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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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sprach gerade mit ihren Grünpflanzen.
       »Ich komme von den Toiletten im Hof. Ein Graffito erwähnt den Namen Manon Simonis.«
       »Ein Graffito? In den Toiletten?«
       »Was bezwecken Sie mit dieser Lüge?«
       »Können Sie sich das vorstellen? Seit zehn Jahren beantrage ich Gelder für die Renovierung der …«
       »Warum haben Sie mich angelogen?«
       »Ich … ich habe einen Anruf erhalten. Man hat mir Ihr Kommen angekündigt.«
       »Wer?«
       »Ein Gendarm. Zunächst hab ich nichts verstanden, aber dann hat er mir von einem hochgewachsenen Polizisten erzählt, der sich für Manon interessiere. Er hat mich aufgefordert, Sie kalt abzuwimmeln.«
       Die Antwort beruhigte mich. Wie ich es erwartet hatte, versuchte mir Sarrazin zuvorzukommen.
       »Setzen Sie sich«, forderte ich sie auf. »Es dauert nur ein paar Minuten.«
       »Ich muss mich um die Pflanzen kümmern. Ich antworte lieber im Stehen.«
       »Ich mache Capitaine Sarrazin keine Vorwürfe«, sagte ich ruhiger. »Der Fall Simonis ist heikel.«
       »Kommen Sie aus Paris?«
       Ich spürte, dass sie reif war für das Märchen, das ich bereits Marilyne Rosarias aufgetischt hatte.
       »Wenn Ermittlungen sensible Sachverhalte zutage fördern, wird unsere Dienststelle eingeschaltet. Sekten. Ritualverbrechen. Die gewöhnlichen Ermittler mögen es nicht, wenn wir unsere Nase in ihre Angelegenheiten stecken. Wir haben unsere eigenen Methoden.«
       »Ich verstehe. Sylvie Simonis wurde ermordet? Ist das amtlich?«
       »Dieser Todesfall lässt den ersten Mord in einem neuen Licht erscheinen«, meinte ich ausweichend.
       »Waren Sie schon Direktorin, als Manon die Schule besucht hat?«
       »Damals war ich eine einfache Lehrerin«, sagte sie. »Ich hatte sie sogar im vorletzten Jahr in der zweiten Grundschulklasse.«
       »Wie war sie?«
       »Lebendig, neckisch, fast … zu sehr. Ihr Naturell passte nicht zu ihrem Engelsgesicht.«
       »Ich habe geglaubt, Manon wäre ein schüchternes, zurückhaltendes Kind gewesen.«
       »Alle haben das geglaubt. In Wirklichkeit war sie undiszipliniert. Immer zu einem Streich aufgelegt. Manchmal sogar gefährlich.«
       »Gefährlich?«
       »Sie war mutig, ja sogar waghalsig.«
       Diese Enthüllung warf ein neues Licht auf die Umstände ihrer Entführung:
       »Ist es denkbar, dass sie mit einem Unbekannten mitgegangen wäre?«
       »Das habe ich nicht gesagt. Sie war auch sehr schüchtern.«
       »Wie würden Sie Manons Verhältnis zu Thomas Longhini beschreiben?«
       »Unzertrennlich.«
       »Zwischen beiden bestand ein Altersunterschied von fünf Jahren.«
       »Die Grundschule und die Realschule nutzen denselben Pausenhof. Und sie trafen sich in Les Corolles.«
       »Die Ermittler haben behauptet, dass Manon an jenem Abend nur mit Thomas mitgegangen sein könnte. Sehen Sie das genauso?«
       Sie zögerte, dann besprühte sie weiter die Pflanzen. Der zugleich frische und düstere Geruch feuchter Erde stieg auf. Ich dachte an das Totenreich, dessen Pforten sich eines Tages hinter jedem von uns schließen.
       »Sie waren eng befreundet, das ist sicher. Manon wäre Thomas ohne zu zögern gefolgt.«
       »Halten Sie das für wahrscheinlich?«
       »Vielleicht sind sie zusammen zur Kläranlage gegangen und haben sich ein Spiel ausgedacht, das ein böses Ende nahm, ja.«
       Ich musste diesen Thomas Longhini um jeden Preis finden. Ich fuhr fort:
       »Wie passen die Drohungen des anonymen Anrufers zu einem Unfall?«
       »Vielleicht ein Zufall. Sylvie Simonis hatte viele Feinde. Aber wozu das vierzehn Jahre später alles noch einmal aufrühren?«
       »Und haben Sie in der Schule keine seltsamen Anrufe erhalten?«
       »Doch, ein Mal. Ein Mann. Er hat mir gesagt, dass er ein Mordsding hätte und es mir tief reinrammen würde.«
       Ich zuckte zusammen: Madame Bohn hatte dies völlig teilnahmslos gesagt. Unverkennbar enttäuscht, fuhr sie fort:
       »Ich warte noch immer.«
       Ich war sprachlos. Sie sah mich verstohlen an und lächelte:
       »Entschuldigen Sie, das war ein Witz.«
       Ich wechselte das Thema:
       »Kennen Sie das Uhrenhaus?«
       »Natürlich. Sylvie war dort eingezogen.«
       »Kennen Sie seine Geschichte? Die Legende, die man sich über das Haus erzählt?«
       »Wie alle.«
       »In eine der Toilettenkabinen Ihrer Schule ist der Satz

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