Das Herz der Hoelle
Vollen zu gehen. Aber wir haben andere Fälle, bei denen es brennt.«
»Ihr lasst alles andere liegen.«
»Und Dumayet?«, fragte Foucault.
»Ich kümmere mich um sie. Diese Ermittlungen haben absoluten Vorrang. Ich will, dass ihr alle drei Himmel und Hölle in Bewegung setzt.«
Pause. Ich lachte laut auf und gab dem Kellner ein Zeichen:
»Kommen wir zu den ernsten Dingen. Sie verstecken hier bestimmt eine Flasche!«
KAPITEL 107
Draußen erwartete mich eine Bombe.
Eine Nachricht von Manon, von 9.10 Uhr.
»Wo bist du? Sie verhaften mich, Mat! Sie nehmen mich in Polizeigewahrsam! Ich weiß nicht, wohin sie mich bringen. Hol mich raus!«
Dann hörte man nur noch ein kurzatmiges Keuchen – wie von einem verängstigten Tier. Magnan hatte also doch schneller gehandelt, als ich erwartet hatte. Und sich für das Schlimmste entschieden: eine vorläufige Festnahme. Vierundzwanzig Stunden hinter Gittern, einmal verlängerbar, mit Leibesvisitation und Beschlagnahme aller persönlichen Gegenstände. Wer würde sie vernehmen? Ich dachte sofort an die Typen von der Kriminalpolizeidirektion 1 – die Abgebrühtesten von allen.
Ich rief Manon an. Mailbox. Ich wählte die Nummer der Untersuchungsrichterin. Ebenfalls die Mailbox. Verdammter Mist. Ich tätigte zwei weitere Anrufe und erhielt die Bestätigung, dass die Vernehmung in der Rue des Trois-Fontanots in Nanterre stattfinden sollte.
Ich schaltete meine Sirene an, setzte das Blaulicht aufs Dach und fuhr Richtung La Défense. Mit Karacho. Das sich drehende Blaulicht ließ das Wageninnere eisblau aussehen. Ohne den Fuß vom Gas zu nehmen, sagte ich mir, dass ich trotz allem die Ermittlungsarbeit nicht vergessen dürfe. Ich schüttelte die Bilder einer in Tränen aufgelösten, sich selbst überlassenen Manon ab und kehrte zu der anderen Priorität zurück: den Verunglückten, die durch ein Wunder gerettet und anschließend zu Mördern geworden waren.
Ich rief Valtonen an, den Psychiater von Raimo Rihiimäki. Ich erklärte ihm lautstark, dass es eile und er mir doch bitte schnellstmöglich die Krankenakte Raimos einschließlich der Namen aller Ärzte, die ihn besucht hatten, zuschicken möge.
Valtonen hatte die Akte bereits digitalisiert. Er könne sie mir sofort mailen, er habe jedoch leider die englische Fassung nicht mehr gefunden. Alles sei auf Estnisch abgefasst. Ich entgegnete ihm, das sei kein Problem, ich suchte nach einem Namen und bräuchte keinen wissenschaftlichen Kommentar.
Dann rief ich das Medizinische Büro in Lourdes an, um die Namen der Experten zu erfragen, die die Wunderheilung Agostinas bestätigt hatten. Durch den Lärm der Sirene hindurch erklärte man mir, dass diese Dokumente gegenwärtig wegen kriminalpolizeilicher Ermittlungen versiegelt seien. Pierre Buchholz, der Arzt, der Agostina betreut habe, sei ermordet worden.
Ohne weitere Erklärungen und ohne meinen Namen zu nennen, legte ich auf. Verdammter Mist. Ich dachte an van Dieterling, der über eine Abschrift des Berichts verfügte. Aber dann würde ich ihn um einen weiteren Gefallen bitten, und ich wollte mit dem Mann in Purpur nicht mehr verhandeln.
Blieb die Diözese Catania. Ich rief Msgr. Corsi an. Ich schaltete die Sirene ab und musste mit zwei Priestern sprechen, ehe ich den Erzbischof am Apparat hatte. Er erinnerte sich an mich und erklärte sich bereit, mir das Gutachten des Heiligen Stuhls zu schicken. Aber er wollte mir Fotokopien zusenden, was eine Verzögerung von mindestens einer Woche bedeutete. In aller Ruhe erklärte ich ihm, dass es eile, worauf er mir zusagte, dass einer seiner Diakone mir im Lauf des Vormittags die Unterlagen faxen werde. Ich bedankte mich überschwänglich.
Gleich anschließend wählte ich die Nummer der Universitätsklinik Lausanne. Ich musste mir auch die Dokumente über die Rettung und Behandlung von Manon Simonis beschaffen. Dr. Moritz Beltreïn nahm an einem Seminar teil und würde erst am Abend zurückkommen. Nur er wisse, wo sich die Akte befinde. Ob ich eine Nachricht hinterlassen wolle?
Ich bat darum, mit der Praktikantin verbunden zu werden, die ich bei meinem ersten Besuch kennengelernt hatte – ich erinnerte mich an ihren Namen: Julie Deleuze. Sie arbeitete nur am Wochenende und begann ihren Bereitschaftsdienst erst am Freitagabend, also in ein paar Stunden. Ich legte auf und nahm mir vor, am späten Nachmittag wieder
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