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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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denn, eine negative. Aber falls es ihm gelingen sollte, den Tod zu überwinden, wollte er ihn mithilfe der Finsternis, des Schattenreichs, der Hölle überwinden. Darum hatte er den Teufel angerufen. Darum hatte Laure in Vernay satanistische Kultobjekte gefunden. Luc hatte, unmittelbar bevor er sich ertränkte, den Teufel beschworen und sich in der Vorhölle mit ihm verabredet!
       Doch trotz seiner Entschlossenheit hatte er gewiss auch entsetzliche Angst. Deshalb legte er sich eine Waffe zu, wenn auch nur symbolisch. Dies erklärte die Münze mit dem Konterfei des heiligen Michael, die er mit den Fingern umklammerte. Luc fürchtete sich nicht, die Hölle aufzusuchen, denn er hatte sich dieses Ziel freiwillig ausgesucht. Aber er hoffte, dank des Bildnisses des Erzengels diesen Ausflug unbeschadet zu überstehen. Ich stand sprachlos vor diesem unfassbaren Vorhaben Lucs.
       Er war ein unerhörtes Risiko eingegangen, in körperlicher, aber auch in psychischer Hinsicht. Was für ein kleines Mädchen noch möglich war, war für einen Erwachsenen nicht mehr möglich. Laut Aussage von Moritz Beltreïn hatte Manon den Mordversuch aufgrund ihres Alters und der Plastizität ihres Gehirns unbeschadet überstanden. Aber würde Luc mit seinen fünfunddreißig Jahren unverletzt davonkommen? Würde er eines Tages aufwachen?
       Sein Fanatismus war verblüffend. Noch mehr aber verdutzte mich die innere Logik seines Schicksals. Er hatte schon immer dem Teufel begegnen – seine Existenz vor der ganzen Welt beweisen – wollen. Sein ganzes Leben war auf diese Herausforderung, diese Erfahrung hinausgelaufen: Das freiwillige Abtauchen zum Abgrund. Und der Wiederaufstieg mit den Beweisen in der Hand. Wieder eine Zigarette.
       5 Uhr morgens.
       Manon war schließlich eingeschlafen. Trotz ihrer Wut auf mich. Trotz ihrer Hoffnungslosigkeit in Bezug auf Luc. Trotz der wachsenden Angst in Bezug auf sich selbst.
       Denn Luc hatte von seinem Krankenzimmer aus die Lunte ans Pulverfass gelegt. Wenn ein Mensch zu einem solchen Opfer fähig war, bewies dies nicht, dass es eine andere Wirklichkeit zu entdecken gab? Dass Manon selbst auf dem Grund des »Schlunds« etwas gesehen hatte?
       Ich wartete bis 6 Uhr, ehe ich Laure anrief. Die Stunde der Durchsuchungen. Alter Polizistenreflex. Vor vier Tagen hatte ich das letzte Mal mit ihr gesprochen. Jetzt empfand ich ein unwiderstehliches Bedürfnis, mich zu informieren. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass sich etwas an der Situation Lucs geändert hatte, aber sein Koma erschien jetzt in einem völlig neuen Licht. Ich musste mit Laure, mit Ärzten und Experten sprechen …
       Ich betrachtete das Ziffernblatt meiner Uhr und sah wie gebannt zu, wie die Minuten verstrichen.
       6 Uhr, endlich.
       Nach fünfmaligem Läuten meldete sich eine verschlafene Stimme.
       »Laure? Mathieu.«
       »Wo bist du?«, murmelte sie. »Seit drei Tagen versuche ich dich zu erreichen.«
       »Tut mir leid. Ich hatte Probleme mit meinem Handy. Ich bin im Ausland. Ich …«
       »Mat …«, sagte sie schnaufend. »Es ist unglaublich … Er ist aufgewacht!«
       Ich brauchte einen Moment, um die Neuigkeit zu verdauen. Weder Foucault noch Svendsen wussten Bescheid. Sonst hätten sie mir davon erzählt. Die Ereignisse überstürzten sich. Doch statt mich über seine Genesung zu freuen, hatte ich eine düstere Vorahnung. Irreversible Schädigung des Gehirns. Luc, der nur noch vor sich hin vegetierte.
       Ich fragte mit tonloser Stimme:
       »Wie geht es ihm?«
       »Ausgezeichnet.«
       »Keine Schäden zurückgeblieben?«
       »Nein … nichts.«
       Sie sagte es mit einem gewissen Zögern in der Stimme.
       »Wo ist das Problem?«
       »Er sagt … er hätte während des Komas etwas gesehen.«
       Ich spürte, wie eine eisige Kälte meine Adern gefrieren ließ und meine Gliedmaßen lähmte. Ich wusste, was jetzt kommen würde, dennoch fragte ich:
       »Was?«
       »Komm her. Er will es dir selbst erzählen.«
       »Ich bin heute Abend da.«
       Ich legte auf und weckte Manon sanft auf. Ich erklärte ihr die Situation. Sie konnte sich genauso wenig freuen wie ich. Wir beide wussten um die drohende Gefahr: die Gegenwart des Teufels in Lucs Unbewusstem. Wenn er glaubte, die Hölle gesehen zu haben, würde er daraus mit Sicherheit folgern, dass Manon 1988 das Gleiche gesehen hatte. Mit einem Schlag würde sie zu einer Lichtlosen.
       Die

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