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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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mich mit einem lebhaften »Hallo«. Kaum dass er meine Stimme erkannt hatte, brüllte er los:
       »Was treibst du denn? Man kann dich nicht erreichen! Selbst deine Mailbox funktioniert nicht!«
       »Ich bin in Polen.«
       »In Polen?«
       »Ist doch wurscht! Du musst was für mich tun.«
       »Ich habe einige Neuigkeiten.«
       »Ich weiß. Ich hab gerade mit Foucault telefoniert.«
       Der Schwede murrte, enttäuscht darüber, dass er mir seine Erkenntnisse nicht selbst vortragen konnte.
       »In Besançon ist ein Mord geschehen«, fuhr ich fort. »Ein Gendarm.«
       »Ich hab’s gestern Abend in Le Monde gelesen.«
       Der Mord hatte also die Aufmerksamkeit der überregionalen Tageszeitungen auf sich gezogen. Das war ein Zeichen dafür, dass der Fall Simonis an die große Glocke gehängt werden würde. Mein Team musste fortan nicht nur der Gendarmerie, sondern auch den Medien aus dem Weg gehen. Ich fuhr fort:
       »Die Leiche wird obduziert. Ich will, dass du Guillaume Valleret anrufst, den Gerichtsmediziner im Klinikum Jean-Minjoz in Besançon.«
       »Kenn ich nicht.«
       »Doch. Erinnere dich: Ich hab mich bei dir nach ihm erkundigt.«
       »Der Depressive?«
       »Genau. Frag ihn nach den Ergebnissen der Autopsie.«
       »Wieso sollte er mit mir reden?«
       »Er hat mir schon einiges über Sylvie Simonis gesagt.«
       »Hängen die Fälle zusammen?«
       »Meines Erachtens ist es derselbe Täter. Er versucht die Verwesungsgeschwindigkeit der Leichen künstlich zu beeinflussen. Frag Valleret, ob sich an der Leiche des Gendarmen irgendwelche Hinweise auf derartige Manipulationen finden.«
       »Ist der Leichnam schon verwest?«
       Ich fühlte mich kurz an den Tatort zurückversetzt: Leichengestank, Fliegenschwärme, blutverschmierte Kacheln.
       »Nicht so stark wie der von Sylvie Simonis, aber der Mörder hat den Prozess beschleunigt.«
       »Hast du die Leiche gesehen?«
       »Ruf Valleret an. Frag ihn aus. Ruf mich dann wieder an.«
       »Ist dieser Mörder der Typ, hinter dem du von Anfang an her warst?«
       Auf den Wandkacheln im Bad die Botschaft: »NUR DU UND ICH«. Auf dem Holz des Beichtstuhls: »ICH HABE DICH ERWARTET.« Er war wohl eher hinter mir her. Ich riss mich aus meinen Gedanken und sagte abschließend:
       »Red mit dem Gerichtsmediziner. Du musst die Antworten finden.«
       »Ich ruf ihn gleich morgen Früh an.«
       Ich schaltete mein Handy aus. Ausgestreckt auf meinem Bett, betrachtete ich die Wände meiner Zelle. Schwarz, dick, unzerstörbar. Die gleichen Wände, die Manon beschützten …
       Sofort drehten sich meine Gedanken wieder um sie. Eine strahlende Gestalt von unwiderstehlichem Sinnenreiz … »Nein«, sagte ich kopfschüttelnd. Ich hatte mit lauter Stimme gesprochen. Ich musste mich auf die Ermittlungen konzentrieren, sonst nichts.
       Manon Simonis befragen.
       Ihre Erinnerungen ergründen und Polen verlassen.
       Bevor ich ihr gegenüber jegliche Objektivität verlor.

KAPITEL 87
Mittwoch, 6. November
    Seit zwei Tagen schlenderte ich tagsüber durch Krakau, wobei ich sorgfältig darauf achtete, Manon aus dem Weg zu gehen. Ich wollte der Prinzessin nicht unter die Augen treten. Ich hatte mir eine Krankheit zugezogen und schlug mich noch damit herum. Ich weigerte mich, in meinen Gefühlen zu versinken. Man konnte es auch anders ausdrücken: Der Gedanke, ihr nicht zu gefallen, mir eine Abfuhr einzuhandeln, versetzte mich in Furcht und Schrecken …
       Ich vergaß darüber die Ermittlungsarbeit, vergeudete die Tage damit, in der Stadt umherzuirren. Nicht einmal meine Mailbox hörte ich ab. Doch beim Aufwachen an diesem Morgen hatte ich beschlossen, mich wieder an die Arbeit zu machen. Ich stand auf und schaltete mein Handy ein. Ich rief meine Nachrichten ab. Foucault, Svendsen. Mehrere Male, immer ungeduldiger. Ich rief sie umgehend an. Anrufbeantworter. Es war 7 Uhr morgens.
       Ich zog mich an, ohne zu duschen – es war mir zu kalt –, dann schaltete ich den PC an. Meine E-Mails. Noch immer nicht die ins Englische übersetzten Ermittlungsunterlagen über Raimo Rihiimäki. Und auch sonst keine wichtige Nachricht. Ich ging auf die Websites der üblichen Zeitungen. République des Pyrénées. Courrier du Jura. L’Est républicain. Die Zahl der Artikel über die Morde an Buchholz und Sarrazin ging kontinuierlich zurück. Es gab keine neuen Informationen.
       Ich

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