Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)
verstehen, was deine Motive sein könnten. Aber es ist nicht akzeptabel, und das weißt du genau. Es ist den Opfern gegenüber nicht fair.«
Das tat höllisch weh.
»Ich versuche hier, herauszufinden, was mit den Opfern passiert ist, Lieutenant. Richard Bianchi ist ein Teil der Ermittlung.«
»Mag sein.« Alvarez gab keinen Zentimeter nach. »Aber Bianchi ist tot, und Jerome Cooper ist in Gewahrsam, und was du tun musst, das Einzige , was du als Detective dieses Departments tun musst, ist, zu helfen, die Anklage gegen ihn aufzubauen.«
»Ja, Sir«, sagte Sam.
»Der Captain will keine weiteren Beschwerden, Sam.« Alvarez schwieg einen Augenblick. »Du bist viel zu nah an diesem Fall dran, das wissen wir alle. Ich will mir nicht einmal überlegen müssen, dich von dem Fall abzuziehen, aber wenn es sein muss, dann werde ich es tun.«
»Ist es das, was der Captain will?«
Sam war es nicht gewohnt, Feindseligkeit gegenüber diesem Mann zu empfinden, aber die Wut, die er erfolgreich unterdrückt hatte, weil er einen Job zu erledigen hatte und weil er um Grace’ und Joshuas willen beherrscht bleiben musste, loderte wieder ein bisschen heftiger auf.
»Meinst du, es wäre vielleicht besser für dich?«, fragte Alvarez.
Sam überlegte eine Sekunde. »Es wäre auf keinen Fall besser, Lieutenant.«
»Dann musst du sehr vorsichtig sein.«
»Das werde ich.«
»Ich meine es ernst, Sam!«, sagte Alvarez.
Eine Warnung.
Ein schlechter Tag für Sam.
105
Ein noch schlechterer Tag für Grace.
Jerry Wagner hatte sie aufgesucht.
Er hatte auf sie gewartet, als sie vom Strand zurückkam, hatte ihre ernüchterte Miene bemerkt, als sie ihn sah, und ihm war nicht entgangen, wie zerzaust und glücklich ihr kleiner Sohn nach seinem Tag draußen mit seiner Mommy und seiner Tante aussah.
»Wir müssen uns für morgen vorbereiten«, erinnerte er Grace sanft.
»Ich weiß«, sagte sie. »Geben Sie mir nur fünf Minuten, um den kleinen Mann hier zu versorgen.«
»Das kann ich übernehmen«, schlug Claudia vor.
Ihre allgegenwärtige Schwester – so kam es ihr zumindest vor. Grace wusste, dass ihr Anflug von Groll absolut ungerechtfertigt war, aber er war nun einmal da. Sie wusste auch, dass Claudia ihn bemerkt hatte, aber sie schien es zu verstehen und zu verzeihen, was es nur noch schlimmer machte.
»Offenbar brauche ich die fünf Minuten nicht«, murmelte Grace.
Sie gingen auf die Terrasse, wo in letzter Zeit offenbar die meisten wichtigen Besprechungen, ob mit dem Anwalt oder der Familie, abgehalten wurden, und sie fragte sich, ob sie sich hier draußen, in dieser entzückenden Umgebung, je wieder würde entspannen können.
Sie konnte von Glück reden, überhaupt hier zu sein, rief sie sich in Erinnerung.
Sie bot an, Eistee zu holen.
»Nur, wenn Sie welchen wollen«, winkte Wagner ab.
»Eigentlich nicht.«
Er lächelte freundlich. »Es wird nicht so schlimm werden, es ist ja keine Verhandlung. Niemand kann zu diesem Zeitpunkt irgendwelche Beweise vorbringen.«
»Ich weiß«, sagte Grace. »Aber trotzdem.«
Wagner tätschelte ihre Hand wie ein liebevoller Onkel. »Man wird die Anklage verlesen, und Sie werden eine Einrede vorbringen müssen.« Er schwieg kurz. »Es ist sehr wichtig, dass Sie nichts sagen, was Sie in irgendeiner Weise belasten könnte, Grace, egal, wie Sie sich dabei fühlen. Die Anklageverlesung ist weder der richtige Zeitpunkt, um Ihr Tun zu erklären, noch für eine Entschuldigung. Der Richter wird fragen, ob wir darauf verzichten, dass die vollständige Anklageschrift verlesen wird, und dann wird er Sie auffordern, sich zu erheben, und Sie um Ihre Einrede bitten.«
Grace schwieg.
»Haben Sie mich verstanden?«, fragte Wagner.
»Ja.« Ihre Stimme klang rau. »Sie haben sich sehr klar ausgedrückt. Es ist nur ...« Sie brach ab, wandte den Blick ab, auf einmal den Tränen nahe.
»Lassen Sie sich Zeit.«
Sie holte einmal Luft, gewann die Kontrolle wieder. »Ich nehme an, es ist nur, weil das alles jetzt wirklich passiert, und das wusste ich natürlich, verstandesmäßig, aber ...«
»Es ist nicht leicht«, sagte der Anwalt. »Und ich werde Sie nicht beleidigen, indem ich sage, dass morgen gar nichts ist, denn für Sie muss das unglaublich klingen. Aber Sie werden es überstehen.«
Grace nickte. »Und meine Einrede?«
»Wie wir es besprochen haben.«
Sie schwieg, musste es aus seinem Mund hören.
Die zwei Worte, die ihr wie ein Meineid vorkamen, die sie aber, wie sie wusste, Joshua und Sam und
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