Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)
tauchte hinter ihm auf.
»Wer ist denn da, Robbie?«
»Niemand.«
Josephine Bianchi trug ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Hose, das gewellte blonde Haar aus dem Gesicht gebunden, und ihre blauen Augen waren gerötet, mit dunklen Ringen darunter.
» Sie! «, rief sie mit Blick auf Sam.
Sam erinnerte sich an das Foto im Sun-Sentinel von ihm und Grace, lachend bei der Benefizveranstaltung für das Krankenhaus. Seine eigene Taktlosigkeit wurde ihm aufs Neue bewusst und versetzte seinem Gewissen einen noch schmerzlicheren Stich.
»Sie wollten eben gehen«, sagte Robert Bianchi.
»Nein.« Sie fand rasch die Fassung wieder, nahm den Arm ihres Mannes. »Sie sind nicht ohne Grund so weit gekommen. Dann können Sie auch reinkommen.«
»Wir könnten später wiederkommen«, schlug Sam vor.
»Warum sollten Sie das tun wollen?«, fragte Josephine Bianchi schroff.
»Wir wissen, dass wir uns aufdrängen«, sagte David.
»Natürlich wissen Sie das! Ich bin sicher, keiner von Ihnen ist ein Idiot.«
»Ich bin gekommen ...«
»... um für Ihre Frau ein gutes Wort einzulegen«, schnitt sie Sam das Wort ab. »Die Mörderin unseres Sohns.«
»In gewisser Weise.«
»Großer Gott!«, knurrte Robert Bianchi. »Kommen Sie rein! Bringen wir’s hinter uns.«
Im Wohnzimmer, das klein, aber gemütlich war, mit ein paar Aquarell-Strandszenen an den Wänden, einem schwer beladenen Bücherschrank und mehreren alten Familienfotos (Sam konnte unmöglich einen genaueren Blick darauf werfen, um Richard als jungen Mann zu mustern, nicht heute), standen sie steif da. Die Atmosphäre war feindlich.
Sam kam sofort zur Sache.
»Ich bin gekommen«, sagte er, »da es meiner Ansicht nach gut möglich ist, dass Ihr Sohn, vielleicht unwissentlich, von einem bekannten Kriminellen benutzt wurde.«
»Sie reden von diesem Mörder«, stellte Josephine Bianchi fest.
Kein Wunder. Vermutlich wurde sie von ihrem eigenen Anwalt, vielleicht sogar von der Polizei von Key Biscayne, auf dem Laufenden gehalten.
»Jerome Cooper«, bestätigte Sam.
Josephine Bianchis Augen waren hart wie Stein. »Sie wagen es, in unser Haus zu kommen, während wir um unseren Sohn trauern, und ihn zu beschuldigen?«
»Das hat er nicht gesagt, Mrs. Bianchi!«, mischte sich David sanft ein.
»Das hat er unterstellt«, grollte Robert Bianchi. »Genau das hat er in ganz Miami unterstellt, soweit wir wissen, und nichts damit erreicht. Und das wird er auch mit seinen Erkundigungen nicht.«
»Es hat bereits eine Beschwerde gegen Sie gegeben«, fügte seine Frau hinzu. »Ich wundere mich über Ihre Dreistigkeit, ganz zu schweigen von Ihrer Gefühllosigkeit.«
»Mein Sohn ist kein gefühlloser Mann«, beschwichtigte David die beiden. »Und ich kann Ihnen versichern, er wäre heute nicht hier, wenn er glauben würde, eine andere Wahl zu haben.«
»Er hatte eine Wahl«, erwiderte Bianchi grimmig.
Sam atmete tief ein. »Ich verstehe, dass Ihnen das alles schrecklich aufdringlich vorkommen muss.«
»Wir brauchen Ihr Verständnis nicht!«, sagte Josephine Bianchi schrill. »Unser Sohn ist wegen Ihrer Frau tot.«
David warf einen Blick auf einen Stuhl hinter sich. »Darf ich?«
»Natürlich«, forderte ihn Robert Bianchi mit einer Handbewegung auf. »Möchten Sie vielleicht ein Glas Wasser? Josie, bitte hol doch ein Glas ...«
»Nein, danke.« David setzte sich. »Schon gut.«
»Alles okay mit dir?« Sam sah seinen Vater an.
David nickte, seufzte leise und fragte dann: »Wie viel wissen Sie über meine Schwiegertochter?«
»Alles, was wir wissen müssen.« Robert Bianchis Tonfall war verbittert.
»Vielleicht nicht«, fuhr David fort. »Grace war schon meine Kollegin, lange bevor sie meinen Sohn kennenlernte. Ich war Kinderarzt«, fügte er erläuternd hinzu. »Sie ist einer der erstaunlichsten Menschen, die ich kenne.«
»Bei allem Respekt, Dr. Becket«, entgegnete Bianchi, »Sie sind da etwas voreingenommen.«
»Ich weiß schon gar nicht mehr, wie vielen Kindern sie geholfen hat.«
»Das ist ihr Job«, sagte Josephine Bianchi. »Und ich möchte betonen, dass einer der Zeugen der Anklage die Mutter des Kindes ist, dem sie angeblich ›geholfen‹ hat, als sie mit ihrem Wagen auf unseren Sohn zugefahren ist.«
Die Zeit lief ihnen davon, begriff Sam.
»Ich glaube aufrichtig«, versuchte er es noch einmal, »dass Ihr Sohn möglicherweise in etwas hineingeraten ist, womit er nicht gerechnet hat ...«
»Unser Sohn war Schriftsteller.« Bianchis Stimme bebte, als er ihm
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