür hinter sich zu.
Hetkala stand auf, ging zu Ite-ska-wih, die noch mitten im Raum stand, legte den Arm um ihre Schultern und führte sie hinaus. Mit einer leichten Kopfbewegung bedeutete sie Hanska und Ray mitzukommen.
Draußen suchte sie einen Platz am Fuß des Berges, an dem sich gut lagern ließ und von dem aus der Blick in die Weite gehen konnte. Es war ein Platz zum Grübeln, zum Beraten und Entscheiden und zum Beobachten, ob sich etwas Feindseliges nähere. Neues Gras sprießte hier schon aus dem Boden, die Abendsonne schickte ihre Strahlen ungehindert, der Wind wurde von einer Bodenwelle abgewehrt. Der Wunsch, daß einer sprechen möge, richtete sich an Hanska. Er aber bat Hetkala zu sagen, was sie denke. Keiner wußte, wem sie recht und wem sie unrecht geben würde. Doch mußte das ohne langes Hin und Her und ohne Wenn und Aber auf der Stelle ausgesprochen werden. Dorothy saß verlassen in ihrem Haus. Sie durfte nicht lange allein bleiben, während die andern miteinander sprachen.
»Arthur wollte den Bibern unrecht tun.« Hetkala sprach mit Nachdruck; sie wollte keine andere Meinung hören. »Er hat auch Dorothy unrecht getan, als er für immer davonlief.«
»Wie konnte er so werden?« fragte Ite-ska-wih, ungewiß, ob es ihr zukam, sich jetzt schon einzumischen.
Hetkala überlegte; sie hatte diese Frage nicht als erste Frage erwartet. Sie wollte aber gründlich antworten.
»Er ist eines der Opfer«, versuchte sie schließlich zu erklären. »Er ist hier Kind gewesen. Er hat die Erde, das Gras, die Bäume, die Tiere geliebt. In der Schule hat er sehr gut gelernt, aber nichts Gutes. Er hörte, daß Indianer primitive Banditen seien, die erzogen werden müßten. Er wußte nicht, ob er trotzen oder sich schämen solle. Er schwankte hin und her. Da er gut malen konnte, kam er auf eine Kunstschule, fern von hier in der Stadt. Seine Lehrer verstanden ihn nicht. Er bewunderte einen großen indianischen Maler, der nur Indianisches malte. So lebte er wieder im Zwiespalt. Er fürchtete die Watschitschun, ihren Hochmut und ihren Spott; er, beugte sich, aber er wollte sie auch zur Achtung zwingen. Er wurde ein Geheimnismann in Watschitschunkleidern mit Lockenhaaren. Es zerriß ihn; in seinem Innern hat er Wunden, die eitern und stinken. Sein Geist verwirrt sich. Er ist nicht der einzige von unseren Brüdern und Schwestern, dem es so erging und ergeht. Ich habe große Sorge um ihn.«
»Wir können nicht mit ihm leben«, sagte Hanska. »Wir werden gehen. Aber was wird aus Dorothy? Bleibst du bei ihr?«
»Ich gehe zu meinem Sohn Wasescha und meiner Tochter Tatokala, die in unserem alten Tipi leben.«
»Was wird aus Dorothy?« fragte nun auch Ite-ska-wih. »Wir haben ihr den Enkel genommen. Sie hat sonst niemanden.«
»Doch.« Hetkala lächelte ein wenig, unsicher, freundlich, sicherer werdend. »Ich denke, es gibt jemand unter uns, der bei ihr bleiben und ihr helfen kann. Wißt ihr das nicht?«
»Nein«, gestand Hanska.
»Aber Ray weiß es.« Hetkala richtete das Wort an ihn.
Ray wurde verlegen. »Du hast recht. Dorothy mag mich, weil ich noch wie ein Weißer daherrede, nicht im Ring war und gar nichts von einem Geheimnismann an mir habe. Ich kann mich mit ihr vertragen. Sie ist als eine Halbweiße geboren und wird nie etwas anderes werden. Ich bin ein
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