Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)
dran?«
»Vielleicht. Wer weiß?«
Inzwischen war es Nachmittag. Die wichtigsten Fakten zu Bianchi und seiner Familie hatten sie bereits überprüft.
Vater Lehrer, Mutter Sprechstundenhilfe, eine Schwester, die als Spendenbeschafferin für eine Hilfsorganisation arbeitete, und Bianchi selbst hatte offenbar ein untadeliges Leben geführt. Ansonsten gab es nichts Neues, nur dass er sein Einkommen und seine Erfahrung offenbar auch dadurch aufgebessert hatte, dass er Artikel für eine Internet-Zeitung redigierte. Er hatte ein paar abgelehnte Romane zu verzeichnen – weder Thriller noch Krimis – und keine Vorstrafen.
Aber Sam juckte es noch immer, sich seinen Wagen anzusehen.
Den Wagen, der auf eine inzwischen verstorbene Frau in Savannah, Georgia, zugelassen gewesen war.
»Vermutlich beschlagnahmt«, sagte Martinez.
»Vielleicht auch nicht. Er war nicht an dem Unfall beteiligt.«
»Trotzdem – irgendwohin müssen sie ihn gebracht haben.«
»Nicht unbedingt. Er hat die Straße nicht versperrt.«
»Sie werden ihn abgeschleppt haben«, beharrte Martinez.
Es gab jede Menge Abschleppfirmen in Miami, allein schon auf Key Biscayne.
»Ich werde mich auf dem Rückweg mal umsehen.«
»Ich komme mit«, entschied Martinez.
»Das musst du nicht.«
Sein Partner winkte ab. »Vier Augen sehen mehr – falls der Wagen dort ist. Außerdem muss ich dafür sorgen, dass du keine Dummheiten anstellst.«
Der Käfer war längst verschwunden.
»Tut mir leid, dass ich deine Zeit verschwendet habe«, sagte Sam zu Martinez.
Sie standen auf der schmalen Straße am Rand des Highways, nahe der Stelle, wo Sam mit Grace darauf gewartet hatte, dass die Cops kamen, um sie mitzunehmen. Und nahe der Stelle, wo sie, nach ihren Worten, den VW langsam auf sich und den Jungen in ihrer Obhut zurollen gesehen hatte.
Wo Duggan/Bianchi auf sie losgegangen und sie auf ihn zugefahren war.
»Warum zum Teufel hat er das getan?«, fragte Sam. »Warum ist er ihr nicht aus dem Weg gegangen?«
Dieselbe Frage hatte er sich seit Donnerstagabend immer wieder gestellt.
»Zu beschäftigt damit, Grace zu verhöhnen, nehme ich an«, vermutete Martinez. »Sie zu bedrohen.«
»Aber er muss doch gewusst haben, dass es gefährlich war, verrückt sogar!«
»Vielleicht nicht. Wenn er ein Schikanierer war, dann dachte er vermutlich, er würde gewinnen.«
»Pete hat zu Grace gesagt, er hätte das Gefühl, Charlie würde ihm gern Angst machen.«
»Möchte wetten, der hat sein blaues Wunder erlebt, als Grace ...«
Sam schwieg.
»Jedenfalls«, stellte Martinez fest, »keine Chance, in absehbarer Zeit an den Wagen zu kommen.«
»Und selbst wenn ...«
»Wird jeder Beweis unzulässig sein.«
»Ich würde ihn mir trotzdem gern ansehen.«
»Da wirst du wohl warten müssen.«
Sam stöhnte frustriert auf. »Gibt es irgendetwas, worauf wir nicht warten müssen?«
»Fahr nach Hause zu deiner Frau und deinem Sohn!«
Auf Martinez wartete niemand.
»Ich weiß, ich bin ein verdammter Glückspilz«, murmelte Sam.
»Vergiss das bloß nie!«
»Ich tue mein Bestes.«
80
»Das sind doch gute Neuigkeiten!«, sagte Daniel, nachdem Sam ihnen von Bianchi berichtet hatte. »Oder nicht?«
Sie saßen alle nach dem Abendessen draußen auf der Terrasse.
»Ich hoffe es.«
»Wenn Duggan eine falsche Identität war«, meinte Claudia, »dann beweist das doch sicher, dass er irgendetwas zu verbergen hatte.«
»Häng deine Hoffnungen nicht zu hoch, Schwesterherz«, erwiderte Grace.
»Klingt für mich, als ob der Typ ein echt komischer Vogel war«, bemerkte Robbie.
Mike nickte. »Er hat diesem armen Jungen eine Höllenangst eingejagt.«
»Es wird alles gut werden.« Saul klang positiv wie immer.
Cathy runzelte die Stirn. »Ich gebe seiner Mutter die Schuld.«
»Können wir bitte damit aufhören?«, unterbrach Grace ihre Familie.
»Aber das sind doch gute Neuigkeiten«, wiederholte Robbie. »Genau wie Dad gesagt hat.«
Grace schüttelte leicht den Kopf. »Der Mann ist immer noch tot. Egal, wie sein Name war.«
Claudia griff nach ihrer Hand, aber Grace zog sie zurück und erhob sich.
»Ich sehe nach Joshua, und dann gehe ich zu Bett.«
»Ich komme mit«, bot Sam an.
»Nicht nötig.« Grace beugte sich hinunter, um ihn auf die Wange zu küssen, wandte sich um und ging ins Haus.
Ein paar Augenblicke saßen sie alle schweigend da.
»Das macht sie ständig, Sam«, begann Claudia schließlich. »Sie will allein sein.«
Cathy lächelte. »Bis auf Joshua. Und das ist
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