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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Jaroschinski, dieses betrügerischen Comtes gelöst und den noch verzwickteren Fall Resniczek, der seinen Mord ja wie einen Selbstmord hatte aussehen lassen. Der Kommissär ließ sich aber nicht hinters Licht führen und hat die Mörder an den Strick gebracht. Der weiß, was er tut.«
    »Dann können wir nur hoffen, dass er diesem Übeltäter ebenfalls schnell auf die Schliche kommt und Wien wieder sicher wird, dass man sich im Dunkeln noch auf die Straße trauen kann«, sagte das Mädchen unter Zähneklappern.
    Der junge Mann drückte sie noch einmal kurz an sich und mahnte sie, nun schnell in ihr warmes Bett zurückzukehren. Lisbeth nickte, ließ ihn zur Hintertür hinaus und verschloss die Pforte dann wieder. Als sie sich umwandte, um auf den Hof hinauszutreten, war sie in Gedanken vermutlich bereits zurück im Haus oder gar in ihrer Kammer im vierten Stock unter ihrer wärmenden Bettdecke. Lisbeth blieb wie angewurzelt stehen und starrte den Mann an, der unvermittelt vor ihr auftauchte.
    András hatte beschlossen, dass es nun an der Zeit war, sich bemerkbar zu machen. Der Hunger nagte schon wieder in ihm, und seine Gier war stetig gestiegen, während er das Stelldichein der beiden belauscht hatte. Er verbeugte sich höflich vor dem Mädchen, das in seinem langen, weißen Nachtgewand mit dem Mantel und den Stiefeln des Stallknechts ein komisches Bild darbot.
    »Ist es nicht ein wenig spät, um sich hier draußen herumzutreiben?«, fragte András höflich. Das Mädchen öffnete nur tonlos den Mund. Es war überrascht, fühlte jedoch keine Furcht.
    Natürlich hätte es nicht viel bedurft, sie in Todesangst zu versetzen, doch das wollte András nicht. Es war ihm nur danach, seinen Durst an dem jungen Blut zu stillen, und wenn er sie dabei sprachlos hielt, war das sicher nicht unklug. Im Schatten des Durchgangs trat er zu ihr und legte ihr den Arm um die Taille.
    »Es ist immer ein Risiko, nachts sein Bett zu verlassen«, sagte er ein wenig tadelnd, während er spürte, wie seine Eckzähne sich weiter hervorschoben.
    »Anderseits«, musste er zugeben, »kann auch ein Bett und eine noch so schön verschlossene Zimmertür nicht vor allem schützen, was sich im Dunkeln der Nacht verbirgt.«
    »Einen guten Morgen wünsche ich Ihnen, Durchlaucht!« Der kriegerische Ton, der die höflichen Worte und das Tablett mit Kaffee und Gebäck begleitete, ließ die Fürstin aufsehen.
    »Was ist los, und wo bleibt Lisbeth?«
    Es war am Morgen die Aufgabe der Kammerzofe, den Toilettentisch herzurichten und alles bereitzustellen, was die Kammerfrau später benötigte, ihrer Herrin Gesicht und Dekolleté zu pflegen und sie zu frisieren.
    »Das ist es ja gerade, Herrin«, gab die Kammerfrau zurück und machte ein Gesicht, das sicher nicht nur eine junge Zofe eingeschüchtert hätte. »Sie ist noch nicht erschienen. Ich wollte nur nicht, dass Ihr Kaffee kalt wird, daher war ich noch nicht oben, nach ihr zu sehen.«
    Die Kammerfrau schlief in dem kleinen Raum nebenan, um auch nachts in Hörweite ihrer Herrin zu sein, die Zofe jedoch teilte sich mit zwei Küchenmädchen eine Kammer unter dem Dach. Mit einer Verbeugung von geradezu preußischer Haltung stellte Vesna das Tablett auf den Nachttisch.
    »Entschuldigen Sie mich, Durchlaucht, ich werde nachsehen, was dieses Geschöpf dazu führt, seine Pflichten zu versäumen.«
    Mit diesen Worten stürmte sie hinaus. Die Fürstin empfand fast Mitleid mit der Zofe, die vielleicht noch ein wenig jung und leichtsinnig war, ihre Sache jedoch ganz gut machte, dafür, dass sie erst vor einem halben Jahr von einem Gut aus Oberösterreich nach Wien gekommen war. Nun ja, Therese würde sich nicht einmischen. Es gab unter den Bediensteten eine strenge Hierarchie. Wehe der Herrschaft, die diese Rangfolge nicht beachtete! Das konnte einen ganzen Haushalt auf den Kopf stellen. Jeder musste schließlich wissen, wo er stand und vor wessen Augen er Gnade zu finden hatte. So war es die Aufgabe der Kammerfrau, die pflichtvergessene Zofe zur Ordnung zu rufen, nicht die der Fürstin selbst. Wo würde man hinkommen, wenn man für jeden Stallburschen oder Lakaien direkt verantwortlich wäre und dessen Arbeit überwachen müsste? Nein, dafür gab es die führenden Stellen im Haushalt: ganz oben den Butler und dann die Kammerfrau der Herrin und den Kammerdiener des Fürsten, die Köchin und den Oberstallmeister, jeder zuständig für seinen Bereich.
    Therese hatte ihre Tasse Kaffee noch nicht vollständig geleert, als

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