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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Verdächtige Nummer eins für den Mord an ihrer Mutter.
       Manon schaltete das Licht an und nahm ihre Kleider. Da fielen mir Einstichstellen an ihren Armen auf.
       »Was sind das für Male?«
       »Nichts.«
       Sie zog ihren Schlüpfer und ihren BH an. Ich fasste sie am Arm und sah mir die Stelle genauer an.
       »Das sind die Ärzte«, sagte sie, während sie sich meinem Griff entwand. »Sie nehmen mir Blut ab.«
       »Gibt es hier Ärzte?«
       »Nein, sie kommen von außerhalb. Sie horchen mich jeden Tag ab.«
       »Haben sie noch weitere Untersuchungen an dir durchgeführt?«
       »Ich bin mehrere Male im Krankenhaus gewesen«, sagte sie, während sie sich das T-Shirt überstreifte.
       »Und was für Untersuchungen waren das?«
       »Biopsien, Computertomografien. Ich habe es nicht so richtig verstanden. Sie wollen, dass ich in Topform bin …«, sagte sie lächelnd.
       Immer das Schlimmste annehmen, um gegen negative Überraschungen gefeit zu sein. Das, was ich seit meiner Ankunft geahnt hatte, bestätigte sich. Zamorski hatte mich angelogen. Er und seine Clique beschützten Manon nicht etwa: Sie war für sie nur ein Versuchskaninchen. Denn sie waren davon überzeugt, dass sie durch und durch vom Teufel besessen war. Ein Geschöpf des Bösen, das sich körperlich von den anderen Menschen unterschied.
       Mir wurde übel. Der Nuntius mit seinem verständnisvollen Getue und seinen altklugen Phrasen hatte mich hinters Licht geführt. Er war um keinen Deut besser als van Dieterling. Er glaubte an die Lichtlosen und daran, dass sich der Teufel auf dem Grund ihrer Seele eingenistet hatte. Manon war eine Sine Luce, daran konnte kein Zweifel bestehen. Vielleicht sogar der Leibhaftige in Person!
       Ich griff zum Hörer des Telefons, das auf dem Nachttisch stand. Ich schraubte den Hörer auf und fand ein Mikrofon. Ich hob die Nachttischlampe an und stieß auf ein weiteres Abhörgerät. Angesichts dieser Posse hätte ich beinah laut aufgelacht. Ich leuchtete mit der Nachttischlampe die Decke an. Sogleich entdeckte ich in einer Ecke das Auge einer Infrarotkamera. Ich dachte an die Liebesnacht, die wir gerade unter dem aufmerksamen Blick der Priester verbracht hatten. Vor Wut warf ich die Lampe zu Boden.
       »Was machst du denn?«
       Ich konnte nicht antworten. Die Zunge klebte mir am Gaumen. Ich streifte mein Hemd, meine Hose und meinen Pullover über. Kaum hatte ich meine Schuhe angezogen, war ich auch schon draußen in der Galerie. Ich hastete zu meiner Zelle. Im Innenhof prasselte der Regen auf die Platten, die Dächer und die steinernen Umrandungen. Selbst dieser Wolkenbruch konnte den ganzen Schmutz, der sich angesammelt hatte, nicht fortspülen.
       In meinem Zimmer steckte ich meine Pistole ein und ging sogleich wieder hinaus. Ich ahnte, wo sich das Büro des Nuntius befand, und die Chancen standen nicht schlecht, dass er um diese Uhrzeit bereits arbeitete.
       Ich ging ein Stockwerk tiefer und registrierte durch das Getöse des Sturzregens ein geschäftiges Treiben im gegenüberliegenden Seitenflügel. Die rüstigen Benediktinerinnen waren bereits zum Gebet aufgestanden.
       Ohne anzuklopfen, trat ich ein. Zamorski saß hinter seinem Schreibtisch, das Gesicht über seinen Computer gebeugt, eine Brille auf der Nase. Um ihn herum standen auf Regalen zahlreiche Reliquienkästchen: Truhen aus getriebenem Silber und flache Kupferschalen.
       »Was treiben Sie mit Manon?«
       Der Nuntius nahm langsam seine Brille ab, ohne die geringste Überraschung zu zeigen.
       »Wir beschützen sie.«
       »Mit Computertomografen und Mikrofonen?«
       »Wir beschützen sie vor sich selbst.«
       Ich schlug die Tür mit einem Fußtritt zu und trat einen Schritt vor.
       »Sie waren von Anfang an überzeugt, dass sie besessen ist.«
       »Das ist in der Tat eine berechtigte Frage.«
       »Sie haben sie zu einem Versuchskaninchen gemacht!«
       »Manon ist ein einzigartiger Fall.«
       Zamorksi konnte offenbar nichts aus der Ruhe bringen.
       »Setz dich. Ich muss dir noch ein paar Dinge erklären.«
       Ich rührte mich nicht. Der Nuntius sprach in einem wohlkalkulierten Ton des Überdrusses:
       »Wir sind gezwungen, diese physiologische Überwachung aufrechtzuerhalten.«
       Ich lachte verächtlich:
       »Was suchen Sie? Eine tätowierte Teufelsbraut?«
       »Du willst nicht verstehen. Manon ist das Siegel des Teufels.

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