Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
orientieren, denn er schien immer ungefähr
gleich kalt zu sein.
Mit der freien Hand
strich sie den Schnee vom schuppigen Rücken des Drachens.
Er schüttelte
sich heftig und Kate hielt sich schützend die Hände vor das
Gesicht. Im selben Moment näherte sich ihr etwas von hinten und
bevor sie sich umdrehen konnte, legten sich zwei kräftige Arme
um ihre Taille.
Sie brauchte ihre
Augen nicht, um zu wissen, dass er es war. Das beängstigende war
jedoch nur, dass sie nicht hätte sagen können, wer es
zuerst gewusst hatte, ihr Verstand oder ihr Körper.
Betrachtete man die
Situation von der logischen Seite aus, dann war er zurzeit der
Einzige, der Anwesenden, der sie berühren würde. Mai würde
wohl kaum genug Kraft haben aufzustehen, geschweige denn sie zu
umarmen. Claire war Kate ja bekanntlich ebenfalls durch die Krankheit
losgeworden, zumindest fürs Erste.
Chris, Ted oder Lee
würden sich nicht mal im Schlaf wagen, sie auch nur irgendwie
anzufassen. Sie sahen es als reine Respektsache auf Abstand zu
bleiben, wie sie von Mai wusste. Die Höflichkeit gebot
insbesondere Untergeordneten Körperkontakt zu vermeiden, es sei
denn, beide kannten sich schon ewig.
„ Je
angesehener man ist, desto strenger wird die Regel. Wenn ich wollte,
könnte ich jemanden einsperren lassen, nur weil er mir die Hand
reicht.“ Wie Mai es so schön gesagt hatte.
Doch das war nicht
der einzige Grund, weshalb ihr Verstand es wusste. Sie kannte niemand
anderen, der sich einen Spaß daraus gemacht hätte, sich im
Dunkeln an sie heranzuschleichen. Wie zufällig, wer´s
glaubt, tauchte er immer genau an dem Ort auf, wo sie sich gerade
befand. Es geschah jedes Mal so rasch und Fehlerfrei, dass Kate sich
des Öfteren fragte, ob sie eine Art Peilsender in sich trug.
Das alles schoss ihr
innerhalb weniger Sekunden durch den Kopf, doch es war nichts im
Vergleich zu dem, wie ihr Körper reagierte.
Noch nie zuvor, war
es ihr so deutlich aufgefallen, wie in diesem Moment. Eine angenehme
Wärme breitete sich von ihrer Mitte heraus, in ihren ganzen
Körper aus. Ihre Muskeln entspannten sich, während etwas
anderes in ihr hektisch zu flattern begann.
Alles um sie herum
schien sich langsam aufzulösen und dann wurde ihr bewusst, wie
nah er doch war und dass es absolut gegen ihre Prinzipien verstieß.
„ Sag mal, was
soll das werden, wenn es fertig ist?“, fragte sie, sobald sie
sich wieder gesammelt hatte. Zufrieden stellte sie fest, dass ihre
Stimme normal und damit sehr viel gefasster klang, als sie sich
fühlte.
„ Du hast dich
nicht erschreckt.“, stellte Alessio nüchtern fest und trat
einen Schritt zurück. Kate drehte sich zu ihm um und
verschränkte die Arme.
„ Ich habe nur
gedacht, du wolltest mal wieder gedrückt werden, da mein
Schwesterchen im Moment ja ausfällt.“, versuchte er sich
herauszureden und lächelte unsicher. Kate zog die Augenbrauen
hoch und blieb stumm. Alessio fuhr sich nervös durch die Haare
und sah zu den Drachen.
„ Was machst du
überhaupt alleine hier draußen.“, wechselte er das
Thema. Kate lachte.
„ Das war so
klar. Fällt dir nichts Neues ein?“, fragte sie grinsend.
„ Lach mich
nicht aus, ich meine das ernst.“, sagte er leicht beleidigt.
„ Dann hör
auf, dir darüber Gedanken zu machen. Ich bin mein halbes Leben
alleine klar gekommen.“, mehr oder weniger jedenfalls, fügte
sie in Gedanken hinzu. Es war nicht immer leicht gewesen, aber sie
hatte es geschafft zu überleben, ohne dass jemand da gewesen
wäre, der sich auch nur im Geringsten dafür interessiert
hätte. Das es jetzt Menschen gab, die sich ernsthaft darum
kümmerten, was mit ihr passierte, wollte einfach nicht in ihren
Kopf gehen.
„ Verstehe.“,
meinte er betrübt und Kate hatte augenblicklich das merkwürdige
Gefühl, ihn durch ihre Worte verletzt zu haben.
„ Nein warte,
vergiss es sofort wieder. Ich bin es einfach nicht gewohnt. Normaler
Weise stehe ich auf der anderen Seite. Ich achte darauf, dass alle da
sind, es jedem gut geht und keiner unglücklich ist. Immerhin war
ich die Älteste, zwischen den Kindern im Heim. Ich vergesse
manchmal, dass ich jetzt diejenige bin, die keine Ahnung von der Welt
hat und sich nicht alleine verteidigen kann.“, plapperte sie
wild drauf los.
„ Du glaubst
also, du könntest dich nicht wehren?“, fragte Alessio
ruhig und machte langsam einen Schritt auf sie zu. Kate runzelte
verwirrt die Stirn.
„ Du denkst,
dass du dich nicht auskennst?“ Er zählte es an den
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