Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
einen inneren Widerstand überwinden, und fuhr dann kleinlaut fort: »Zuerst fand ich, ich könnte dir erst wieder gegenübertreten, wenn ich etwas vorzuweisen hätte. Wenn ich sagen könnte, hier, schau, der Anfang ist gemacht, das habe ich schon mal geschafft. Dann war ich dauernd unterwegs und danach … danach dachte ich mir schon irgendwie, dass du das nicht gutheißen würdest.«
Jacobina fuhr mit einem Finger über das Reliefmuster der Teetasse, einmal mehr überrascht und angerührt davon, dass Floortje genauso von Unsicherheiten und Zweifel geplagt war wie sie selbst. »Entschuldige«, flüsterte sie dann beklommen. »Ich wollte dir keineswegs etwas unterstellen.«
»Da ist nichts dabei«, beteuerte Floortje nachdrücklich. »Wirklich nicht! Sie sind einfach glücklich, wenn sie mir eine Freude machen können. Und wenn sie sich ein bisschen Hoffnungen machen können.« Beinahe trotzig setzte sie hinzu: »Das ist hier nicht so wie bei uns in den Niederlanden!«
»Ich weiß, dass hier vieles anders ist, und es geht mich im Grunde auch nichts an«, erwiderte Jacobina leise. »Sei nur bitte vorsichtig und pass auf dich auf, ja?«
Floortje lächelte. »Das mache ich, keine Sorge!« Sie nahm ihre Tasse wieder zur Hand. »Jetzt erzähl du! Wie ist es dir ergangen?«
Gebannt hörte sie zu, während Jacobina ihr das Haus am Koningsplein Oost und ihr Leben mit den de Jongs beschrieb; Jacobina brachte es sogar über sich, von ihren Missgeschicken zu erzählen und mit Floortje über die verfaulten Blüten zu lachen.
»Schön«, stellte Floortje schließlich fest und sah Jacobina zufrieden an. Ihr Blick flackerte und blieb dann unter zusammengezogenen Brauen auf Jacobinas Gesicht liegen. »Irgendwas ist anders an dir.«
Jacobina strich mit den Fingerrücken über ihre schweißfeuchte Schläfe. »Meine Haare sind heller, seit …«
»Nein, das meine ich nicht.« Jacobina wand sich unter Floortjes musternden Blicken. »Warte«, meinte diese mit einer ungeduldigen Handbewegung, »ich komm gleich drauf … Ich hab’s! Du hast jemanden kennengelernt!« Begeistert strahlte sie Jacobina an. »Stimmt’s?«
Jacobina errötete und senkte den Blick. Sie hatte Jan mit Absicht nicht erwähnt, es aber auch nicht vermeiden können, dass sie an ihn dachte, während sie über ihr neues Leben am Koningsplein sprach.
»Wirklich?«, rief Floortje so laut, dass die Herren gegenüber teils irritiert, teils amüsiert herübersahen. »Erzähl!«
»Da gibt’s nicht viel zu erzählen«, murmelte Jacobina und wischte sich einen nicht vorhandenen Krümel von ihrem dunkelblauen Rock. Unter halb gesenkten Lidern sah sie Floortje an und seufzte. »Er heißt Jan«, gab sie dem unausgesprochenen Drängen nach, das in Floortjes Augen aufblitzte. »Jan Molenaar. Er ist ein Freund der de Jongs und als Missionar in Buitenzorg tätig.«
»Ugh.« Floortje verzog das Gesicht. »Ein Missionar! Das klingt ja nicht sehr romantisch!«
Jacobina setzte zu einer Erwiderung an, machte den Mund dann aber wieder zu und schüttelte nur den Kopf. Und als sich ihre Blicke gleich darauf trafen, brachen sie in einstimmiges Lachen aus.
Gedankenverloren strich sich Floortje über die Wade und sah Jacobina an. »Du magst ihn sehr, oder?«
Jacobina ließ ihre Augen durch den Innenhof wandern und schwieg, während sie mit sich rang, ob sie das, was sie für Jan empfand, wirklich in Worte fassen und Floortje anvertrauen wollte. Schließlich nickte sie und sagte beinahe verschämt, als stünde es ihr nicht zu: »Ja. Ich mag ihn sehr.«
Floortje zog vergnügt ihre Nase kraus und sprang auf, sodass der Schaukelstuhl hinter ihr schwungvoll vor und zurück wippte. »Du brauchst was Neues zum Anziehen!«
Jacobina sah an sich herunter. »Aber ich hab doch …«
»Du bist zu jung, um wie eine Matrone herumzulaufen – vor allem, wenn ein Mann im Spiel ist!« Floortje nahm Jacobinas Hand und zerrte an ihr. »Los, komm! Wir gehen dir was Hübsches kaufen, und unterwegs erzählst du mir mehr von Jan Molenaar! Ich will alles wissen!«
Am liebsten hätte Jacobina wieder kehrtgemacht, als ihnen der Fahrer aus dem hoteleigenen sado half. Umso mehr, als zwei Damen, augenscheinlich Mutter und Tochter, gerade unter vergnügtem Geplauder aus dem mit Maison de Rouffignac überschriebenen Haus unter Tamarinden und Feigenbäumen traten und sich im Schatten unter den Markisen die im Schaufenster ausgestellten Hüte besahen. In ihren hellen Kleidern und mit den flotten Hütchen
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