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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Zwischen den Dampfstrahlen der Kaffeemaschine glich er einem U-Boot-Fahrer im Maschinenraum.
       »Nicht auf der Arbeit um diese Uhrzeit?«, fragte er, während er eine Tasse mit dünnem Schaumfilm über die Theke schob.
       »Komm gerade von dort. Scheißüberstunden!«
       Momo schob die Zuckerdose in meine Richtung und stützte sich mit den Ellbogen auf der Theke auf.
       »Die Chefs gehen Ihnen auf den Sack.«
       »Höllisch, sag ich dir. Hab die Schnauze voll.«
       »Machen Sie sich doch selbstständig wie wir. Sie wären ein guter Detektiv.«
       Er lächelte breit: Er fand es eine Super-Idee.
       »Du hast immer ’nen Chef, Momo. Ihr habt die Bierbrauer im Nacken.«
       Der Wirt verzog das Gesicht:
       »Die Brauer können dir nix vorschreiben. Hier bestimmen wir.«
       »Dass ich nicht lache. Larfaoui hat euch am Wickel.«
       Momo blickte plötzlich drein wie ein Torhüter, der den Torschuss nicht mitbekommen hat. Ich zog eine Camel heraus und klopfte sie leicht auf die Theke. Dann schlug ich den Nagel ein.
       »Er ist doch euer Lieferant, oder?«
       »Larfaoui ist tot.«
       Ich zündete meine Zigarette an und hob meine Tasse:
       »Friede seiner Asche. Was weißt du darüber?«
       »Nichts.«
       »Das Leben wäre leichter, wenn die Menschen etwas redseliger wären. Ich habe mir sagen lassen, dass ihr eine neue Bar an der Place de la Bastille eröffnet habt.«
       »Na und?«
       Momo hatte den Blick auf die offene Klappe zum Keller geheftet. Said war unten. Ich musste mich beeilen, bevor der gerissene Bruder wieder heraufkam. Ich wurde deutlicher.
       »Ich kenn da ein paar Leute bei der Gewerbeaufsicht. Sie könnten euch einen Besuch abstatten. Hygiene, sanitäre Einrichtungen, Konzessionen …«
       Momo beugte sich zu mir, wobei mir eine bizarre Mischung aus Schweiß- und Weihrauchgeruch entgegenschlug.
       »Ich weiß nicht, in welchem Film Sie das gesehen haben, aber die Polizei macht so etwas heute nicht mehr.«
       »Larfaoui, Momo. Sag ein bisschen was, und ich zieh ab.«
       Noch eher er antworten konnte, hörte man den Lärm eines Motors. Der Bügel des Lastenaufzugs tauchte an der Klappe auf. Said erschien. Er stand auf dem Laufsteg und wirkte zwischen den Metallfässern wie ein echter Admiral. Erste Chance vertan.
       »Tag, Kommissar. Freut mich, Sie zu sehen.«
       Ich lächelte flüchtig, wieder einmal verblüfft, wie verschieden die beiden Brüder waren. Momo war der unbehauene Steinblock, Said die vollendete Skulptur. Unter seinem dichten schwarzen Haar, das er entkraust hatte, sprang sein spitzes, kantiges Gesicht hervor. Seine Gesichtszüge drückten sehr unterschiedliche Eigenschaften zugleich aus: Sanftmut, Verachtung, Respekt, Grausamkeit … All dies lag in seinen mandelförmigen Augen, in den Winkeln seiner fleischigen, sinnlichen Lippen.
       Er stieg über die Fässer hinweg und setzte sich auf den Hocker neben mir. Das Fest war vorbei.
       »Mein Beileid.«
       Ich neigte den Kopf und strich nervös durch meine Locken. Said war bereits über Luc im Bilde – er musste eine Verbindung zu den Ermittlungen im Mordfall Larfaoui hergestellt haben. Er gab seinem Bruder diskret ein Zeichen und bekam ebenfalls einen Kaffee.
       »Wir haben ihn wirklich gemocht, den Kommissar Soubeyras.«
       Seine schrille Stimme war wie der Rest, schmierig, herablassend. Und sein Akzent war dumpf und undeutlich, als spräche er mit einer Handvoll Oliven im Mund.
       »Luc ist nicht tot, Said. Sprich nicht in der Vergangenheit. Er kann jederzeit aus dem Koma aufwachen.«
       »Das hoffen wir alle, Kommissar. Ich schwör’s Ihnen.«
       Said ließ ein Stück Zucker in seine Tasse gleiten. Er trug eine militärische Drillichjacke und Goldschmuck – Kette, Gliederarmband und Siegelringe.
       »Ich verstehe, dass Sie niedergeschlagen sind. Aber wir, wir wissen nichts. Und Ihre Fragen werden den Kommissar auch nicht zurückholen.«
       »Bleib locker, Said. Ich führe nur die laufenden Ermittlungen weiter.«
       »Sind Sie nicht mehr bei der Mordkommission?«
       Ich lächelte und zog eine neue Zigarette heraus. Entschieden gewiefter als sein Bruder.
       »Ein Freundschaftsdienst. Was kannst du mir über den Fall Larfaoui sagen?«
       Said lächelte kurz. Er sah seinem Gegenüber niemals direkt in die Augen. Entweder er schlug die Augen nieder, wobei er sehr schnell blinzelte,

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