Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
anderen Hand ihr Gesäß.
»Wie lieb?«, wisperte Floortje, halb eifrig, halb auf der Hut.
Um seinen Mund zuckte es; er umfasste ihre Hüften und schob sie von sich, in Richtung seiner Knie, legte dann eine Hand auf ihren Scheitel und drückte ihren Kopf herunter in seinen Schoß.
»Bist du ein braves Mädchen?«, hörte sie ihn raunen.
»Ja«, hauchte sie, schloss die Augen und nahm ihn in ihrem Mund auf.
41
Liebster,
ich weiß nicht, wo ich anfangen soll – mir wird vorgeworfen, die Kinder und Melati mit Quecksilber vergiftet zu haben – deshalb wurde ich verhaftet und stehe unter Arrest, bei Herrn Beyerinck in Ketimbang. Du kennst mich, Du weißt, dass ich so etwas nie tun würde und auch keinen Grund dafür habe – aber ich weiß nicht, ob mir das Gericht glauben wird. Ob mir irgendjemand glauben wird, dass ich unschuldig bin. Kannst du kommen? Kannst Du mir helfen? Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Bitte, Jan, hilf mir!
Deine Jacobina
Die Lampe auf dem Schreibtisch zirkelte einen Lichtfleck in die Dunkelheit des Raums, pudrig wie Blütenstaub durch die Feuchtigkeit, die in der Luft lag; der Überrest des abendlichen Regengusses, der den Boden getränkt und das Laub gewässert hatte und nun verdunstete. Draußen vor dem geöffneten Fenster schrillten die Zikaden, und ein Vogel stieß alle paar Herzschläge einen heiseren Schrei aus, immer aus einer anderen Richtung, als fände er keine Ruhe, um sich länger in einem bestimmten Baum niederzulassen.
Jan Molenaar indes saß bewegungslos an seinem Schreibtisch unter dem Fenster. Die hemdsärmeligen Ellenbogen aufgestützt und die Wangen in den Handflächen vergraben, starrte er auf Jacobinas Brief, der ihn heute erreicht hatte.
Er hatte immer gewusst, dass es sie eines Tages einholen und in den Abgrund reißen würde. Das Geheimnis, das Vincent und Griet miteinander verband. Das Geheimnis, das sie mit ihm, Jan, geteilt hatten, erst Griet, dann Vincent, und das Versprechen, das er ihnen gegeben hatte. Aus Liebe zu Griet. Aus Freundschaft zu Vincent. Für die Kinder.
Es war immer nur eine Frage der Zeit gewesen, die Vincent und Griet noch blieb, bis das tickende Uhrwerk des Unheils in ihren Körpern abgelaufen sein würde, zehn, fünfzehn Jahre, vielleicht auch ein wenig mehr. Bis die Glocke weithin schrillte und ihre Schande lauthals verkündete. Mit etwas Glück würde der Tod sie vorzeitig holen, bevor der große Makel sichtbar wurde. Mit etwas mehr Glück würden sie noch ihre Kinder aufwachsen sehen; Kinder, die vielleicht verschont blieben, so es Gott gefiel. Die nicht bezahlen mussten für die Sünden ihres Vaters.
Jan Molenaar dachte an Jeroen, und seine Augen wurden feucht. Jeroen, den er schon gekannt hatte, bevor er geboren worden war. Der seine Mutter, an sich schon eine berückend schöne Frau, wie mit einer goldenen Aura umgab, während sie ihn in sich trug, und ihre Augen leuchten ließ wie blaue Sterne, schon dann, als man noch kaum sah, dass sie ein Kind erwartete, und auch dann noch, als sich ihr Bauch mächtig vorwölbte. Noch im Mutterleib hatte er mit Jeroen Freundschaft geschlossen, im Garten am Koningsplein. Manchmal hatte Griet seine Hand genommen und auf ihren stetig wachsenden Bauch unter dem dünnen Stoff der Kebaya gelegt, sodass er das Kind spüren konnte, wie es sich regte und boxte und trat, und er sich beinahe wie ein werdender Vater fühlte. Aber auch immer häufiger waren Griets Augen ins Leere gewandert, und ein Schatten hatte sich über ihre feinen Züge gelegt, der Jan bedrückte. Ich habe Angst , hatte sie ihm eines Tages zögerlich anvertraut. Nein, nicht vor der Geburt an sich. Das schaffe ich schon. Bis es aus ihr herausgebrochen war. Er hat mich angesteckt, Jan, er hat mich mit Syphilis angesteckt. Gleich nach der Hochzeit. Ich war sonst mit keinem Mann zusammen, noch nie. Vincent hat mich angesteckt, und ich habe solche Angst um mein Kind. Weinend war sie in Jans Armen zusammengebrochen. Niemand darf das je erfahren, hörst du? , hatte sie ihm später aus tränennassen Augen zugeflüstert. Niemand! Das würde uns zu Aussätzigen machen. Uns und unser Kind. Er hatte es versprochen, bei allem, was ihm heilig war. Griet zuliebe.
Griet hatte damals seine Sinne betört und seine Begehrlichkeit geweckt; er hatte sie vergöttert und den Boden angebetet, auf dem sie ging, vielleicht, weil er genau wusste, dass er sie niemals haben konnte. Jacobina jedoch war die Frau, mit der er sein Leben verbringen wollte.
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