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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Ich konnte nicht mehr denken. Mein Gehirn war eingefroren.
       »Sie ist Sein Geschöpf«, fuhr er fort. »Nichts kann sie jetzt mehr aufhalten. Sie ist frei. Vollkommen frei. › Gesetz ist, was wir tun. ‹«
       Ich stieß eine Art Röcheln aus, halb Lachen, halb Schluchzen.
       »Was haben Sie ihr angetan? Was haben Sie ihr eingeflößt?«
       Hinter seiner großen Brille gefror sein Lächeln zu einer trügerischen, bösartigen Fratze.
       »Ich habe ihr gar nichts getan. Ich habe ihr nicht einmal das Leben gerettet.«
       »Und Ihre Maschine?«
       »Du klebst an deiner Logik, Mathieu. Du hast nie über deine Überzeugungen hinausgeblickt. Manon wurde vom Teufel gerettet. Wenn man dir gesagt hätte, dass sie von Gott gerettet worden wäre, hättest du die Augen zugemacht und das Vaterunser aufgesagt.«
       Ich wollte »Nein!« schreien, aber aus meiner Kehle kam kein Ton. Schließlich wurde mir unser beider baldiges Ende bewusst: Wir würden uns gegenseitig erschießen. Aber meine Gleichgültigkeit schwand bereits: Ich durfte nicht sterben. Die Ermittlungen waren nicht abgeschlossen. Ich musste Manon aus diesem Albtraum herausreißen. Ihre Unschuld beweisen. Ich musste aufwachen und dieses Schwein erledigen.
       »Du suchst einen Mörder aus Fleisch und Blut«, fuhr er fort. »Du wolltest bei deinen Ermittlungen nie wahrhaben, worum es eigentlich geht. Dein einziger Feind ist unser Gebieter. Er ist da, vergraben in jedem von uns. Es ist ohne große Bedeutung, wer tötet oder wer getötet wird. Was zählt, ist die Demonstration Seiner Macht, die das geheime Räderwerk des Kosmos offenbart. Die Lichtlosen sind Leuchtfeuer, Mathieu. Ich bin ihnen nur behilflich. Ich erwarte sie am Ausgang der Schlucht. Sie interessieren mich eigentlich nicht. Was mich interessiert, ist das schwarze Licht, das in der Tiefe ihrer Seele funkelt. Satan hinter ihren Taten!«
       Ich wollte mir seine Wahnideen nicht länger anhören. Wenn Beltreïn in der Schweiz war, wer hatte dann Laure und ihre Töchter getötet? Die Geschichte war noch nicht zu Ende. Die Ermittlungen waren nicht abgeschlossen …
       »Und eines darfst du nie vergessen, Mathieu: Manon Simonis ist die Schlimmste von allen.«
       »Ich will das nicht hören!«, sagte ich, während ich auf ihn zuging. »Du bist der einzige Mörder in diesem ganzen Fall! Du hast sie umgebracht. Alle!«
       Statt zu antworten, hob er die Waffe und drückte auf den Abzug. Aber ich war schon über ihm. Meine Schulter lenkte seinen Schuss ab. Ein Einweckglas zerbarst hinter mir. Organe fielen zu meinen Füßen, während ich meinerseits feuerte. Beltreïn packte mein Handgelenk unter einem gellenden Schrei. Meine Kugel verirrte sich zwischen den Käfigen. Ich drückte meinen Kolben gegen seine Kehle und blockierte seinen bewaffneten Arm mit meiner rechten Schulter. Ich spürte wieder den Schmerz meiner Verletzung. Wir stießen gegen den Arbeitstisch. Einmachgläser fielen zu Boden. Wir wateten in Formalin und zwischen Organen. Beltreïn entfernte sich vom Tisch. Ich klammerte mich an ihn, damit er nicht genügend Abstand bekam, um zu schießen. Wir drehten uns gemeinsam im Kreis, bis wir gegen die Kästen prallten und dann ein weiteres Mal gegen die Kante des gekachelten Arbeitstischs.
       Beltreïn rutschte aus. Ich fiel zusammen mit ihm. Wir wälzten uns zwischen Organen und Scherben in dem zähflüssigen Formalin. Er schoss zwei Mal schräg auf meinen Hals. Daneben. Ein Regen aus Glassplittern, Fleischstücken und kalten Flüssigkeiten ergoss sich auf uns. Als ich im Nacken klebrige menschliche Körperteile spürte, stieß ich einen Schrei aus, ohne locker zu lassen – Beltreïn hörte nicht auf zu kreischen. Erneutes Knallen. Ich wusste nicht einmal mehr, wer schoss. Wir waren ineinander verhakt und schlugen mit Armen und Beinen wild um uns, während wir uns in der ekligen Pfütze wälzten.
       Ich fiel auf den Rücken. Beltreïn stürzte sich mit wild gebleckten Zähnen auf mich – seine große Brille war verrutscht und hing jetzt schräg in seinem Gesicht. Ich schleuderte ihn nach hinten. Ein Kasten stürzte zwischen uns zu Boden. Hinter der Gaze und den Fliegen nahm mich Beltreïn wieder aufs Korn.
       Ich zog meine Beine an und trat dann mit voller Wucht gegen Scherben des Kastens. Der Irre drückte auf den Abzug – der Holzrahmen lenkte seine Hand ab, sodass die Kugel wieder danebenging.

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