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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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amputierte Gliedmaßen, verstümmelte Hände vor, die durch bedrohliche Apparate ersetzt worden waren, die sich bestens zum Zerschneiden, Häuten und Zerreißen eigneten …
       Sie bildeten einen Reigen, einen Karneval des Grauens. Ein Mann trug eine Gasmaske, ein anderer eine Maske, wie sie die Ärzte im 17. Jahrhundert anlegten, wenn sie Pestkranke behandelten – ein langer schwarzer Schnabel und darüber zwei Löcher. Ein Dritter, der unmaskiert war, hatte ein entstelltes Gesicht. Seine Haut, die weiß wie das Porzellan einer Kloschüssel war, war zerfetzt. Ich war mir hundertprozentig sicher, dass er sich diese Verstümmelungen selbst beigebracht hatte. Leben für und durch das Böse. Das Leid, das man anderen und sich selbst zufügt.
       Manons Zähne begannen so laut zu klappern, dass ich ihr den Mund zuhielt. Ich verzichtete auf jegliche Strategie. Flüchten. Egal wohin, nur weg von diesem Albtraum. Ich verließ unser Versteck, wagte einen Blick in die Runde und packte dann Manons Hand. Sie hielt mich zurück und streichelte mir die Wange. Ich wandte mich um, um ihr mit einem Blick Mut zu machen, aber nicht sie hatte mich berührt.
       Statt ihrer drückte ein Killer meine Hand und streichelte mir langsam das Gesicht mit einem Metallhaken, wie um seine Weichheit zu prüfen.
       Der Bruchteil einer Sekunde explodierte in tausend Details, die sich überlagerten. Ich sah alles. Seine langen Haare. Seine Narben. Das Atemgerät, das auf seinem Gesicht saß, dort, wo anstelle der Nase ein Loch klaffte. Ich sah, wie er den Arm hob. Darauf aufgepfropft der Haken, der mit einem Kabelbündel verbunden war.
       Die Klaue sauste durch den Dunst. Ich wich in die Nebelschwade zurück, um dem Schlag auszuweichen. Da durchfuhr mich ein Schmerz, der von der Schulter ausging und unter meinen Rippen explodierte. Ich ließ meine Automatik fallen. Der Geschmack von Eisen drang mir in den Mund.
       Wieder hob sich die Klinge, verfehlte mich jedoch und bohrte sich ins Laub. Ohne zu verstehen, was ich tat, stürzte ich mich auf den Haken und drückte ihn mit meiner verletzten Schulter nach unten, wobei ich den Killer im Fallen mitriss. Das Blut und den brennenden Schmerz ignorierend, packte ich sein Handgelenk mit beiden Händen, drückte mein Knie darauf und drehte den Knochen um. Es knackte furchterregend.
       Mich auf dem Rücken schiebend, wich ich zurück. Der Killer wandte sich mir zu. Sein Mantel hatte sich geöffnet. Darunter kam sein nackter Oberkörper zum Vorschein. Die Haut seiner Brust war so dünn, so abgescheuert, dass sie durchsichtig schien. Durch seine Fischhaut sah ich klar und deutlich sein schlagendes Herz. Ich machte einen Satz ins Unterholz und fand die weggeschleuderte Klinge mitsamt ihrem Mechanismus. Ich packte sie mit beiden Händen und warf mich herum, wobei ich mich versehentlich tief in den Handteller schnitt. Das Monster setzte mit dem schwingenden Haken an der linken Hand bereits zum nächsten Angriff an.
       Er warf sich auf mich. Ich versetzte ihm einen Tritt gegen die Beine. Er strauchelte. Ich hob meine Waffe und zielte auf das pochende Herz. Dann schloss ich die Augen. Die Kugel bohrte sich in seinen Leib. Ich spürte, wie das Herz explodierte und sich ein Blutschwall auf mich ergoss. Ich öffnete die Augen und entdeckte, ein paar Zentimeter neben meinem Kopf, das Gesicht der Kreatur mit abgerissener Maske: eine von Löchern und Spalten durchbohrte, blutbenetzte Melone. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht loszuschreien, und rollte mich zur Seite.
       Das Monster krümmte sich zusammen und zuckte krampfartig in seiner Agonie. Auf einen Ellbogen gestützt, entdeckte ich Manon, die sich gegen einen Baum kauerte, mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen. Ich stürzte auf sie zu, drückte sie fest an mich und spürte, wie mich ein glühender Schmerz durchzuckte. Die Adern an meinen Schläfen pochten. Plötzlich hörte ich, wie sich knirschende Schritte auf dem Kies entfernten. Die anderen Teufelssklaven hatten nichts gesehen und nichts gehört. Sie gingen weiter!
       Meine Glock auf dem Boden. Ich tastete den Rasen ab, bis ich den Kolben spürte. Ich steckte die Waffe in die Tasche und schaute in die Runde. Niemand. Wir hatten gewonnen. Aber ich hatte nicht die Zeit, diesen Sieg zu genießen. Wieder Schritte auf dem Kies. Ich erblickte weiße Kragen, die wie matte Irrlichter im Nebel schimmerten.
       Priester.
       Die Männer Zamorskis, die uns überall im Park

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