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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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für später«, raunte er heiser und legte die Karte zittrig neben die Teetasse. Floortje würdigte sie keines Blickes.
    »Kann ich das irgendwie wiedergutmachen?«, flüsterte er mit kläglicher Stimme. »Bitte?«
    Floortje reckte ihr Näschen in die Luft.
    »Hm«, Eduard van Tonder blies die Wangen auf und strich sich über die Brust, während er überlegte. »Mit einem Abendessen vielleicht?«
    »Hören Sie«, erwiderte Floortje mit einem steifen Lächeln und ließ ihren Fächer zuschnappen, »Sie können doch nicht …«
    »Im Cavadino «, rief er mit einer schwungvollen Geste aus. »Ein sehr feines Restaurant im gleichnamigen Hotel mit vorzüglicher Küche. Was halten Sie davon?«
    »Eigentlich …«, setzte Floortje an.
    »Bitte«, sagte er leise und mit Nachdruck. »Ich möchte das so gerne wiedergutmachen. Ich habe mir wirklich nichts Unehrenhaftes dabei gedacht. Ich habe Sie hier sitzen sehen und wollte Sie einfach nur kennenlernen.« Als Floortje mit gesenktem Kopf schwieg, ihre Lider mit den langen Wimpern aber auf und ab flatterten, fügte er hoffnungsvoll hinzu: »Gestehen Sie mir wenigstens zu, es zu versuchen.«
    Floortje seufzte tief auf und sah ihn mit halb gelangweilter, halb nachsichtiger Miene an. »Also schön. Meinetwegen. Wenn Ihnen so viel daran liegt …«

11
    Batavia, den 30. August 1882
    Sehr geehrter Herr Vater,
    verehrte Frau Mutter,
    ich bitte um Nachsicht, dass ich nach den wenigen Zeilen, mit denen ich Sie im Juni von meiner sicheren und gesunden Ankunft hier in Kenntnis setzte, bis heute nichts mehr von mir hören ließ. Auch wenn es nach einer Ausrede klingt, entspricht es doch der Wahrheit, dass die Tage in den Tropen sehr kurz sind, und meine sind überdies mit meinen Aufgaben als Lehrerin und Gouvernante ausgefüllt. Aufgaben, die mir große Freude bereiten, denn meine beiden Zöglinge haben sich nicht nur als äußerst wissbegierig und lernfreudig herausgestellt, sondern darüber hinaus auch als überaus liebenswert und brav.
    Hier ist doch vieles anders als bei uns im Amsterdam. Nicht nur das Klima und die Landschaft, sondern auch die ganze Lebensart. Nach der einen oder anderen Anfangsschwierigkeit, die allein mir anzulasten gewesen war, vermag ich doch schon die Behauptung aufzustellen, mich hier sehr gut eingelebt zu haben, und es wird Sie sicher freuen, dass Frau de Jong und der Herr Major sehr zufrieden mit meiner Arbeit und meinem Betragen sind.
    Ich hoffe, Sie beide befinden sich bei guter Gesundheit und sind auch sonst wohlauf.
    Meine besten Wünsche auch an Martin und Henrik mit Tine.
    Die herzlichsten Grüße aus der Fremde übersendet Ihnen Ihre ergebene Tochter
    Jacobina van der Beek
    Die Zeilen, die Jacobina nach Amsterdam schrieb, kamen ihr selbst dürftig und steif vor. Sie waren jedoch in Aussage und Wortwahl genau das, was ihre Eltern von ihr erwarteten, und noch vor drei Monaten hätte Jacobina diesen Brief gehorsam verfasst, ohne weiter darüber nachzudenken, was sie da schrieb – und wie wenig diese Worte dem entsprachen, was sie jeden Tag umgab, was sie erlebte, was sie beschäftigte und was sie dachte und fühlte.
    Man schrieb Julius und Bertha van der Beek einfach nicht von roten Pusteln, die sich nach ein paar Tagen in diesem schweißtreibenden Klima auf Jacobinas Gesicht und Hals gebildet hatten, bis Endah, die sich auch um Haut und Haar von Frau de Jong kümmerte, sich mit verschiedenen Tinkturen und Salben ihrer angenommen hatte, mit dem Ergebnis, dass Jacobinas Haut zarter und klarer wirkte als früher und nach Blüten und Gewürzen duftete. Und genauso wenig konnte sie darüber berichten, dass sich ihr Gaumen zwar nach und nach an Chili und viel Pfeffer, an Ingwer, Kurkuma und Zitronengras gewöhnte, Magen und Darm aber zwischendurch heftig gegen die fremde Küche rebelliert hatten, sodass Jacobina schon geglaubt hatte, sie leide an der Ruhr und müsse sterben.
    Um keinen Preis hätte sie zugegeben, wie es sich für sie, die sie ohnehin so großgewachsen war, anfühlte, den ganzen Tag von Dienstboten umgeben zu sein, die ihr noch nicht einmal bis zur Schulter reichten. Wie eine schwerfällige Riesin unter lauter flinken Elfenwesen kam sie sich vor, zwischen all den Frauen und Mädchen, die auf eine fremdartige Weise besonders schön waren mit ihrer honigbraunen Haut, den dunklen Mandelaugen und dem lackschwarzen Haar. Deren fein gezeichneten, mädchenhaften Zügen auch ein fortgeschritteneres Lebensalter kaum etwas anhaben konnte, die sich so

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