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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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wie Herr Aarens, die fürs Erste in der Nähe des Hafens unterkamen wie in der Stadsherberg . So nett Floortje Herrn Aarens auch fand, so hoffte sie doch inständig, er würde ihr hier nicht seine Aufwartung machen; ein Mann, der für sie nicht in Frage kam, ihr aber womöglich wie ein Schatten folgte, passte nicht in ihre Pläne.
    Auf der Veranda gegenüber saß ein älterer Herr und las in einer Ausgabe des Java Bode , eine altmodische Meerschaumpfeife in den Mundwinkel geklemmt; am Nachbartisch brüteten zwei nur unwesentlich jüngere Männer über dem nächsten Zug auf dem Schachbrett und sogen dabei gedankenvoll an ihren Zigarren, ein Glas Hochprozentiges in der Hand. Floortje fand es lustig, dass die Herren fast den ganzen Tag locker fallende Anzüge aus dünnen Stoffen trugen, die Pyjamas ähnelten, die wenigen Damen Wickelröcke und leichte Blusen und entweder barfuss gingen oder Sandalen oder Pantoffeln trugen. Sie selbst sah jedoch keinen Grund, dieser legeren Mode nachzueifern, und sie genoss die neidischen Blicke der Damen und die bewundernden der Herren, wenn sie in ihren pastellfarbenen oder weißen Sommerkleidern an ihnen vorüberging, in denen sie an eine zarte Blüte in der Sommerbrise erinnerte.
    Im Stillen amüsierte sie sich köstlich bei der Vorstellung, was wohl die Bürger von Sneek, bei denen schon ein schiefer Kragen oder ein lose herabhängendes Schleifenband Stirnrunzeln hervorrief, von der legeren Mode Ostindiens halten würden, und jedes Mal aufs Neue genoss sie das Gefühl des Triumphs, dass die Hoekstras, Rijnders und Dijkstras das alles hier niemals zu Gesicht bekommen würden. Während sie, Floortje, es hierher geschafft hatte und es noch viel weiter bringen wollte. Weiter als irgendwer in Sneek mit seinen giebeligen Backsteinhäuschen und den weißen Spitzengardinen, hinter denen es sich so vortrefflich hervorspähen und tuscheln ließ, es Floortje Dressen je zugetraut oder gar gegönnt hätte.
    Die ersten Tage hatte Floortje nur damit verbracht, zu essen und zu schlafen, all die Spuren der Reise von sich abzuschütteln und wegzuwaschen und sich von einer Einheimischen den Rücken durchkneten zu lassen. Heute, mit dem gebührenden zeitlichen Abstand, hatte sie auf dem feinen Briefpapier des Hotels an die Ter Steeges, Verbrugges und Rosendaals geschrieben, sich für ihre Gesellschaft während der Reise bedankt und zwischen den Zeilen einfließen lassen, wie gern sie sie wiedersehen würde. Und nach einem Besuch des Friseurs, der in einem Bungalow ein paar Schritte neben dem Empfangshaus untergebracht war und ihr das Haar zu einem Bouquet zierlicher Kringel und Schlaufen aufgesteckt hatte, tat Floortje das, was sie am besten konnte: gut aussehen.
    Sie stellte die Untertasse auf den Tisch neben sich, nahm stattdessen ihren Fächer zur Hand und lehnte sich zurück, und während sie sich zufächelte, ließ sie den Schaukelstuhl sanft vor und zurück wippen und schloss mit einem wohligen Seufzen die Augen.
    Ihrer Tante dafür dankbar zu sein, dass sie ihr an jenem Tag aufgetragen hatte, die Fenster zu putzen, wäre Floortje zu weit gegangen; schließlich hatte sie sie andauernd Fenster putzen, Böden schrubben und Besteck und Lampen polieren lassen, um ihr die Eitelkeit und den Stolz auszutreiben. Damit Floortje Buße tat für ihre Sünden und Reue lernte und nie wieder auf dumme Gedanken kam. Dennoch war es das Beste, was Tante Cokkie jemals für sie getan hatte, ihr Eimer, Lappen und einen Stapel alter Zeitungen in die Hand zu drücken und sie an die Arbeit zu schicken. Floortje hatte gerade einen der Zeitungsbögen zerknüllt, um das feuchte Glas damit abzureiben, als ihr Blick auf die Ecke einer Zeichnung fiel, ein Stück einer baumbestandenen hügeligen Landschaft, hinter der sich hohe Berge erhoben, dann auf den Textausschnitt daneben. Vorsichtig hatte sie das Knäuel wieder auseinandergezogen und die Zeilen überflogen; langsam hatte sie sich dann auf dem Boden niedergelassen und die Zeitungsseite glattgestrichen, während sie wieder und wieder den Artikel las und sich das Bild besah. Es ging um einen Niederländer, der als einer der Ersten auf Java Land von den Einheimischen gepachtet hatte, um eine Plantage darauf anzulegen. Rund vierzig Jahre lang waren die Bauern Javas nach Anweisung der Kolonialverwaltung verpflichtet gewesen, ein Fünftel ihres Bodens mit Indigo oder Zuckerrohr statt mit Reis zu bepflanzen und den Ertrag anstelle einer Pacht abzuliefern; wer kein Land besaß,

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