Das Herz der Hoelle
Jabelowski vom Pferd gestürzt war, fiel er in ein Koma. Als er wieder aufwachte, behauptete er, den Teufel gesehen zu haben. Er muss wohl recht überzeugend geklungen haben, denn zahlreiche Mönche haben sich ihm angeschlossen und sind aus ihren Orden ausgetreten. Ihr Kloster sollte das Wort Satans zusammentragen. In diesem Sinne kann man Jabelowski als den Gründer der Sekte der Teufelssklaven ansehen.«
Alles hing mit allem zusammen: Ein Lichtloser hatte den Orden der Teufelssklaven gegründet. Heute machten sie Jagd auf die Lichtlosen … Zamorski stand mehrere Meter von mir entfernt.
»Wenn dieses Kloster verflucht ist, wieso haben Sie sich dann hier niedergelassen?«
»Der Reiz des Paradoxons, zweifellos.«
»Hören Sie auf, mit mir zu spielen. In den Augen der Teufelssklaven muss Scholastyka eine einzigartige Bedeutung besitzen, nicht wahr?«
»Das ist ihr Petersdom! Jabelowski liegt gewissermaßen im Fundament des Gebäudes begraben.«
»Versuchen sie die Anlage nicht in ihren Besitz zu bringen? Sie zu besichtigen?«
Zamorski brach in ein vielsagendes Lachen aus. Endlich begriff ich:
»Sie haben diesen Ort in einen Bunker verwandelt, weil Sie ihren Angriff erwarten.«
»Ja, man kann davon ausgehen, dass sie eines Tages versuchen werden, hier einzudringen.«
»Sie hoffen, dass sie es versuchen werden. Dieses Kloster ist eine Falle. Eine Falle mit einem Köder, der Manon heißt.«
Der Pole lachte laut auf:
»Glaubst du, du bist in Fort Alamo?«
Mit seiner aufgesetzten Erheiterung konnte er mich nicht täuschen; ich wusste, dass ich recht hatte. Die Priester wollten die Satanisten in diese Bastion locken. Eine mittelalterliche Schlacht kündigte sich an. Ich machte ein paar Schritte in seine Richtung. Wir standen uns jetzt Auge in Auge gegenüber.
»Die Teufelssklaven gehen noch vielen anderen Aktivitäten nach«, sagte er seufzend. »Wir versuchen vor allem, ihren Plan zu durchkreuzen.«
»Was für einen Plan?«
»Ihren Plan zur Errichtung einer Weltherrschaft des Bösen, den sie blindwütig verfolgen.«
Er klappte den Deckel eines weiteren Pults zurück – dort standen keine angeketteten Inkunabeln, sondern Ringbücher mit Metallspirale. Er schlug eines davon auf einer Seite mit einem kunststoffbeschichteten Foto auf:
»Du kennst das Zitat: ›Es gibt keine Ideen, es gibt nur Taten.‹«
Er hielt mir das Ringbuch hin. Das Gesicht einer Leiche mit offenem Mund und einer Zunge, die von einem Haken durchbohrt war. Ich dachte an die Apokalypsen, apokryphe Schriften, in denen die Hölle beschrieben wurde: »Einige von denen, die sich hier aufhielten, waren an ihrer Zunge aufgehängt.«
Der Pole schlug geräuschvoll die Seite um. Ein menschlicher Rumpf, dessen vier Gliedmaßen verstreut auf einer Müllkippe lagen. Eine neue Seite: der von Schnitten übersäte winzige Körper eines Kindes, vertrocknet wie eine Mumie, in einem Halseisen steckend. Dann ein Pferd mit ausgerissenen Augen und abgetrennten Geschlechtsteilen. Das Tier schien über einer riesigen schwarzen Pfütze zu schweben.
Ich sah auf, nicht wirklich berührt. Ich war unempfindlich für das Grauen.
»Solche Taten fallen doch wohl in die Zuständigkeit der Polizei, oder?«
»Natürlich. Wir sind nur Wächter. Beobachter. Wir protokollieren diese Verbrechen. Wir verzeichnen die Tatorte, die Gegenden, in denen sie gehäuft vorkommen. Nach dem, was wir wissen, beschränken sich die Teufelssklaven auf den Alten Kontinent. So haben wir zum Beispiel in den USA keinen einzigen Fall beobachtet.«
»Was tun Sie konkret?«
»Wir überwachen. Wir spüren ihre Verstecke auf. Bestenfalls kommen wir ihnen zuvor und unterrichten die Behörden. Aber dort hört man uns nur mit halbem Ohr zu. Die Polizei interessiert sich nicht im Geringsten dafür, dieses Übel zu kurieren oder ihm vorzubeugen.«
»Wie können Sie die Teufelssklaven aufspüren, bevor sie zuschlagen?«
»Sie haben eine Achillesferse. Einen Schwachpunkt, der es uns ermöglicht, sie ausfindig zu machen. Sie versuchen nämlich selbst die Reise zu machen.«
»Ich verstehe nicht.«
»Die Reise ins Jenseits. Der vorübergehende Tod. Sie versetzen sich gezielt ins Koma, um sich auf diese Weise Satan zu nähern.«
»Gibt es auch Drogen, die derartige Zustände herbeiführen können?«
»Eine einzige:
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