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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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fügen.«
    »Sie sind eine erwachsene Frau! Sie haben das Recht, über Ihr eigenes Leben zu entscheiden.«
    »Ich bin eine ledige Frau mit einem Kind. Ich habe in dieser Gesellschaft gar kein Recht. Ich kann froh sein, wenn man mir die Gnade erweist, mich zu dulden!«
    Zorn loderte in ihm auf, den er nur mühsam beherrschen konnte. Er wandte sich ihr zu und griff nach ihren Handgelenken. »Reden Sie sich das nicht ein! Ich dachte, Sie wären bereits einen Schritt in Richtung Freiheit gegangen und hätten die frische Luft genossen, die Ihnen plötzlich um die Nase weht. Warum gehen Sie dann freiwillig in ihren Kerker zurück? Seien Sie stark und ergreifen Sie Ihre Chance! Jetzt! Wann sonst werden Sie den Mut finden?«
    Doch Karoline hatte ihn nur empört angeblitzt und ihre Arme aus seinem Griff befreit.
    Wenn sie dieses Aufbegehren, das gegen seine Einmischung in ihr aufgelodert war, nur gegen die Bevormundung durch ihren Vater und ihren Bruder einsetzen würde!
    Viel Hoffnung machte sich András nicht. Es blieb ihm nur abzuwarten und ihre Entscheidung zu akzeptieren. Und das machte ihn rasend!
    Er lief durch die Nacht und griff sich wahllos verspätete Spaziergänger oder gar einen Wachmann der Militärpolizei, der allein auf Streife unterwegs war, doch er bemerkte fast nicht, was er schmeckte. Seine Gedanken waren zu sehr in Bewegung.
    Endlich, als der Blutdurst nachließ, der den Zorn angeheizt hatte, fühlte er seine Ruhe zurückkehren, und er machte sich auf den Heimweg. Seine Gedanken wanderten zum Palais Kinsky, und eine kribbelnde Erwartung erfüllte ihn.
    Morgen war es so weit. Das große Schlittenkarussell. Er hatte die Kostüme schneidern lassen, wie die Fürstin sie sich gewünscht hatte, und das ihre von einem Boten an das Palais liefern lassen, war aber ansonsten ihrem Befehl gefolgt, sie nicht aufzusuchen, bis sie sich – wie sie es nannte – wieder ohne Scham seinem Blick aussetzen konnte.
    Nun gut, er hatte ihrem Wunsch zumindest so weit entsprochen, dass er sich ihr nicht zeigte, während sie wach war und ihn bemerken konnte. In den frühen Morgenstunden jedoch, wenn sein Weg ihn in die Freyung führte, konnte er dem Drängen nicht widerstehen, in das Palais einzudringen und nach ihr zu sehen. Zweimal musste er dem Fürst ausweichen, der gerade erst in ziemlich trunkenem Zustand heimkehrte. Therese dagegen fand er stets in tiefem Schlaf vor. Und so konnte er sie in Muße betrachten, während sie ab und zu in ihren Träumen lächelte und dann wieder voller Sehnsucht seufzte. Er ahnte, was in ihr vorging, und es begann ihn zunehmend zu reizen, einige Fetzen ihres schlafenden Bewusstseins zu erhaschen.
    Konnte er auch ihre Träume beeinflussen? Ein spannendes Experiment!
    Nun, als András auf dem Heimweg zu seinem Sarg war, eilten seine Gedanken zum morgigen Abend voraus. Endlich würde er wieder mit ihr sprechen können, sich an ihrem Humor und an ihrem scharfen Verstand weiden und sich über die kleinen bissigen Bemerkungen amüsieren dürfen, die sie so treffend anzubringen verstand. Ihre lebhafte Miene beobachten und in ihre klugen Augen sehen. Ja, diese Nacht versprach ein Fest zu werden. Auch für ihn.
    Selbst als die Sonne aufging und er in seine todesähnliche Starre fiel, lächelte er noch immer.
     
    18. Kapitel
    Schlittenkarussell
    Schon als András den Deckel seines Sarges hob, spürte er, dass es den ganzen Tag über geschneit hatte. Der Geruch der frischen Flocken hing noch in der Luft. Also hatte der Hof keine Karren ausschicken müssen, um Schnee von den umliegenden Bergen für sein Spektakel herholen zu lassen.
    Goran gab sich an diesem Abend besondere Mühe, seinen Herrn in das prächtige Kostüm aus wertvollen Stoffen zu hüllen: rot wie frisches Blut und schwarz wie der Tod, wie die Fürstin es sich gewünscht und wie sie es wohl instinktiv als passend für den Vampir empfunden hatte, ohne sich über die Bedeutung im Klaren zu sein.
    András wartete, bis Goran die Pferde eingespannt hatte, ehe er hinunter in den Hof trat. Goran würde ihn und die Fürstin zum Start der Schlittenpartie bringen und dann weiter nach Schönbrunn fahren, um sich dort für den Rückweg bereitzuhalten. So hatte er ihn angewiesen, und dennoch fühlte er sich immer wieder versucht, den Befehl zurückzunehmen. Es gab ihm kein gutes Gefühl, das Palais unbewacht zurückzulassen. Doch lag es überhaupt in Gorans Macht, sein Heim zu schützen? Gegen diesen frechen, menschlichen Einbrecher vermutlich schon,

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