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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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und ihr Herz schlug einen Purzelbaum. Sie dachte nicht mehr oft an Jacobina; ihr Leben vor Kian Gie schien allmählich in einem dicken, undurchdringlichen Nebel zu versinken. Und wenn sie an sie dachte, dann mit einer Mischung aus Scham und Schuldbewusstsein. Es war gut, dass Jacobina nicht sah, was aus ihr geworden war.
    Dann erst sickerte die Bedeutung von Kian Gies Worten zu ihr hindurch; ihr Herz stand einen Moment lang still und krampfte sich dann zusammen. Wie viele Gouvernanten gab es wohl auf Sumatra?
    »Und, hat sie es getan?«, fragte sie möglichst nebensächlich, aber mit heftigem Pulsschlag.
    »Sag du es mir«, flüsterte Kian Gie. »Du kennst sie doch besser als ich.«
    Floortje stieß seine Hand beiseite und setzte sich abrupt auf. Für den Augenblick hatte es ihr die Sprache verschlagen, und sie musterte bangen Herzens Kian Gies Gesicht, ob dies vielleicht wieder eines seiner Spielchen sein mochte.
    Sein Mund verbreiterte sich und bekam dann einen spöttischen Zug; er kniete sich hin, langte hinter sich, um eine Schublade der Kommode aufzuziehen, und hielt in einer triumphierenden Geste ein angegilbtes und zerknittertes Rechteck hoch. Ein Brief, der letzte, den sie von Jacobina erhalten hatte, Floortje erkannte ihn sofort. Lange hatte sie ihn nicht mehr in die Hand genommen, es tat zu weh, daran erinnert zu werden, was sie alles verloren hatte.
    »Floortje heißt du also wirklich«, fuhr er genießerisch fort. »Hübsch. Sehr hübsch. Sehr holländisch.«
    »Dazu hattest du kein Recht«, fauchte Floortje. Sie konnte nur hoffen, dass er nicht auch die rote Stoffblüte entdeckt hatte, die John Holtum ihr geschenkt hatte; tagsüber versteckte Floortje sie ganz hinten in einem Fach der Spiegelkonsole, wo sie sie jeden Abend hervorholte und über Nacht unter ihr Kopfkissen legte.
    Seine Augen wurden schmal, wirkten aber mehr amüsiert denn verärgert. »Ich habe jedes Recht über dich, Fleur. Ich muss doch wissen, wer da mit mir unter einem Dach lebt.«
    »Gib ihn mir zurück!«, schrie Floortje, stürzte vorwärts und griff nach dem Brief. »Der gehört mir! Ich will ihn wiederhaben!«
    Kian Gie schleuderte den Brief weit von sich, in den Raum hinein, ließ sich auf sie fallen und begrub sie unter sich. Sie schlug nach ihm, und er packte ihre Handgelenke und drückte sie auf die roten Laken hinunter, schob sich so zurecht, dass er rittlings auf ihr zu sitzen kam, während sie unter ihm tobte, zappelte und strampelte.
    »Wie schnell du doch immer noch zur Wildkatze werden kannst«, sagte er mit der Andeutung eines Lächelns. »Solange du’s nicht übertreibst, finde ich das reizvoll.« Das kaum sichtbare Lächeln verschwand, und in seinen Augen gloste es, als er den Druck seiner Hände verstärkte und sich auf Floortje so schwer machte, dass sie aufkeuchte. »Also übertreib’s nicht.«
    Halb schnaufend, halb schluchzend hielt Floortje still.
    Kian Gie beugte sich vor und fuhr mit der Zunge über ihren Hals. »Aufregend. Meine kleine, süße Fleur hat eine Mörderin zur Freundin.«
    »Du machst nur Spaß, oder?«, fragte sie ihn ängstlich. »Das stimmt nicht, dass sie im Gefängnis sitzt, richtig?«
    »Und ob. Beim feinen Contrôleur Beyerinck in Ketimbang. Hinter verschlossener Tür.« Kian Gie saugte an ihrer Halsbeuge und zog sanft mit den Zähnen an einer Hautpartie.
    Floortje stellte sich vor, wie Jacobina jetzt, in diesem Moment, in einem finsteren Verlies im Süden Sumatras saß. Wie schrecklich sie sich fühlen musste, nicht nur unschuldig eingesperrt zu sein, sondern auch noch unter einem solch schrecklichen Verdacht zu stehen. Gerade Jacobina, die Kinder so sehr liebte. Die Angst um sie zog wie ein Krampf durch Floortje hindurch und legte sich bleiern auf ihre Brust, und sie kniff die Augen zusammen, um nicht in Tränen auszubrechen.
    »Nie würde sie so etwas tun«, entfuhr es ihr mit einem Schluchzen.
    Als Kian Gies Mund sich von ihrem Hals löste, er sich auch sonst nicht mehr bewegte und nichts erwiderte, öffnete sie blinzelnd die Lider. Er sah sie nur an, einen schwer zu deutenden Ausdruck in den Augen. Beinahe liebevoll.
    »Natürlich war sie’s nicht«, sagte er nur, stieß sich von ihr ab und kniete vor der Kommode. Aus einer der Schubladen kramte er eine Zigarette hervor, zündete sie an und ließ sich mit dem Aschenbecher in der Hand im Schneidersitz neben Floortje nieder. Er schnippte mit den Fingern und deutete hinter sich, und Floortje beeilte sich, eines der Kissen zu nehmen

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