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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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beheben können!«
    »Dann wird er wohl länger im Spital bleiben müssen?«, fragte András, sorgsam darauf bedacht, dass seine Stimme nicht hoffnungsfroh klang.
    Karoline hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich konnte noch mit keinem Arzt sprechen. Sie sind alle sehr beschäftigt. Doch nun muss ich Sie bitten, sich zu verabschieden. Wir setzen den Unterricht morgen an dieser Stelle fort. Wenn Sie Zeit und Muße haben, üben Sie die Folgen, an die Sie sich noch erinnern können, noch ein paar Mal, das wird der Beweglichkeit Ihrer Finger guttun. Ich muss mich nun ganz schnell auf den Weg machen.« Sie wandte sich zur Tür. »Hilde, hast du den Korb für den gnädigen Herrn fertig?«
    »Aber ja, Fräulein«, ließ das Mädchen vernehmen und trug einen von einem bunten Tuch bedeckten Weidenkorb aus der Küche. »Soll ich den Herrn Graf rausbegleiten?«
    »Ich bitte darum«, stimmte Karoline ihr zu. András stand noch immer neben ihr und machte keine Anstalten, sich zu verabschieden.
    »Darf ich Sie fragen, wie Sie um diese Zeit hinaus in den Alsergrund kommen wollen?«
    Karoline machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das ist gar nicht so weit, und eine Torsperre gibt es zum Glück ja nicht mehr. Ich bin die Strecke schon oft gegangen, und heute liegt nicht viel Schnee auf den Straßen.«
    »Sie haben allen Ernstes vor, zu Fuß zu gehen? Um diese Uhrzeit?« András runzelte die Stirn. »Das geht auf keinen Fall, Fräulein Wallberg, da muss ich protestieren.«
    Der Blick, den sie ihm zuwarf, war kühl und hätte wohl genügt, die meisten Männer in ihre Schranken zu weisen. »Graf Báthory, ich denke nicht, dass Sie das etwas angeht. Ich habe es meinem Vater versprochen. Er soll nicht Leid daran tragen, dass ich über dem Klavierspiel die Zeit vergessen habe.«
    »Er wird noch viel mehr Leid ertragen müssen, wenn Ihnen etwas zustößt!« András ließ sich nicht beirren. »Haben Sie nicht über die schrecklichen Morde gelesen, die sich in letzter Zeit in der Stadt zugetragen haben?«
    »Ja, ich habe davon gehört«, gab Karoline zu.
    »Und dennoch wollen Sie sich in die Dunkelheit hinauswagen? Das ist leichtsinnig, ja tollkühn!«
    »Da hat der Graf aber recht«, wagte sich Hilde einzumischen. Dieses Mal war sie es, die den kühlen Blick zugeworfen bekam. Bei ihr genügte er, um sie zurechtzuweisen und an ihre Stellung zu erinnern. Mit einer gemurmelten Entschuldigung zog sie sich hastig in die Küche zurück.
    »Lassen Sie mich einen Vorschlag unterbreiten. Ich rufe einen Fiaker und begleite Sie zum Spital hinaus. Während Sie zu Ihrem Vater eilen und ihn umsorgen, werde ich draußen warten, und dann bringe ich Sie wieder hierher zurück.« András griff nach ihrem Korb. Karoline machte einen halbherzigen Versuch, ihn dem Grafen wieder abzunehmen.
    »Das kann ich nicht annehmen.«
    »Nein? Warum nicht? Sie haben mir heute mehr Ihrer Zeit geopfert, als Sie geplant hatten. Ich habe sie genossen und viel gelernt. Da ist es nun nur recht und billig, dass Sie nicht noch mehr Zeit mit einem überflüssigen und noch dazu gefährlichen Fußmarsch verschwenden.« Karoline zögerte noch immer.
    »Wenn Sie sich weigern, dann gehe ich eben zu Fuß neben Ihnen her!«, drohte András. »Das können Sie mir nicht verbieten. Den ganzen Weg hin und zurück werde ich nicht von Ihrer Seite weichen, doch ich warne Sie, ich werde es Ihnen mehr als einmal vorhalten, wenn ich damit mein gutes Schuhwerk ruiniere!«
    Um Karolines Mundwinkel zuckte es, und sie konnte nicht verhindern, dass ihr ein Kichern entschlüpfte. Plötzlich sah sie wie ein junges Mädchen aus, dem der Schalk aus den Augen blitzt.
    »Sie würden sich bald weniger über Ihre Schuhe als über Ihre geschundenen Füße beschweren. Man unterschätzt es gern, doch wenn man es nicht gewohnt ist, wird ein Fußmarsch bald zur Qual.«
    »Halten Sie mich für so unsportlich?«, rief András in gespielter Entrüstung aus.
    Karolines Augen blitzten. »Aber nein, Herr Graf, ich halte Sie durchaus für einen prächtigen Reiter und einen schneidigen Kutscher. Ich bezweifle lediglich, dass Sie es gewohnt sind, längere Strecken zu Fuß zu gehen.«
    »Ich streite nicht mit einer Dame, und ich verzichte in diesem Fall darauf, Sie vom Gegenteil zu überzeugen. Nicht heute. Vielleicht ein anderes Mal.« András verneigte sich vor ihr. »Gehen wir?«
    In bestem Einvernehmen verließen sie das Haus.
    Es ging bereits auf Mitternacht zu, als der Wagen sich vom neuen Bürgerspital im

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