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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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stehender Tür, der mit seinem wuchtigen Schreibtisch aus dunklem Holz, einem Tisch mit einer ausgebreiteten Karte und einem Vitrinenschrank voller Folianten aussah wie das Amtszimmer des Contrôleurs , dann einen Korridor entlang.
    Vor der letzten Tür machte Beyerinck halt und öffnete sie. »Bitte, Fräulein van der Beek.«
    Mit angstvoll pochendem Herzen trat Jacobina ein und sah sich in dem engen Raum um, der nicht mehr war als eine Kammer. Ein schmales Bett stand neben einem grob zusammengezimmerten Tisch nebst Stuhl; es gab noch einen weiteren Tisch mit Waschgelegenheit, eine Öllampe und einen Nachttopf.
    Leise hörte sie Beyerincks Stimme hinter sich. »Sie verstehen sicher, dass ich unter den gegeben Umständen keine andere Möglichkeit gesehen habe, als Sie mitzunehmen und unter Arrest zu stellen.«
    Jacobina nickte halbherzig und wandte sich um. »Was geschieht jetzt mit mir?«
    Beyerinck blies die Backen auf und strich sich über die helle Weste unter seinem Jackett. »Nun, zuerst warten wir das Ergebnis der Obduktion ab und die Untersuchung des Pulvers, beides durch Doktor Dekker in Teluk Betung. Wenn sich der Verdacht auf eine Vergiftung erhärtet, werde ich den Vorfall dem Residenten dort melden, und der ordnet gegebenenfalls zusätzlich eine Obduktion des Jungen an. Wahrscheinlich wird er den Fall zur Prüfung nach Batavia weiterreichen. Sollten Sie dann noch immer als Verdächtige in Frage kommen, werden Sie dorthin überstellt, damit Anklage gegen Sie erhoben werden kann.«
    Jacobina deutete ein erneutes Nicken an.
    Der Contrôleur bedachte sie mit einem aufmunternden Lächeln. »Ist natürlich eine ganz unangenehme Lage, in der Sie sich da befinden. Aber solange Sie unschuldig sind, haben Sie nichts zu befürchten.«
    Jacobina starrte vor sich hin. Natürlich war sie unschuldig, aber es sah nicht gut für sie aus; die Beweislage zeichnete im günstigsten Fall ein zweifelhaftes Bild von ihr.
    »Sollte …« Sie schluckte hart. »Sollte ich dennoch vor Gericht kommen und schuldig gesprochen werden – welche Strafe würde mich denn dann erwarten?«
    Beyerinck wich ihrem Blick aus. »Nun, das kommt darauf an.« Er strich sich unruhig über den Oberlippenbart. »Sie haben ja auch Anspruch auf einen Rechtsbeistand.«
    Jacobina nickte wieder, während sie das Gefühl hatte, das Blut in ihren Adern geriete ins Stocken. Eine Frau, die schuldig befunden wurde, ein Kind ermordet zu haben, hatte gewiss kein mildes Urteil zu erwarten. Wahrscheinlich den Tod durch den Strang. Der Raum begann sich zu drehen, und sie glaubte schon, ihre Knie würden nachgeben, als mit einem Schlag alles um sie herum wieder zum Stillstand kam. Jan. Jan wird mir helfen.
    »Könnte ich bitte einen Brief schreiben, Herr Beyerinck? Wäre das möglich?«
    Er nickte. »Natürlich. Ich habe zwar noch etwas zu erledigen, aber ich komme anschließend gleich vorbei und bringe Ihnen etwas zu schreiben.«
    »Danke«, flüsterte Jacobina und drehte sich wieder um.
    »Ich bin sicher, es wird sich alles aufklären«, hörte sie Beyerinck noch sagen. »Bestimmt zu Ihren Gunsten.«
    Sie zuckte zusammen, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, und gleich noch einmal, als der Riegel scharrend zugeschoben wurde.
    Ihre Augen wanderten rastlos durch den Raum und blieben an der vergitterten Fensteröffnung hoch oben unter der Decke hängen. Ich, im Gefängnis. Ich, Jacobina van der Beek, die nie aufbegehrt hat, die immer brav getan hat, was andere von ihr verlangten. Wäre es nicht so entsetzlich bitter gewesen, es hätte sie zu Gelächter gereizt.
    Es versetzte ihr einen Stich, als ihr auffiel, dass diese Kammer gewisse Ähnlichkeit mit einer Schiffskabine aufwies. Mit solch großen Hoffnungen war sie vor über einem Jahr nach Java gekommen, zwischenzeitlich sogar so glücklich gewesen wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Und nun war sie in einen dunklen Strudel geraten, der sie mit sich riss und immer weiter in die Tiefe hinabzog.
    Die Reisetasche glitt aus ihren Fingern und polterte zu Boden; mit schweren, schlurfenden Schritten ging sie zum Bett, ließ sich auf die Kante niederfallen und vergrub das Gesicht in den Händen.

40
    Die Seide der Bezüge kühl und schmeichlerisch auf ihrer nackten Haut, hatte sich Floortje auf dem Bett des Roten Zimmers zur Seite gedreht und beobachtete die Zungen von Licht und Schatten, die auf der Bespannung der Nische einander jagten und fingen und umeinander herwirbelten; ein wilder Tanz, den der Kerzenleuchter auf

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