Das Herz der Hoelle
ebenfalls ein Teufelssklave. Er tat sich mit den beiden anderen zusammen, um das kleine Mädchen zu verderben.«
Noch etwas, was mir entgangen war. Ich hatte von Anfang an geahnt, dass die drei unter einer Decke steckten, ohne es jedoch beweisen zu können. Der berühmte Lehrsatz der dreißig Prozent … Moraz, Cazeviel und Longhini hatten zu dritt und indirekt den Tod Manons verursacht. Aber ich war noch immer skeptisch:
»Im Jahr 1988«, fuhr ich fort, »war Thomas Longhini dreizehn Jahre alt. Er war Schüler. Moraz war Uhrmacher, Cazeviel Schrotthändler. Wie haben sie sich kennengelernt?«
»Sie haben nicht tief genug in ihrer Vergangenheit gegraben. Richard Moraz war nicht nur Uhrmacher, er war auch Sammler und Hehler. So hat er die Bekanntschaft Cazeviels gemacht, der ihm gestohlene Sachen weiterverkaufte.«
»Und Thomas?«
»Thomas war ein Perverser, ein Lüstling. Es erregte ihn, nachts bei Leuten einzudringen und sie zu beobachten. Oder ihnen ihre Nippsachen zu klauen. Auf diese Weise hat er Moraz kennengelernt. Er verkaufte ihm die entwendeten Gegenstände.«
Moraz, Cazeviel, Longhini: Drei Nachteulen, die sich über Diebstähle und nächtliche Einbrüche in fremde Wohnungen angefreundet hatten. Später hatten sie ein weiteres gemeinsames Interesse entdeckt: den Teufelskult.
Ich konnte mir das Weitere vorstellen. Thomas Longhini hatte Manon im Lauf der Monate lieb gewonnen und wollte sie nicht korrumpieren. Er hatte Angst bekommen. Er hatte mit seinen Eltern und dann mit dem Psychiater Ali Azoun gesprochen, ohne indes die ganze Wahrheit preiszugeben. Er sprach in Andeutungen, aber das Wichtigste hatte ich verstanden. Longhini wollte, dass Manon nicht länger verhext wurde. Was als ein perfides Spiel begonnen hatte – die Korrumpierung des Kindes –, wurde gefährlich. Manon verhielt sich wirklich wie eine Besessene. Und ihre Mutter, der die Kontrolle über die Kleine vollkommen entglitten war, war bereit, sie zu vernichten.
»Wenn ich Sie recht verstehe«, fuhr ich fort, »haben die drei Komplizen erst in diesem Sommer erfahren, dass Manon noch lebt. Sie hielten es für möglich, dass sie eine Lichtlose war. Ein Mensch, der sein Leben dem Teufel verdankt. Und damit ein Wesen, das sie in höchstem Maße interessierte.«
»Ganz genau. Allerdings war Manon zwischenzeitlich verschwunden. Entweder sie spürte die Bedrohung, die von diesen Fanatikern ausging, oder sie fürchtete den Mörder ihrer Mutter.«
Nebenbei bemerkte ich, dass Zamorski Manon nicht als Täterin in Betracht zog. Das erleichterte mich aus unerfindlichen Gründen. Ich wünschte mir bereits, dass Manon nichts mit den Verbrechen zu tun hatte.
Ansonsten deckten sich meine Erkenntnisse mit diesen Tatsachen. Wie ich war auch das Trio hinter Manon her. Moraz und Cazeviel hatten beschlossen, mich auszuschalten, damit ich sie nicht vor ihnen fand. Longhini alias Sarrazin dagegen hatte den Entschluss gefasst, sich mit mir zu verbünden. Warum? Wollte er mich umbringen, nachdem ich meine Aufgabe erfüllt hatte? Oder zählte er auf mich, um andere Lichtlose aufzuspüren?
Ich kehrte zum wesentlichen Punkt zurück. Wusste Zamorski, wo sich Manon versteckte? Die Frage brannte mir auf den Lippen, aber ich wollte diesem möglichen Partner zunächst auf den Zahn fühlen:
»Wozu erzählen Sie mir das alles?«
»Ich habe Ihnen schon gesagt, dass mich Ihre Erkenntnisse interessieren.«
»Sie scheinen mehr zu wissen als ich.«
»Über den Fall Simonis. Aber es gibt noch andere Aspekte in dieser Sache.«
»Agostina Gedda?«
»Zum Beispiel. Wir wissen, dass Sie sie in Malaspina befragt haben. Wir möchten ein Protokoll ihrer Aussage.«
»Van Dieterling arbeitet also nicht mit Ihnen zusammen?«
»Ich sage Ihnen noch einmal, dass wir unterschiedliche Sichtweisen des Problems haben. Er hat Sie in der Römischen Kurie empfangen. Innerhalb der Apostolischen Bibliothek des Vatikans gibt es höchst bedeutende Archive, die seiner Kontrolle unterliegen. Dokumente, die Sie eingesehen haben.«
Der Kardinal hatte mir keine Kopien überlassen, dennoch beschloss ich, es mit einem Bluff zu versuchen:
»Es stimmt, dass ich im Besitz von Schriftstücken bin, die Ihnen wichtige neue Aufschlüsse geben könnten. Aber Sie? Was haben Sie für mich? Die Enthüllung der Existenz der Teufelssklaven reicht nicht aus. Früher oder später
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