Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
Vom Netzwerk:
Jacobina, die nun unter Verdacht stand, Jeroen und Melati auf dem Gewissen zu haben. Es war von entsetzlicher Ironie, dass ausgerechnet sie sich unverschuldet in den Stricken verfangen hatte, die Jan und die de Jongs aneinanderbanden, und Furcht und Sorge hatten Jan dazu bewogen, heute Nachmittag van der Linden in seinem Arbeitszimmer aufzusuchen und ihn um Rat zu fragen; van der Linden war schon zwanzig Jahre hier, hatte die Mission hier auf Java aufgebaut, er kannte die Verhältnisse auf Java besser als Jan.
    Syphilis , hatte van der Linden schließlich gesagt, den Atem ausgeblasen und mit den Fingern der einen Hand auf die Schreibtischplatte getrommelt, während er sich mit der anderen den buschigen Vollbart kraulte. Das ist eine schwere Anschuldigung, die Sie da vorbringen, Molenaar, das ist Ihnen hoffentlich bewusst?
    Es war Jan bewusst, seitdem er sich bei zwei Anwälten in Batavia und einem in Buitenzorg nach den Bedingungen für eine mögliche Scheidung erkundigt hatte; damals, als Jeroen erst wenige Monate alt und Melati mit Vincents Kind schwanger gewesen war. Man warf einem Offizier der Königlich Niederländisch Indischen Armee nicht vor, seine Frau und vielleicht auch sein Kind mit Syphilis angesteckt zu haben. Eine solche Beschuldigung war eine Schande, nicht nur für die betreffenden Personen, sondern auch für die Armee und die ganze Gesellschaft; sie wog schwerer als Unzucht, als Geldbetrug oder häusliche Gewalt. Eine Schande, die auf Griet zurückfallen und sie als Aussätzige brandmarkten würde, wahrscheinlich sogar als Ehebrecherin – denn waren es nicht meistens die Frauen, die die Krankheit weitertrugen?
    Sie werden weder sich noch unserer Gesellschaft einen Gefallen tun, wenn Sie sich damit an die Behörden wenden, Molenaar. Noch dazu mit etwas, das Ihnen im Vertrauen erzählt wurde. Sie wissen, wir Missionare stehen ganz unten in der kolonialen Hackordnung.
    Jan lehnte sich zurück und streckte die Beine von sich; mit beiden Händen fuhr er sich durch das Haar, bis es in alle Richtungen abstand, und verschränkte dann die Finger hinter dem Kopf. Der Vogel schrie weiter heiser in die Nacht hinaus, im Flug, wie es schien, denn seine Rufe näherten sich und entfernten sich wieder. Ein unheimlicher, ein bedrohlicher Laut, so kam es ihm heute vor, fast wie das Krächzen einer Krähe, nur dunkler und voller.
    Natürlich hat er die junge Dame unter Arrest gestellt – hätte er sie dort lassen sollen? Messen Sie dem nicht allzu viel Bedeutung bei. Ich kenne Beyerinck nur vom Hörensagen, aber er scheint ein wenig … nun, übereifrig. Er ist jung, er muss sich seine Sporen im Dienst erst noch verdienen, und vor allem will er sicher schnell fort aus Ketimbang. Meiner Einschätzung nach wird es nie zu einem Prozess kommen, so bedauerlich der Tod des Kindes auch sein mag.
    Etwas zu klein, etwas zu leicht kam Jeroen zur Welt, aber gesund, wie ein Neugeborenes nur sein kann. Die Angst jedoch blieb. Auch als Ida sich ankündigte und geboren wurde. Wie eine böse Fee, die am Rand der Wiege darauf lauert, sich ein Kind zu holen, lag der bedrohliche Schatten der Krankheit auf dem Haus am Koningsplein. Ängstlich wachte Griet über Jeroen und Ida; bei jedem Kopfweh, jedem Gliederschmerz geriet sie in helle Panik und rannte zum Arzt, zu demselben vertrauenswürdigen Arzt, der damals die Syphilis bei ihr festgestellt hatte. Manchmal jedoch ruhte ihr Blick mit einer gewissen Furcht auf den Kindern, als hätte sie Wechselbälger vor sich, und oft entwand sie sich ihren drängenden Zärtlichkeiten, als wäre ihr zu viel Nähe ein Gräuel. Und in all der Zeit hielten Griet und Vincent zwischen Galadiners, den Bällen, Militärparaden und Gästen zur rijsttafel die glänzende Fassade aufrecht. Mit einer Ehe, die einem geheimen Pakt glich, mit Jan als Mitverschwörer; eine Ehe, in Liebe und Leidenschaft geschlossen, die stürmisch und wechselhaft war. Die Krankheit und die Sorge um die Kinder fesselten sie aneinander und ließen die Leidenschaft noch höher lodern. In einem Leben, das einem wilden Tanz auf dem Vulkan glich, einem Vulkan, der jederzeit ausbrechen konnte.
    »Griet, was hast du getan?«, entfuhr es Jan. Er löste die Finger aus seinem Nacken und rieb sich stöhnend über das Gesicht.
    Ich dachte, ich sei geheilt , hatte sich auch Vincent ihm anvertraut, über einem Glas Hochprozentigem und einem Zigarillo. Ich habe mich mit Quecksilber behandeln lassen, danach waren alle Anzeichen weg, und der Arzt

Weitere Kostenlose Bücher