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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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ich sind wie Wasser und Öl, wir wären unter keinen noch so günstigen Umständen zusammengekommen. Trotzdem war sie lange Zeit die Frau, die meinem Herzen am nächsten stand.« Er kratzte sich mit dem Daumennagel über der Nasenwurzel und vergrub dann die Hände in den Hosentaschen. »Zumindest bis vor ein paar Monaten.«
    Jacobinas Herz schlug einen Purzelbaum; sie senkte rasch die Lider und zog die Unterlippe zwischen die Zähne; sie wollte sich nicht anmerken lassen, wie glücklich seine Bemerkung sie machte. Als sie wieder aufblickte, schaute Jan in den Regen hinaus.
    »Haben Sie sich schon einmal in einen Tropenregen gestellt?«, sagte er leise, beinahe träumerisch. »Ich meine – so richtig? Ganz bewusst?« Lächelnd sah er sie an.
    Jacobina schüttelte den Kopf.
    »Dann kommen Sie!« Jan winkte sie zu sich heran. »Es gibt nichts Herrlicheres!« Er schickte sich an, die Stufen hinabzugehen, blieb aber auf der obersten stehen. Halb wandte er sich zu ihr um und winkte erneut. »Nun kommen Sie schon! Machen Sie sich keine Sorgen um Ihr hübsches Kleid, das trocknet wieder.«
    Zögerlich stellte Jacobina ihr Glas ab und erhob sich. Ihr Kopf fühlte sich leicht und ein wenig benommen an; sie schwankte ein bisschen, und ihre Schritte waren unsicher. Vor der ersten Stufe blieb sie stehen und spähte zweifelnd unter dem Dach hervor; die ersten Spritzer trafen sie schon im Gesicht, und auch Jan war bereits zur Hälfte nass.
    »Kommen Sie!« Ehe sie es sich versah, hatte er sie bei der Hand gepackt und mit sich gezogen, die Stufen hinab und in den Garten.
    Im Handumdrehen war Jacobina bis auf die Haut durchnässt. Aber Jan hatte recht gehabt: Es war ein herrliches Gefühl. Trotz der gewaltigen Massen, die vom Himmel herabströmten, fühlte sich der Regen leicht an auf der Haut, beinahe gewichtslos. Erfrischend war er, obwohl kein bisschen kühl, und ihr rasch vollgesogenes Kleid, die durchweichte Unterwäsche und ihr triefendes Haar waren ihr nicht unangenehm. Daran war nichts Klammes, Schweres und Ungemütliches wie nach einem Regenguss in Europa. Vielmehr vermittelte dieser tropische Regen auf der Haut ein Gefühl der Unbeschwertheit und fühlte sich schmeichlerisch an, beinahe sinnlich.
    Ein glücklicher Laut drängte in Jacobinas Kehle herauf. Unwillkürlich legte sie den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und öffnete den Mund, aus dem ein leises Lachen perlte und sich mit dem Regen mischte, der hineintropfte; ein Lachen, in das Jan ebenso leise einstimmte.
    Sie nahm den Kopf wieder nach vorne, wischte sich mit der freien Hand über das nasse Gesicht und sah ihn an. Zärtlich ruhte sein Blick auf ihr; er hob die Hand und strich ihr sanft über die Wange, fuhr dann mit dem Daumen über die flache Kerbe in ihrem Kinn.
    »Hätten Sie etwas dagegen«, raunte er ihr zu, »wenn ich Sie küssen würde?«
    Jacobina deutete ein Kopfschütteln an. Im Zwielicht aus Regennacht und Lampenschein wirkten seine Augen dunkel, fast schwarz, und die Tropfen, die sich in seinen Wimpern und seinem Bart fingen, glänzten wie Glasperlen. Einen entsetzlichen Augenblick lang wusste sie nicht, was sie tun sollte, ob sie die Augen offen lassen oder lieber schließen sollte. Was Jan von ihr erwarten mochte und ob ihr Atem vielleicht schlecht roch. Dann spürte sie seinen Mund auf ihrem, und ihre Augen schlossen sich von selbst. Er schmeckte nach Tabakrauch und nach der fruchtigen Süße des Weins, nach Regenwasser und ein bisschen wie Zitronengras. Behutsam tasteten seine Lippen über die ihren, während er den Arm um sie legte, sie sanft an sich drückte und der Regen auf sie beide niederströmte.
    Der Regen trommelte auf das Verdeck der Barouche und troff über dessen Ränder hinweg herunter. Bei jedem Schritt des gemächlichen Trabs gaben die Hufe der Pferde ein Schmatzen von sich, während sich die Räder des Wagens glucksend durch den Morast der Straße entlang des Molenvliet gruben.
    »Danke«, flüsterte Floortje in das Schweigen hinein, das wie ein Nachtmahr auf ihrer Brust lastete. »Für den schönen Abend heute.« Mit einem unsicheren Lächeln sah sie James van Hassel an.
    Die Lichtflecken der entgegenkommenden Kutschen und der Schein der Gaslaternen am Straßenrand, gespenstisch verschwommen in Regen und aufsteigendem Dampf, meißelten sein strenges Profil aus der pechschwarzen Nacht. Das Schummerlicht flackerte über seine Züge und gab ihnen etwas Unheimliches, fast Bedrohliches.
    Er nickte kurz, sah aber weiter

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