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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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dem schlafschweren Atem der Kinder, der sich mit dem Rauschen des Meeres verwob.
    Am nächsten Morgen hatte sich eine feine Ascheschicht über das Haus und die Veranda gelegt, die durch die Türritzen und die geöffneten Fenster bis ins Haus gedrungen war und einen groß angelegten Putztag zur Folge hatte. Noch eine Woche lang versetzten Erschütterungen, Donnergrollen und Schläge wie von Kanonenfeuer die Menschen beiderseits der Sundastraße in Aufregung. Wie die auf dem sich wieder beruhigenden Wasser treibenden Brocken von Bimsstein Zeugnisse der kräftigen Rülpser, mit denen der nördliche Strand auf Krakatau Feuer und Asche ausspuckte, und des heftigen Schluckaufs, der den Perboewatan, den nördlichsten und kleinsten Vulkankegel der Insel befallen hatte.
    Dann zeigte sich Orang Alijeh, der Herr über Rauch und Feuer, nach seinem zornschnaubenden Aufbegehren wieder besänftigt und legte sich unter leisem Grummeln zur Ruhe, verstummte schließlich ganz, und im Paradies kehrte erneut verträumte Stille ein.
    Vorerst.

27
    Glücklich strich Floortje über den Rock ihres neuen maigrünen, mit winzigen Margeritenblüten bedruckten Kleides und zupfte noch einmal an den Rüschen herum, die den züchtigen viereckigen Ausschnitt und die ellenbogenkurzen Ärmel säumten. Ein hübsches Kleid war es, und das flache Hütchen mit dem Margeritenstrauß, das gekonnt schräg auf ihrem aufgesteckten Haar saß, stellte das i-Tüpfelchen dazu dar. Es war kein Kleid von Rouffignac , aber immerhin von Tabardi und nicht ganz billig gewesen, ebenso wenig wie die farblich passenden Schuhe mit dem kleinen Absatz und die feine Wäsche darunter mit den breiten Spitzen und grünen Bändern. Aber Floortje hatte dringend neue Sachen gebraucht; sie konnte nicht in immer denselben Kleidern ins L’Europe gehen. Nicht, wenn sie weiterhin nach einem Mädchen aussehen wollte, das seine fünfzig Florin wert war. Vielleicht gar mehr, zumindest versuchte sie immer, möglichst viel Geld herauszuschlagen, bevor sie mit einem Mann mitging, und es nie für weniger zu machen; auch dann nicht, wenn sie mehrere Tage hintereinander vergeblich hier auf der Veranda gesessen hatte und ihre Barschaft bereits dabei war, erschreckend schnell zusammenzuschmelzen.
    Zufrieden nippte sie an ihrem Champagnerglas; das hatte sie sich verdient, schließlich arbeitete sie hart für ihr tägliches Brot. Und für die Kleider, die Schuhe und Hüte und die schöne Wäsche, die sie jeden Tag auf ihrem Heimweg, den sie in einem gemieteten sado zurücklegte,aus den Auslagen der tokos , der Läden entlang des Gang Mendjangan, anlachten. Heute war ein guter Tag, das kannst du dir ruhig mal gönnen , dachte sie ebenso oft wie Heute war ein schlechter Tag, das hilft dir bestimmt darüber hinweg, und wenn du morgen besonders hübsch aussiehst, wird es auch wieder ein guter Tag.
    Aufgeregte Frauenstimmen ließen sie von der Zeitung aufsehen, die sie sich nach wie vor vom Kellner bringen ließ, weiterhin in der Hoffnung, eines Tages doch noch eine Annonce zu entdecken, die ihr die Tür zu einer ehrbaren Stellung öffnen mochte. Aber wenn sie sah, dass eine Haushälterin im Monat weitaus weniger verdiente als sie in einer Woche, verlor diese Aussicht jedes Mal ihren Reiz.
    Zwei Tische weiter saßen die üppige Blondine, die aparte Rothaarige und die Frau mit den dunklen Haaren, bei denen Floortje inzwischen sicher war, dass sie gefärbt waren, und sahen zu ihr herüber. Floortje nickte ihnen mit einem kleinen Lächeln grüßend zu; als sie aber nur feindselige Blicke erntete, zuckte sie mit den Schultern und vertiefte sich wieder in den Java Bode .
    Aus den Augenwinkeln sah sie, wie sich eine der Frauen erhob und zu ihr herüberkam.
    »He, du«, sprach sie Floortje mit rauer Stimme an.
    Floortje hob den Kopf. Vor ihr stand die Blondine, deren himmelblaues Kleid an einigen Stellen speckig glänzte und um Brust und Hüften so knapp saß, dass es jeden Augenblick zu platzen drohte. Sie war nicht mehr ganz jung, aber durchaus hübsch zu nennen mit ihren blauen Kulleraugen unter dichten Wimpern, ihrem Mund wie eine Rosenknospe und ihrer kleinen, geraden Nase. Mit ihrem hellen Teint sah sie aus wie eine in die Jahre gekommene Porzellanpuppe, und ihre große Oberweite verlieh ihr etwas Mütterliches.
    Floortje hob die Brauen. »Ja, bitte?«
    »Meine Freundinnen und ich …«, sie warf einen Blick über die Schulter zu den anderen beiden Frauen, die Floortje weiterhin ablehnend musterten. »Wir

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