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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Parameter überwacht, ganz ähnlich wie bei einem Lügendetektortest. Luc Soubeyras log nicht. Er erinnerte sich. Die Messergebnisse waren eindeutig.«
       »Vielleicht war er ehrlich. Er hat geglaubt, diese …«
       »Nein. Mithilfe der Elektroden konnten wir seine Hirnstromwellen aufzeichnen. Es wäre zu kompliziert, Ihnen das jetzt zu erklären, aber Luc hat sich erinnert. Das steht außer Zweifel. Außerdem ist die Technik der Hypnose zuverlässig. Man kann sie nicht austricksen. Luc hat sein Gedächtnis sprechen lassen. Er hat seine Nahtod-Erfahrung wieder erlebt.«
       Ich hatte gehofft, in Zucca einen Verbündeten zu finden – aber da hatte ich mich getäuscht. Ich nahm eine neue Zigarette.
       »Er hat also den Teufel gesehen?«
       »Auf jeden Fall hat er den seltsamen Greis gesehen.«
       »Wie erklären Sie aus psychiatrischer Sicht eine solche Vision?«
       Der Arzt runzelte die Stirn und blieb stehen.
       »Sind diese Informationen für Ihre Ermittlungsarbeit wirklich von Belang? Geht es Ihnen nicht eher um konkrete Tatsachen, Beweisstücke?«
       »In dieser Sache gibt es keinen Unterschied zwischen dem Konkreten und dem Mentalen, dem Realen und dem Übersinnlichen. Ich will verstehen, was in Lucs Kopf vorgegangen ist.«
       Zucca ging normal weiter. Er atmete langsamer.
       »Psychologisch gesehen, sind Nahtod-Erfahrungen etwas Alltägliches.«
       »Negative Erfahrungen sind viel seltener.«
       »Richtig. Aber, egal ob sie positiv oder negativ sind, wir wissen, was dabei geschieht.«
       Ich erinnerte mich an die wissenschaftlichen Ausführungen Beltreïns. Zucca sagte mehr oder minder das Gleiche: Übererregung der Neuronen und Freisetzung bestimmter Substanzen. Eigentlich interessierte ich mich nicht für die Erklärung dieser Erfahrung.
       »Aber die Visionen selbst?«, hakte ich nach. »Wie erklären Sie diese Fantasiebilder? Weshalb sieht man während der negativen Erfahrung immer einen … Dämon?«
       »Die Übererregung der Nervenzellen fördert vielleicht das Auftreten von Bildern, die unserem kollektiven Unbewussten entstammen. Altüberlieferte, tiefverwurzelte kulturelle Figuren.«
       »Eben. Da gibt es ein Problem. Die Gestalt, die die betreffenden Personen wahrnehmen, sollte einem Archetypus entsprechen. Also zum Beispiel das herkömmliche Aussehen des Teufels haben, Hörner, Spitzbart, Gabelschwanz …«
       »Ja.«
       »Aber das ist nicht der Fall. Wir haben es heute Morgen festgestellt. Und nach dem, was ich weiß, ›sieht‹ jeder Überlebende eine andere Person. Jeder begegnet seinem eigenen Teufel. Wie erklären Sie das?«
       »Ich kann es nicht erklären. Und das lässt mir das Blut in den Adern gefrieren.«
       »Wieso?«
       »Es hat den Anschein, als würde sich Luc Soubeyras an etwas erinnern, was ihm tatsächlich widerfahren ist. Kein Trugbild, keine stereotype Fantasie, sondern eine echte Begegnung. Mit einer einzigartigen Kreatur, einer Verkörperung des Bösen, die sich niemand anderer hätte ausdenken können und die sich ihm in der Vorhölle gezeigt hat.«
       Das war der richtige Zeitpunkt, um meine psychoanalytische Theorie zu unterbreiten:
       »Ich habe mir eine Erklärung für diese ›Begegnungen‹ ausgedacht.«
       »Nur heraus damit«, sagte er lächelnd. »Deshalb sind Sie doch hier.«
       »Der Betreffende gibt dem Besucher vielleicht das Gesicht oder das Aussehen einer Person aus seiner Vergangenheit. Einer Person, die er hasst oder fürchtet.«
       »Und weiter?«
       »Der Eindringling wäre also nur ein Erinnerungsbild, das wieder abgerufen wird. Das Zerrbild einer nahestehenden Person, die dem Betreffenden in seiner Kindheit etwas angetan oder ihm schreckliche Angst eingeflößt hat. In der Nahtod-Erfahrung tritt dann eine individuelle Figur auf, die halb Erinnerung, halb Halluzination ist.«
       Zucca nickte zustimmend, aber mit einem ironischen Lächeln.
       »Denken Sie an die Figur des Vaters?«
       »Ja. Aber ich habe mich bereits über die Fälle, die ich kenne, kundig gemacht: Weder der Vater noch jemand aus dem Umfeld der Zeugen ähnelt Ihrem ›Teufel‹.«
       »Haben Sie noch eine Zigarette?«
       Die Flamme meines Zippo züngelte in der Nacht. Zucca stieß einen weiteren Zug aus, machte eine Pause und meinte dann:
       »Ich glaube, dass die Wahrheit einfacher ist. Einfacher und schrecklicher.«
       Mit seiner Zigarette deutete er

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