Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
bringt die Stellung meines Mannes mit sich. Und wir haben auch oft Gäste. Wir dachten nur, heute würde der Abend zu lang für Sie mit einem so ausgiebigen Dinner. Sie sind bestimmt sehr müde nach der langen Reise.«
Der Major hob sein Champagnerglas und sah Jacobina an. »Noch einmal in aller Form: Willkommen in unserem Haus, Fräulein van der Beek.« Seine harten Züge entspannten sich ein wenig, und auch seine durchdringenden Augen zeigten sich milder. »Schön, dass Sie bei uns sind.«
Jacobina stand am Fenster ihres Zimmers und sah in die Nacht hinaus. Ihre Lider waren schwer, und obwohl die feuchte Hitze des Tages kaum nachgelassen hatte, fröstelte sie vor Müdigkeit, aber sie konnte sich nicht von diesem Anblick lösen. Pudrig drang der Lichtschimmer der Lampen von der Veranda herauf und dämpfte das Funkeln der Sterne, und finster zeichneten sich die Umrisse der Bäume gegen den tintendunklen Himmel ab. Hier war die Nacht nicht geräuschlos und tot wie in Amsterdam; hier war sie lebendig, erfüllt von einem fortwährenden Rascheln und Knistern, dem ausgedünnten Zikadenklang und den heiseren Schreien eines Vogels, unheimlich, aber nicht bedrohlich. Egg-eu. Das seltsame Geräusch ließ sie aufhorchen, doch sie war zu ermattet, um wirklich zu erschrecken. Egg-eu . Es kam aus ihrer unmittelbaren Nähe. Egg-eu. Aufmerksam ließ sie die Augen durch den Raum wandern. Ein kleiner Schatten huschte über die Wand, auf die Zimmerdecke zu, und als könnte er fühlen, dass Jacobina ihn erspäht hatte, erstarrte er plötzlich. Sie betrachtete die graue Echse, vom Kopf bis zur Schwanzspitze nicht länger als die Spanne zwischen Daumen und kleinem Finger, die regungslos an der Mauer klebte, und Jacobinas Mundwinkel bogen sich aufwärts.
Mit verschränkten Armen lehnte sie sich wieder an den Fensterrahmen. Die Luft war schwer und balsamisch, berauschend wie eine Droge und stärker noch als der perlende Champagner, der ihr so schnell zu Kopf gestiegen war. Wie in einem Märchen kam sie sich vor oder wie in einem Roman, und das Wissen, dass das hier, dieser Anblick, die Stimmung, diese Nacht wirklich und wahrhaftig waren, machte sie auf eine stille Weise einfach glücklich.
10
»Haben Sie vielen Dank.« Floortje lächelte dem Kellner in seiner weißen Uniform zu, der ihr im Schatten der Veranda den Tee servierte; freundlich, aber nicht zu strahlend, sie wollte es nicht übertreiben. Der Kellner erwiderte ihr Lächeln geschäftsmäßig, murmelte ein paar höfliche Worte und zog sich dann wieder in seinen Winkel neben der Tür zurück, um mit aufmerksamer Miene bereitzustehen, sollte einer der Gäste etwas wünschen.
Floortje setzte sich im Schaukelstuhl aufrecht hin, kreuzte geziert die Knöchel und zupfte am Rock ihres leichten, cremehellen Sommerkleids herum, bis er sich duftig ausgebreitet hatte, bevor sie die Untertasse aufnahm, an ihrem Tee nippte und den Blick zufrieden durch den Innenhof des Hotels wandern ließ. Bungalows und das zweigeschossige Haupthaus gruppierten sich um den luftigen, unbefestigten Platz, und hohe Bäume beschatteten ihn an den Rändern. Den Kuppelbau des artesischen Frischwasserbrunnens umgab eine niedrige, akkurat in Form gestutzte Buchsbaumhecke, und überall sorgten Blumenkübel für Farbtupfer und Topfpalmen für eine zusätzliche exotische Note.
Das Hotel gefiel ihr mit seinen hübschen Zimmern, die eigentlich kleine Suiten waren, mit Bett und Waschgelegenheit im rückwärtigen, einem Tisch und Stühlen im vorderen Raum, der auf die Veranda führte. Sie mochte den großen, eleganten Speisesaal und dass das Personal die Gäste vornehm mit Mademoiselle , Madame und Monsieur ansprach. Sie liebte das Essen, das Frühstück mit starkem Kaffee, Eiern mit Speck, Toast und Obst, die rijsttafel zu Mittag, die Teestunde mit Sandwiches und Kuchen und das mehrgängige Menu am Abend und dass sie so oft in das Badehaus gehen und so lange schlafen konnte, wie sie wollte, und nachts die Lampe auf ihrem Nachttisch brennen lassen konnte, ohne dass sich jemand beschwerte. Es war ein kluger Schachzug gewesen, sich hier einzumieten und nicht im nobleren Hotel der Nederlanden , das als erstes Haus am Platz galt. Denn wer von weiter weg kam und geschäftlich in Batavia zu tun hatte, stieg hier, im Des Indes ab, das hatte sie schnell herausgefunden. Nur Ausländer und Touristen wohnten im Nederlanden , und die waren uninteressant für Floortje, ebenso wie die noch zur Sparsamkeit gezwungenen Pflanzer in spe
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