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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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standhalten würden, und befestigte die Pelzkappe. Falls die Fürstin nicht vorgehabt hätte, selbst zu kutschieren, hätte noch ein Pelzmuff von gleicher Farbe die Aufmachung komplettiert. So begnügte sie sich mit ein paar nicht zu dünnen Handschuhen, die auch einen ungestümen Zug am Zügel dämpfen würden, ohne dass Striemen auf der Haut zurückblieben.
    Therese fiel es schwer stillzuhalten, bis Vesna zurücktrat und ihr bestätigte, dass ihr Auftritt nun perfekt sei. Sie kam sich ein wenig albern vor, als sie sah, dass sich ihre Wangen vor Aufregung rosig gefärbt hatten. Nicht dass ihr das nicht stand. Doch sie benahm sich wie ein junges Ding, das zappelig vor Vorfreude dem ersten Theaterbesuch oder Ball entgegenfieberte. Was war nur in sie gefahren?
    Sie spürte, dass die Kammerfrau sie aufmerksam beobachtete. Die Stirn legte sich in Falten. Aus Furcht, Vesna könnte sich so weit vergessen, dass sie ihre ehrliche Meinung aussprach, fragte Therese lieber nicht, was die Kammerfrau gerade dachte, sondern eilte die Treppe hinunter in den Hof, wo Johann sie mit dem Gespann erwartete.
    »Wohin geht es?«, erkundigte sich der Groom, als er ihr auf den Kutschbock half.
    »Zum Palais Fries und dann in den Prater – hoffentlich.«
    Der Groom sah zweifelnd von dem Platz neben der Fürstin zu dem schmalen Sitz hinter ihr. Der Stalljunge, der vorn bei den beiden Vorauspferden stand, hatte Schwierigkeiten, die feurigen Füchse zurückzuhalten, die offensichtlich nicht nur ausgeruht waren, sondern es nicht erwarten konnten, sich an diesem kalten Tag bei flottem Tempo aufzuwärmen.
    »Soll ich hier in der Stadt die Zügel übernehmen? Es macht sicher keine Freude, zwischen Bauernkarren und Fiakern manövrieren zu müssen.«
    Das hatte er schlau formuliert! Therese war klar, dass der wahre Grund, der hinter diesem Vorschlag steckte, die Furcht war, sie könne die Pferde nicht im Griff haben. Der Aufruhr eines Unfalls wäre weder in ihrem noch in seinem Sinn. Doch das wagte er der Herrin nicht zu sagen. Sie schwankte zwischen amüsiert und verärgert, gab dann aber nach und rutschte ein Stück zur Seite. Leider war Johann mit seinen Bedenken nicht im Unrecht.
    Der Groom hatte die Pferde leidlich gut im Griff und lenkte den Wagen durch das Tor auf die Freyung hinaus, ohne dass eines der Räder irgendwo streifte. In gemächlichem Tempo folgten sie der Herrengasse an zahlreichen barocken Palais vorbei bis zur Hofburg. Die Pferde hielten sich zwar sichtlich widerwillig an den vorgegebenen Schritt, aber immerhin gehorchten sie.
    »Wird Graf Báthory uns auf der Ausfahrt begleiten?«, fragte Johann, als sie unter dem Torbogen hindurchfuhren, der die Stallburg mit dem Trakt der Redoutensäle verband. Er schaffte es nicht, die Hoffnung aus seiner Stimme herauszuhalten.
    »Genau darum werde ich ihn bitten«, gab die Fürstin zu. »Wenn er daheim anzutreffen ist.«
    Johann brachte die Pferde vor dem Tor zum Stehen, sprang zu Boden und half seiner Herrin beim Aussteigen.
    »Am besten, du führst die Pferde einige Runden über den Platz, bis wir weiterfahren«, riet Therese. Johann nickte und führte das Gespann davon.
    Fürstin Kinsky ließ den kunstvoll verzierten Klopfer gegen das Holz fallen und lauschte dann atemlos auf sich nähernde Schritte. Hinter der Tür jedoch blieb es totenstill.
    Warum machte ihr niemand auf? Ungeduldig klopfte sie ein zweites Mal. Doch bereits als der Klopfer zurückfiel, schwang die Tür auf und sie starrte erschrocken in das düstere Antlitz des riesigen Dieners, den sie schon auf dem Kutschbock von Graf Báthorys Stadtcoupé gesehen hatte. Sie war ein wenig irritiert. Sollte nicht ein Butler öffnen und nach dem Begehr eines Besuchers fragen? Nun gut, sie kannte sich mit den Gebräuchen in Ungarn nicht aus. Vielleicht hielt es der Graf nicht für nötig, oder der Butler war mit einer anderen Aufgabe gerade außer Haus.
    Der bullige Riese sah sie fragend an.
    »Ich möchte zu Graf Báthory«, sagte die Fürstin und machte fordernd einen Schritt auf den Diener zu, doch der war nicht bereit, zurückzuweichen oder die Tür weiter zu öffnen, um sie einzulassen. Nachdrücklich schüttelte er den Kopf.
    Was war das für ein ungehobelter Kerl? Sie musste wohl deutlicher werden.
    »Darf ich eintreten!« Das war keine Frage. Das war ein Befehl, dennoch blieb er, wo er war. Nun wurde die Fürstin ungehalten.
    »Melde deinem Herrn, dass Fürstin Kinsky ihn zu sprechen wünscht!« Wieder schüttelte er nur stumm

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