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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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sein?«
    »Ich glaube, du bist eher eine Heilige.« Sayd sah sich zu David
um, der mit seinem langen roten Haar und dem glattrasierten Gesicht doch ein
wenig weiblich aussah. »Und du David, solltest dir gut überlegen, wer du sein
willst.«
    »Mich selbst als Heiligen zu bezeichnen, wäre eine Sünde gegen
meinen Glauben«, entgegnete der. »Du würdest dich ja auch nicht Prophet
nennen.«
    »Bei Allah, nein!«, entgegnete Sayd. »Allerdings würde ich die
Sünde einmal auf mich nehmen, wenn es gelte, einen wichtigen Menschen auf die
Spur seines Schicksals zu führen. Also stell dich nicht so an und vergiss für
einen Moment, dass du kein Christ bist. – Jetzt aber los, das Mädchen beendet
ihr Gebet gleich, da sollten wir vor der Tür stehen.«
    Wir brachten das letzte Stück Weg zur Kapellenpforte beinahe
lautlos hinter uns – und wie wir durch den Türspalt sehen konnten, gab sie
gerade wieder ihr seltsames Versprechen ab, bekreuzigte sich dann und wandte
sich um. Da sie die Augen gesenkt hielt, bemerkte sie uns nicht gleich, doch das
änderte sich, als sie über die Schwelle der Kapelle schritt.
    Erschrocken blieb sie stehen und musterte uns.
    Wie verhielt sich ein Engel oder ein Heiliger? Ich schielte zu
Sayd hinüber, der vollkommen stumm dastand und sie musterte, viele Augenblicke
lang.
    Das Mädchen wusste offenbar zunächst nicht, was sie tun sollte,
dann jedoch weiteten sich ihre Augen.
    »Seid Ihr … der Erzengel Michael?«, fragte sie Sayd und sank
dann vor ihm auf die Knie.
    Erzengel Michael! Sie hatte ihn genau erkannt! Wie er das wohl
hinbekommen hatte?
    Ich biss die Zähne zusammen, um mir das Lachen zu verkneifen. Doch
im nächsten Augenblick verging mir mein Spott, denn sie wandte sich mir zu.
»Dann seid Ihr die Heilige Margarete?«
    Ich nickte, denn was sollte ich sonst tun? David traf es
allerdings noch härter.
    »Und Ihr, seid Ihr die Heilige Katharina?«
    Ich sah, wie seine Augen einen silbrigen Schimmer bekamen, doch
dann beherrschte er sich. Ebenso wie ich mich beherrschen musste. Erlaubte sich
dieses Mädchen einen Scherz mit uns? Ich hielt sie für klug genug, doch als sie
den Blick mir wieder zuwandte, stand in ihren Augen nichts als tiefer Glaube und
Ergebenheit. Sie meinte es tatsächlich so, wie sie es sagte.
    »Wir sind gekommen, um dir einen Auftrag zu erteilen«, begann
Sayd.
    Würden Engel von Aufträgen reden? Egal, Jeanne wandte ihm ihre
großen Augen zu und hing förmlich an seinen Lippen.
    »Ich tue alles, was Ihr verlangt.« Ergeben senkte sie das
Haupt.
    »Du bist von Gott auserwählt, den König zu weihen und ihn nach
Paris zu führen. Mit dem Schwert in der Hand wirst du den Frieden für das Land
erstreiten.«
    Jedes andere Mädchen hätte jetzt wahrscheinlich überrascht
aufgeblickt, denn solch eine Aufgabe erschien geradezu unlösbar, erst recht für
ein halbes Kind wie sie. Doch sie faltete nur die Hände und nickte.
    »Wenn Gott das von mir verlangt, werde ich es tun.«
    »Allerdings sollst du nicht in blinder Hast aufbrechen«, schaltete
ich mich ein, in der Hoffnung, dass ich mich wie eine Heilige anhörte. »Wir sind
gekommen, um dich zu unterweisen, dich vorzubereiten für deine Aufgabe. Bist du
gewillt, das zu tun?«
    »O ja, das bin ich!« Jetzt blickte das Mädchen wieder auf, mir
geradewegs ins Gesicht. Hatte ich unser Theater zuvor einfach nur komisch
gefunden, fühlte ich mich jetzt richtig schlecht, denn dieses Mädchen schien
wirklich zu meinen, was sie sagte.
    »Dann finde dich morgen an dem Baum ein, unter dem du immer sitzt,
wenn du das Vieh hütest«, sagte Sayd jetzt wieder. »Wir werden dir in der
Gestalt von Kriegern erscheinen und dich lehren, wie man ein Heer anführt.«
    »Ich soll ein Heer anführen?«, fragte sie verwundert.
    »Das Heer Frankreichs. Das Heer, das die Engländer aus dem Land
verjagt und die Burgunder in die Schranken weist.«
    Bei der Erwähnung der Burgunder blitzte für einen Lidschlag etwas
in Jeannes Pupillen auf, doch sie zügelte es sogleich wieder. »Ich werde gern
tun, was Gott von mir verlangt.«
    »Doch du weißt, dass du all das nur tun kannst, wenn du dir deine
Unschuld bewahrst.«
    War das wirklich nötig? Dem Mädchen aber schien diese Forderung
nichts auszumachen. Hatte Sayd recht und dergleichen war in ihren Visionen
gefordert worden?
    »Das werde ich tun, wie ich es versprochen habe.«
    »Nun, dann geh wieder auf die Weide und versieh deinen Dienst gut.
Und zu niemandem ein Wort, weder zu deinen Eltern noch

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