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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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als köstlich empfand. Das junge Blut, das in Sophies Adern pulsierte, dagegen schon eher!
    »Und? Gehen wir in die Gruft?«, hakte Sophie nach, die sich mit dem Ärmel ihres schrecklich unförmigen Kleides einen Schokoladenrand von der Lippe wischte und gleich darauf zwei Stücke Konfekt in den Mund schob.
    »Ja, ich denke, das werden wir, sobald du hier fertig bist.«
    »Wie wundervoll!«
    Das Mädchen strahlte über das ganze Gesicht, und András sinnierte darüber nach, ob es wohl noch ein anderes Kind in ganz Wien gab, dessen sehnlicher Wunsch darin bestand, nachts in Begleitung eines Vampirs eine Gruft zu besuchen.
     
    17. Kapitel
    Die Michaelergruft
    András öffnete das schwere Portal, das nicht verschlossen war. Wie erwartet fanden sie die Kirche menschenleer und dunkel vor. Das Mädchen hatte seine Hand vertrauensvoll in die des Vampirs geschoben. Die Kälte, die von ihm ausging, schien es nicht zu stören. András schloss das Tor hinter ihnen, und sie traten in das nur von diffusem Sternenlicht ein wenig erhellte Kirchenschiff. Wie immer, wenn sich der Vampir in einem geheiligten Raum aufhielt, spürte er ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust, das in Wellen anschwoll oder abklang, wenn er etwa auf ein Kreuz oder das Weihwasserbecken zutrat oder gar so verwegen war, dem Tabernakel zu nahe zu kommen. Doch András hatte im Laufe der Jahrhunderte gelernt, den Schmerz stoisch zu ertragen, und so ging er ungerührt neben Sophie her.
    Die Schritte des Mädchens hallten von Wänden und Säulen wider, obwohl sie für einen Menschen einen erstaunlich leichten Tritt hatte. Die Bewegungen des Vampirs waren nicht zu hören. Nein, es wunderte András nicht, dass Sophie dies sofort bemerkte. Sie blieb stehen und legte den Kopf schief.
    »Wie machen Sie das nur? Es hört sich an, als habe ich allein die Kirche betreten. Pater Antonius dagegen tritt so laut auf, dass ich mich selbst nicht mehr hören kann.«
    András lenkte ab. »Erzähl mir von Pater Antonius.«
    Sophie hob die Schultern und überlegte, während sie das Hauptschiff der Länge nach durchschritten.
    »Er ist alt. Sehr alt. Zumindest riecht er so, sein Geist ist jedoch noch hell, und er kann gut Geschichten erzählen. Er kennt viele aus sehr alten Zeiten. Ich war früher oft hier. Wenn keiner da war, auf mich aufzupassen, dann hat der Pater mich mit in die Sakristei genommen oder in die Kirche, wo er immer viel zu tun hat. Wir sind aber auch schon oft in die Grüfte hinabgestiegen. In die Räume des Klosters darf er mich ja nicht mitnehmen, weil ich ein Mädchen bin! Also sind wir hiergeblieben, und ich habe ihm bei seiner Arbeit geholfen.«
    »Dann hat der Bruder die Aufgaben eines Sakristans?«
    Sophie nickte. »Ich glaube schon. Er läutet auch die Glocken vor der Messe oder wenn eine Aussegnung stattfindet. Ich durfte auch schon läuten!«
    András wusste, dass die Michaelerkirche noch immer den Barnabiten unterstand, die Kaiser Ferdinand vor zweihundert Jahren aus Italien hatte kommen lassen, um seine Gegenreformation voranzutreiben. Damals regte sich großer Widerstand vor allem von Seiten der Diözese gegen die Übergabe der Kirche an die Italiener. War St. Michael doch bis dahin neben St. Stephan die einzige Kirche in Wien gewesen, die Weltgeistlichen unterstand. Sie an einen Orden zu verlieren konnte ihnen nicht gefallen, obwohl sie unter Obhut des Rats der Bürgergemeinde zunehmend verarmt war. Unter anderem da man bereits um das Jahr 1500 den Friedhof um die Kirche herum geschlossen hatte. Zwar trieb die Pfarrgemeinde den Ausbau von Grüften für adelige Familien unter der Kirche voran, doch diese konnten den Verlust der wichtigsten Einnahmequelle, die der Friedhof mit seinen Gebühren stets gewesen war, nicht ausgleichen.
    Als die Barnabiten die Pfarre übernahmen, musste sie sich in einem traurigen Zustand befunden haben. Unter ihrer Führung war sie jedoch wieder aufgeblüht, und heute machte sich keiner mehr Gedanken darüber. Die Michaelerkirche war das Gotteshaus der Hofadligen und ihrer Bediensteten und natürlich nach wie vor der Pfarrkinder dieses Viertels. Allerdings hatten inzwischen auch die Barnabiten ihre besten Jahre hinter sich. Die Ordensgemeinschaft schrumpfte zunehmend, die Brüder wurden älter und starben. Zu wenige junge, tatkräftige Männer folgten nach. Heute lebten gerade noch ein knappes Dutzend Brüder in den Klostergebäuden hinter der Kirche.
    Sophie blieb stehen. »Hier muss es irgendwo sein. Eine Treppe, die

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