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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Türrahmen festhalten, um nicht loszuschreien. Das Murmeln ging mir durch Mark und Bein:
       »Lex est quod facimus … lex est quod facimus … lex est quod facimus … lex est quod facimus …«
       Manon leierte den Hölleneid herunter.
       Wie Agostina.
       Wie Luc.
       Wie alle Lichtlosen!
       Mein schönes Gedankengebäude stürzte abermals ein. Meine Theorien, Hypothesen und Bemühungen, Manon zu entlasten – und um jeden Preis einen anderen Täter zu erfinden.
       Ich rutschte mit dem Rücken an der Wand zu Boden. Den Kopf in die Arme gestützt, begann ich zu flennen wie ein kleiner Junge. Die Verzweiflung überwältigte mich. Manon hatte eine negative Nahtod-Erfahrung durchgemacht. Diese unheilvolle Erinnerung war tief in ihrem Unbewussten verankert, wie ein Infektionsherd. Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass sie ihre Mutter getötet hatte …
       Ich richtete mich auf. Nein. Das war zu einfach. Ich konnte meine Theorie aufrechterhalten. Wenn Manon vom »Höllengast« manipuliert worden war, könnten Bruchstücke dieses Erlebnisses im Schlaf hochkommen, aber das bewies keineswegs, dass sie die Täterin war. Der Demiurg, der verborgene Mörder hatte Sylvie Simonis geopfert und Manon ohne ihr Wissen indoktriniert!
       Ich stand auf und wischte mir die Tränen ab.
       Den »Höllengast« identifizieren, das war das einzige Mittel, um Manon zu retten, vor sich und vor den anderen.

KAPITEL 106
8.30 Uhr, Freitag, 15. November
    Die ganze Nacht kein Auge zugetan.
       Manon war um sieben aufgestanden. Ich hatte ihr Frühstück gemacht – Croissants und Schoko-Croissants –, dann hatte ich eine halbe Stunde damit verbracht, sie zu beruhigen. Manon war nicht überzeugt. Ganz abgesehen davon, dass sie in meiner Wohnung allmählich Platzangst bekam. Ich hatte sie geküsst, ohne zu erwähnen, was sie im Schlaf gesagt hatte, und ihr versprochen, gegen Mittag vorbeizuschauen.
       Ich befand mich jetzt in der Rue Dante auf dem linken Seineufer, unmittelbar gegenüber der Kathedrale Notre-Dame. Nur wenige Meter von der Grünanlage entfernt, in der ich mich am Vorabend mit Foucault getroffen hatte. Ich parkte in der zweiten Reihe, vor der Adresse, die ich den anderen angegeben hatte.
       Das Apsara war ein halb indisches, halb indonesisches Café. Ich traf mich dort mit meinen Männern, wenn eine vertrauliche Besprechung anstand – niemand wäre auf den Gedanken gekommen, die Jungs von der Mordkommission an einem Ort zu suchen, an dem man nur Ingwertee und Lassi mit Mango trinken konnte.
       Das Café war geschlossen. Es war eine Gefälligkeit des Wirts, dass er uns so früh hereinließ. Die Ausstattung erinnerte an das Innere eines Palmwedels: smaragdgrüne Wandbehänge, veronesegrüne Tischtücher, blassgrüne Papierservietten. Alle Möbel waren aus Korbweide gefertigt.
       Das perfekte Versteck.
       Das einzige Problem: Es gab ein Rauchverbot.
       Ich war der Erste. Ich schaltete mein Handy aus und bestellte einen Keemun. Während ich ihn genüsslich trank, ging ich noch einmal meine Strategie durch. Es war an der Zeit, meine Leute einzuweihen, und zwar umfassend. Ich hatte bereits viel Zeit verloren – eine ganze Woche, seit meiner Rückkehr aus Polen. Ich musste ihnen nun die ganze Angelegenheit erklären und ihnen für die nächsten beiden Tage präzise Aufgaben übertragen. Es war einfach undenkbar, dass der »Höllengast« keine einzige Spur hinterlassen hatte!
       Foucault, Meyer und Malaspey trafen ein, durch ihre bloße Präsenz eine Bedrohung der zerbrechlichen Inneneinrichtung. Wenn man ihre breiten Schultern, ihre Lederärmel und ihre Parkarevers sah, fürchtete man um die Porzellanskulpturen und andere empfindliche Nippsachen des Restaurants.
       Sobald sie Platz genommen hatten, begann ich mit meinem Lagebericht.
       Kapitel eins: der Mord an Massine Larfaoui. Kapitel zwei: der Fall Simonis im Jura. Kapitel drei: die anderen Morde nach dem gleichen Ritual. Dann sprach ich über die Nahtod-Erfahrungen, die Lichtlosen … Ich lieferte ihnen, schlüsselfertig, den metaphysischen Überbau des Falls: die negative Erfahrung, das Eingreifen des Teufels, der Hölleneid.
       Meinen Männern gingen die Augen über.
       Zum Schluss legte ich ihnen meine natürliche, rationale Erklärung dar. Ein einziger Mann als Drahtzieher des Albtraums.
       Ein Wahnsinniger, der sich für Satan hielt, die Lichtlosen selbst erschuf und mit Säuren und

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