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Das Herz der 6. Armee

Das Herz der 6. Armee

Titel: Das Herz der 6. Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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grinste. Kubowski nickte der Pannarewskaja zu.
    »Bis nachher, Olgaschka …«
    »Du kannst mitgehen«, sagte die Ärztin zu Vera Kaljonina. »Für eine Stunde …«
    Sie rannten aus dem Keller, krochen ein Stück über ein Trümmerfeld, das von einer deutschen Pakbatterie eingesehen wurde, und kamen atemlos im Befehlsstand des Majors an. Kaljonin saß am Tisch, aß ein Brot mit Schmalz, trank heißen Tee und zwischendurch ein Gläschen Wodka.
    »Wanja!« schrie Vera, als sie in den Bunker stürzte. »Mein Wanja!« Sie fielen sich in die Arme, herzten und küßten sich, und erst dann nahm Kaljonin stramme Haltung an und meldete sich bei seinem Kommandeur zurück.
    »Mladschij-Sergeant Kaljonin zurück. Auftrag erfüllt. Deutsche Batterie vernichtet. War einige Tage in einem Keller verschüttet.«
    »Und wer hat dich rausgeholt?« fragte Kubowski.
    »Ein deutscher Soldat.«
    »Und wo ist der deutsche Soldat?«
    Kaljonin sah seinen Major dumm an. »Weg! Zu seinen Leuten.«
    »Hat man so etwas schon gehört!« Kubowski sah Kaljonin böse an. »Fängt einen deutschen Soldaten und nimmt ihn nicht mit!«
    »Er hat mich vom Tode errettet, Genosse Major!«
    »Dann hättest du dankbar sein müssen und ihn mitbringen! Jetzt wird er sterben!«
    »Er wollte nicht. Und er weiß, daß er sterben muß …«
    Major Kubowski schlug mit der Faust auf den Tisch, das Telefon tanzte klirrend. »Das ist es ja, das Schreckliche bei diesen Deutschen. Alle wollen sie Helden sein, und am Ende sind sie verratene Idioten! Daß sie es nicht begreifen! Warum kämpfen sie noch in Stalingrad? Warum retten sie sich nicht?«
    Und da sagte Kaljonin etwas, was er in seinen weltanschaulichen Schulungen nicht gehört hatte. »Würden Sie sich retten, Genosse Major? Sie haben es nicht getan, als die Deutschen uns umzingelt hatten und wir allein standen, dreiundvierzig Mann, in einem Silo … Wissen Sie es noch, Genosse Major?«
    Kubowski wußte es, und er verstand seinen Sergeanten. Soldaten haben wirklich ein merkwürdiges Gehirn, dachte er. Es hat auswechselbare Drähte. Sonst denkt es normal, aber sobald man eine Uniform anhat, gibt es andere Kontakte. Dann denkt und tut man etwas, woran man früher nie gedacht hat. Überall ist es so, bei uns und bei den Deutschen und sicherlich auch bei den Chinesen. Ein Soldat ist ein besonderer Mensch. Gott sei's geklagt!
    Die Tage in dem nassen Grab hatten Kaljonin doch mehr zugesetzt, als er wahrhaben wollte. Kubowski erkannte es an dem Flattern seiner Hände und dem Zucken um die Augen. Die Nerven, dachte er. Man kann's verstehen! Lebendig begraben sein, das zerreißt die Seele.
    »Lassen Sie sich untersuchen, Iwan Iwanowitsch«, sagte Kubowski zu Kaljonin. »Vera wird Sie zum Lazarett führen. Ich werde mich morgen nach Ihnen erkundigen.«
    Ein Grund, wieder zu Olgaschka zu kommen, dachte er zufrieden. Es ist doch merkwürdig mit der menschlichen Seele. Da liegen wir in den Trümmern und haben den Tod über uns, wir krallen uns in der Erde fest, wir bluten und sterben … aber dann ist da eine stille Minute, ein Atemzug Ruhe, und was tun wir? Wir lieben! Wir lieben inmitten von Leichen. Und wir sind glücklich trotz der Schrecken.
    Im Lazarett, das sie mit Mühe erreichten, weil Kaljonin plötzlich zusammenfiel, in den Trümmern liegenblieb, mit offenem Mund japsend in den Himmel starrte und stöhnte: »Ich bin wie gelähmt, Täubchen. Ich kann nicht mehr laufen … ich bin gelähmt …«, aber dann doch weiterkroch, weil ihn Vera mit übermenschlicher Kraft hinter sich herzog, legte ihn die Pannarewskaja gleich auf eine Strohmatratze, über der sogar eine Decke lag und am Kopfende ein weiches Kissen. Auch ein Spiegel hing an der Wand, ein Waschbecken aus Marmor in einem eisernen Ständer … es war direkt ein freundliches Zimmer, in das sie Kaljonin führte. Vera Kaljonina blieb an der Tür stehen.
    »Das ist doch Ihr Zimmer, Genossin Oberleutnant«, sagte sie unsicher.
    »Natürlich.« Die Pannarewskaja lächelte sacht. »Der Major hat mir erzählt von eurer Hochzeit. Soviel ich weiß, hattet ihr nie Zeit füreinander.«
    Kaljonin wurde rot wie ein kleiner Junge. Auch Vera senkte den Kopf. Sie antwortete nicht, und es war auch nicht nötig, denn die Pannarewskaja hatte das Zimmer verlassen und die Tür verschlossen. Iwan Iwanowitsch atmete tief auf.
    »Welch eine Frau«, sagte er leise und schüchtern. »Schließt uns einfach ein … Und ein richtiges Bett ist da.« Erlegte sich auf die Matratze, dehnte sich,

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