Das Herz der Kriegerin
kleinen Kapelle geht. Wenn wir dort hinter ihr auftauchen, wird sie wohl glauben, dass wir von Gott gesandt wurden.«
»Und wenn sie von uns dasselbe hören will wie von ihren Visionen oder Stimmen?« Ich wollte ihm meine Hand entziehen, doch ich brachte es nicht über mich.
»Dann denken wir uns einfach etwas aus. Hinweise hat sie uns schon zur Genüge geliefert. Erinnerst du dich nicht daran, dass sie ihrem Vater gegenüber ihre Jungfräulichkeit verteidigte und meinte, sie hätte sie in Gottes Hände gelegt? Ich bin sicher, dass sie unter anderem das ihren Heiligen verspricht.«
»Aber du willst sie doch nicht auf ihre Jungfräulichkeit ansprechen!« Ich spürte, dass mir das Blut ins Gesicht schoss, als ginge es um meine Jungfräulichkeit, die lange schon verloren war. »Ich finde es ohnehin anmaßend von den Heiligen, ihr irgendwelche Forderungen in der Richtung zu senden.«
»Nur, wenn es sein muss.« Sein Blick schweifte kurz in die Ferne, dann setzte er hinzu: »Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass in der Vision davon die Rede war, dass die Retterin der Krone eine Jungfrau ist?«
Wusste ich doch, dass er uns Teile der Vision verschwiegen hatte, um bei Bedarf scheibchenweise damit herauszurücken! Ich entzog ihm nun doch meine Hand.
»Dann sollten wir sie ermutigen, eine zu bleiben«, sagte David und schielte grinsend zu mir herüber. »Vielleicht könntest du ihre Anstandsdame werden.«
»Mit Vergnügen!«, entgegnete ich. »Und sollte es auch nur ein Mann wagen, seine Hände nach ihr auszustrecken, hacke ich sie ihm ab!«
Sayd lachte auf. »Das ist der Geist, den ich so sehr an dir schätze!« Damit nahm er meine beiden Hände in seine und küsste sie.
Ein wenig skeptisch stand Jared vor der Vorrichtung, die sie über dem Grab aufgebaut hatten. Würde sie am Ende den Hebel, der die Decke über dem Grab schloss, betätigen? Wie das Gebilde aussah, hätte es auch den verrückten Hirnen der Derwische entsprungen sein können.
Malik hatte den Vorschlag gemacht, hineinzuklettern, den Hebel zu betätigen und dann so schnell wie möglich wieder nach oben zu klettern. Doch das hatte Jared abgelehnt, denn er wollte das Leben seines Freundes nicht in Gefahr bringen.
»Und, bekommst du jetzt Angst vor deinem eigenen Werk?« Malik legte ihm die Hand auf die Schulter. Die Sonne hatte den Schweiß auf seinem Gesicht trocknen lassen, sodass Salzkrusten seine Wangen und Lippen verunzierten.
»Wovor sollte ich Angst haben? Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass es nicht funktioniert.«
»Mein Angebot steht noch.«
»Und ich lehne dein Angebot nach wie vor ab, denn ich will nicht, dass du für immer in diesem Loch eingeschlossen bleibst. Es sei denn, du bist inzwischen lebensmüde geworden.«
»Das auf keinen Fall. Also lass es uns versuchen. Wo ist Saul?«
»Bei Ashar. Er wollte nachsehen, wie es ihm geht.« Jared presste die Lippen zusammen. Noch hatte sich keine Veränderung eingestellt. Die Augen wechselten nach wie vor die Farben und der Kampf in seinem Innern tobte.
»Lass uns die Vorrichtung testen, dann sehen wir weiter.«
Jared trat neben sein Gerüst, betrachtete es noch ein Weilchen und drehte dann die Kurbel, die das Seil langsam aufrollte, das er über verschiedene Winden und Gestänge mit dem Hebel in der Gruft verbunden hatte. Ab einem bestimmten Punkt ertönte ein gefährliches Knarren, doch weder kippte die Vorrichtung, noch riss das Seil. Schließlich ertönte ein seltsames Geräusch in der Gruft, das der Luftzug von unten an ihre Ohren trug.
Im nächsten Augenblick gab es eine Erschütterung und in Erwartung eines neuen Erdbebens warf sich Malik auf den Boden. Vibrationen erschütterten den Sand, doch anstatt dass alles in sich zusammenfiel, schob sich eine mächtige Steinplatte unter dem Sand hervor und bedeckte das Loch.
»Du kannst wieder hochkommen, es ist alles so, wie es sein soll«, sagte Jared zu Malik und half ihm hoch.
Irgendwann erreichte die Steindecke das Seil und kappte es, bevor es die gesamte Maschinerie umwerfen konnte. Zufrieden mit sich betrachtete er sein Werk noch einmal, dann wandte er sich um – und erstarrte.
Hinter ihnen stand Ashar. Seine Augen waren braun wie früher, nichts deutete darauf hin, dass irgendetwas geschehen war.
»Habe ich was verpasst?«, fragte er und setzte ein breites Lächeln auf.
»Ashar!«, rief Malik aus und warf sich in dessen Arme. »Bei Allah, was hast du dir nur dabei gedacht, dich vor der Arbeit hier zu
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