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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Glück, Lust und Erfüllung sind ein Blitzen und taugen nicht zur Ewigkeit. Die Ewigkeit nährt sich von Leere, Nacht und Einsamkeit.
    Was waren das für seltsame Gedanken?
    So schnell sie aufgeblitzt waren, so schnell verwehten sie. Therese ergab sich und ließ sich der Erlösung entgegentragen.
    Ihr Geist meldete sich erst wieder, als sich ihre Atmung langsam beruhigte. Sie lag nicht mehr unter seinem Körper. Nun ruhte sie auf seiner Brust und ließ den Kopf gegen seine Schulter sinken. Seine Arme umhüllten sie. Trocken und kühl, während ihre Haut noch immer glühte und von Schweiß benetzt war.
    Er liebte sie in dieser Nacht noch einmal. Dann saßen sie zusammen vor dem Kamin, jeder ein Glas Wein in der Hand, wobei das seine sich wieder nicht leeren wollte. András hatte ihr fürsorglich einen duftend weichen Morgenmantel umgelegt, doch Therese war nicht kalt. Die Gefühle, die wie Wogen in ihr brandeten, kannten keine solch einfachen Empfindungen wie heiß oder kalt. Vielleicht würde sie neue Worte für sie finden müssen.
    Therese sah in die Flammen und versuchte zu ergründen, was sie empfand. Konnte man gleichzeitig glücklich erfüllt und unendlich traurig sein?
    »Ja, das ist möglich.«
    Sprach er, oder hörte sie ihre eigenen Gedanken in seiner Stimme in ihrem Kopf?
    »Ein Teil Ihres Geistes wandelt in dem, was Sie erlebt haben, und lässt dieses Glück noch einmal wie ein Echo erklingen. Der andere Teil greift in die Zukunft und fürchtet, dass diese Gefühle einzigartig für Sie waren und Sie sie nicht wieder erleben dürfen.«
    Therese nickte und lehnte sich an seine Schulter. »Ja, so ist es, mein Freund der großen Gefühle und des glasklaren Verstandes. Ich weiß, dass ich das nicht sagen sollte, doch mir kommt mein Leben mit all dem gesellschaftlichen Flitterkram so vergeudet vor, und ich fürchte mich vor jeder Stunde ohne Sie, die mir nun einsam erscheinen wird.«
    Er schwieg, und Therese rückte ein wenig von ihm ab, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Auch in seiner Miene glaubte sie Schwermut lesen zu können.
    »Wer nicht vom Glück genascht hat, weiß auch nicht, was er versäumt. Ich war lange Zeit mit dem zufrieden, was ich hatte. Nun kann ich das nicht mehr.«
    András nahm ihre Hände. »Und doch wurde die Sehnsucht in Ihnen mit jedem Tag größer, denn auch ohne zu wissen, haben Sie geahnt, dass da noch viel mehr sein kann.«
    Therese nickte. »Ja, das ist wahr. Ich wollte es wissen, und ich bereue es nicht. Ich bin nur traurig, dass es nicht in meiner Macht steht, das Glück zu halten.«
    »Ja, das Glück lässt sich nicht in einen Käfig sperren. Müsste es seine Freiheit verlieren, würde es verkümmern. Doch wer offen durch die Welt geht, der begegnet ihm immer wieder ganz unverhofft. Seien Sie klug und vergessen Sie das nie.«
    »So wie Sie, András?«
    Er wirkte überrascht. »Wie ich?«
    »Ja, Sie sind frei. Sie lassen sich nicht in das Gefängnis der Konventionen sperren. Sie stehen irgendwie über den Dingen, also müssten Sie dem Glück sehr oft begegnen.«
    András sah sie lange an. »Nein, so ist es nicht, obwohl Sie mit dem Ersten wenigstens zum Teil recht haben. Die Konventionen Ihrer Gesellschaft kümmern mich wenig. Aber frei bin ich ganz sicher nicht, und das Glück schlägt gern einen großen Bogen um die Finsternis.«
    »Sie machen auf mich aber nicht den Eindruck eines unglücklichen Mannes, den seine Fesseln niederdrücken«, erwiderte sie in scherzhaftem Ton. Seine Antwort dagegen klang ernst.
    »Ich habe gelernt, das Schicksal anzunehmen und meine eigenen Freuden daraus zu ziehen.«
    »András, Sie sind nicht wie andere Menschen. Wie kein einziger Mensch, den ich je kennengelernt habe!«
    Er neigte den Kopf, sagte aber nichts.
    »Warum ist das so? Was ist es, das Sie von allen anderen unterscheidet?«
    »Dass ich es bin, der Ihnen das Glück von Zärtlichkeit und Leidenschaft zeigen durfte?«
    »Nein, das meine ich nicht, und das wissen Sie genau. Lenken Sie nicht ab. Ich möchte es wissen! Verraten Sie mir Ihr großes Geheimnis«, verlangte die Fürstin.
    »Vielleicht ist es ja ähnlich wie mit dem Glück, das man einmal gekostet hat und das einen die Leere danach noch tiefer empfinden lässt. Vielleicht wollen Sie das Geheimnis nur ergründen, weil Sie nicht ahnen, wie tief es reicht, und welch Abgründe im Verborgenen lauern können. Sie würden sich nach der Unwissenheit zurücksehnen!«
    Therese warf den Kopf zurück. »Nun haben Sie mich erst recht

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