Das Herz der Hoelle
Kippe anzuzünden, das wäre ein Frevel gewesen. Wieder trat Schweigen ein.
»Jetzt sind Sie dran. Wie weit sind Sie mit Ihren Ermittlungen?«
»In etwa am gleichen Punkt wie Sie.«
»Stimmen Sie meinen Schlussfolgerungen zu?«
»Was die Täterschaft der Mutter anlangt, folge ich Ihnen. Aber ich habe auch nicht mehr Beweise als Sie. Und ich habe die Ermittlungsakte nicht einsehen können. Ein Mord, der so lange zurückliegt, ist verjährt. Ich glaube, Richter de Witt hat die Akte vernichtet.«
»Weshalb?«
»Es ist zu spät, um ihn danach zu fragen. Er ist vor zwei Jahren gestorben.«
»Stimmen Sie zu, was den Mörder Sylvies anlangt?«
»Nein. Nicht Thomas Longhini. Unmöglich.«
Aus dem Klang seiner Stimme sprach unerschütterliche Gewissheit.
»Was wissen Sie darüber? Haben Sie ihn aufgespürt?«
»Ich habe ihn nie aus dem Blick verloren.«
»Wo ist er?«, schrie ich.
»Er sitzt vor Ihnen.«
Ich hatte das Gefühl, als klebte mir die Zunge im Mund fest.
»Ich bin Thomas Longhini. Ich hatte versprochen zurückzukommen, und ich bin zurückgekommen. Ich hatte versprochen, die Ermittlungen abzuschließen, und ich bin Gendarm geworden. Capitaine in Besançon. Nach dem Mord an Sylvie ist es mir gelungen, den Fall an mich zu ziehen.«
»Wissen die Leute hier, wer Sie sind?«
»Niemand weiß es.«
»Ich glaube Ihnen nicht. Ihre Geschichte ist unglaublich.«
»Der Tod Manons ist unglaublich. Ich habe mich nie damit abfinden können.«
»Waren Sie von Anfang an überzeugt, dass Sylvie ihre Tochter umgebracht hat?«
»Als Jugendlicher war ich mir sicher. Manon hatte Angst vor ihrer Mutter. Später hatte ich Zweifel. Jetzt bin ich wieder sicher.«
»Wer, glauben Sie, hat Sylvie ermordet?«
Er antwortete, ohne zu zögern:
»Der Teufel.«
Ich lächelte. Ich hatte keine Lust, mir noch so eine abergläubische Geschichte reinzuziehen. Aber Longhini-Sarrazin beugte sich zu mir rüber:
»Es gibt etwas, was Sie nicht wissen. Ein wesentliches Element zum Verständnis der Ereignisse. Manon war wirklich besessen. Der Teufel hatte sie auserwählt.«
Es war eine Verschwörung. Eine Verschwörung von Verrückten! Ich steckte meine Pistole ins Halfter und drückte den Türgriff:
»Ich habe genug gehört.«
Sarrazin verschloss meine Tür.
»Das ist der Kern der Geschichte. Sie sollten den Mumm haben, die Sache durchzuziehen!«
Mein Mund war ausgetrocknet. Die Zunge war geschwollen, und ich hatte ein pelziges Gefühl im Rachen.
»Ich war bei ihr, als sich all dies ereignet hat«, fuhr er fort. »Wir waren immer zusammen. Sie wurde zu einem anderen Wesen, einem Dämon.«
»Und jetzt ist der Teufel zurückgekommen, um sich zu rächen, wie?«
»Ich spreche nicht von einem Faun mit Widderkopf. Ich spreche von einer finsteren Macht, die sich eines menschlichen Werkzeugs bediente.«
»Und wer ist das?«
»Ich weiß es noch nicht. Aber ich werde ihn finden.«
»Welche Beweise haben Sie?«
»Es ist einfach. Der Teufel rächt sich immer auf die gleiche Weise. Es gab andere Morde, bei denen Insekten, Flechten, all dies eine Rolle spielte.«
»Nein. Ich habe das überprüfen lassen, und zwar für ganz Frankreich. Keine andere Person hat das gleiche Martyrium wie Sylvie Simonis durchgemacht. Kein anderer Mörder hat sein Opfer bei lebendigem Leibe mithilfe von Säuren und Insekten zersetzt.«
»In Frankreich nicht. Wohl aber in einem anderen Land.«
»Wo?«
»In Italien. Der Teufel hat in Italien zugeschlagen. In Catania auf Sizilien. Der Teufel kennt keine Grenzen.«
Sarrazin sprach so selbstsicher, dass mich erneut Zweifel überkamen. Ich sah kurz die Maske Pazuzus aufscheinen, doch dann kam ich wieder zur Vernunft. Es war möglich, dass sich ein Mörder für den Teufel hielt und in ganz Europa sein Unwesen trieb. Sarrazin fügte hinzu:
»Jedenfalls war Ihr Kumpel der gleichen Meinung wie ich.«
»Wer?«
»Luc Soubeyras.«
»Haben Sie ihn getroffen? Kennen Sie ihn?«
»Wir haben zusammengearbeitet. Aber er war nicht wie Sie. Er glaubte an den Teufel. Sie musste man zuerst einmal auf die Probe stellen. Aus diesem Grund habe ich Ihnen nicht geholfen.«
»Wie weit war Luc mit seinen Ermittlungen gediehen?«
»So
Weitere Kostenlose Bücher