Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
hier?«
Jacobinas Blick blieb an dem jadegrünen Stoff hängen, der mit winzigen Blütenzweigen in hellem Rosé und kleinen Vögeln in Grau und Braun bedruckt war. Behutsam strich sie mit den Fingerspitzen über das Material, das fein und leicht war wie das Gewebe einer Kebaya, und ein begehrliches Kribbeln durchzog sie. Ob sie Jan darin gefiel?
»Meinst du, das steht mir?«, fragte sie hoffnungsvoll.
Wortlos lächelnd legte Floortje ihr den Stoff über die Schulter, zupfte ihn über ihrer Brust zurecht und griff zu dem Handspiegel auf dem Tisch, um ihn Jacobina entgegenzuhalten. Zögerlich betrachtete sich Jacobina im Spiegel. Vielleicht war es Einbildung, aber sie fand, dass diese Farben ihre Züge etwas weicher zeichneten und ihren Augen mehr Tiefe und Glanz verliehen.
»Danke«, flüsterte sie Floortje zu, und die kicherte nur glücklich in sich hinein.
Letztlich entschied sich Jacobina auf Floortjes Drängen hin noch für einen cremehellen Musselin mit grünen Ranken, und mutig geworden wählte sie noch einen olivgrünen Baumwollstoff mit einem filigranen Phantasiemuster in Weinrot, weil ihr die Farben so gut gefielen.
»Wenn Mademoiselle möchten, können Sie nächste Woche zur ersten Anprobe kommen«, erklärte Herr Bomberger zufrieden, während er am Geschäftstresen das Auftragsformular ausfüllte. »Ah«, rief er angesichts der Adresse aus, die Jacobina ihm diktierte, »Sie gehören zu Madame de Jong! Sehr gute Kundin von uns. Bildschön und immer noch eine Figur wie ein junges Mädchen! Bitte, bestellen Sie ihr doch beste Grüße von Herrn Bomberger! – Mademoiselle Floortje, was kann ich Ihnen zeigen?«
Er eilte hinter dem Tresen hervor und öffnete die Vitrine, und mit einem Hut, den sie auf beiden Händen vor sich hertrug, trat Floortje lächelnd zu Jacobina. »Nimm den Strohhut ab!«
»Nein, Floortje, den kann ich unmöglich …«
»Nun mach schon!«
Seufzend setzte Jacobina ihren Hut ab und ging ein wenig in die Knie. Geschickt platzierte Floortje den anderen Hut auf Jacobinas Kopf und rückte ihn zurecht. »Und jetzt schau dich an.«
Prüfend betrachtete sich Jacobina im Spiegel und drehte den Kopf vorsichtig hin und her. Es war wirklich ein schöner Hut, flach und mit einer breiten Krempe, in fast demselben Grün wie das Stoffmuster, und das Band und die zarten Federn und Blüten daran waren braun und rosé.
»Was kost…« Jacobina verstummte abrupt, als Floortjes Ellenbogen sie in der Seite traf.
»Nicht nach dem Preis fragen«, zischelte sie. Floortje stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihr zu: »Du bist es wert.«
Jacobinas Augen füllten sich mit Tränen; noch nie hatte jemand so etwas zu ihr gesagt, und das Leuchten in Floortjes Augen rührte sie zusätzlich.
»Wenn Sie bitte schauen möchten, Mademoiselle Floortje – wäre der hier nichts für Sie?«
Floortje klatschte verzückt in die Hände. »Ist der süß! Ach, Herr Bomberger, der ist hinreißend!«
Hastig wandte sich Jacobina um und nahm den Hut ab; mit dem Fingerknöchel wischte sie sich verstohlen über die Augen und atmete ein paar Mal tief durch, bis sie sich wieder gefangen hatte.
Mit einem sehnsüchtigen Seufzer nahm Floortje das Hütchen entgegen, das Herr Bomberger ihr lächelnd präsentierte, ein zartes Gebilde in Meergrün und Weiß mit einem Wölkchen aus Tüll, und sie drängte sich neben Jacobina. »Lass mich mal kurz.«
Gekonnt setzte Floortje sich den Hut auf und verschob ihn mehrfach um jeweils eine Winzigkeit, während sie sich im Spiegel betrachtete, dann den Kopf hob und senkte und hin und her wandte, sich auf dem Absatz erst in die eine, dann die andere Richtung drehte und ihrem Spiegelbild über die Schulter hinweg Blicke zuwarf. »Ent-zück-end«, murmelte sie vor sich hin. »Der ist wie für mich gemacht.« Sie nickte Herrn Bomberger zu. »Den nehm ich!«
»Sehr wohl, Mademoiselle Floortje! Rechnung an …« Er machte eine fragende Pause.
»An Herrn van Tonder, bitte!« Sie setzte den Hut ab und fasste Jacobina bei der Hand. »So, und jetzt müssen wir noch Schuhe kaufen!«
15
Wie ein Band heller Perlen liefen die schummrigen Lichtkreise der Gaslampen den Molenvliet entlang, warfen ihren milden Schein auf die Hausfassaden und schnitten die Umrisse von Laubkronen, Palmfächern und exotischen Sträuchern aus der Dunkelheit. Als kleine leuchtende Flecken zogen die Laternen der Kutschen vorüber, von denen selbst zu dieser späten Stunde noch viele unterwegs waren, und in der Ferne
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