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Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5

Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5

Titel: Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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nicht mehr neben sich. Er sah sich jetzt nicht mehr am Abgrund stehen. Er stand jetzt tatsächlich da und schrie entsetzt auf, als ihn der Wind in die Tiefe riss.
    »Nein!«, schrie er. »Nein!«
    Er wirbelte noch im Fallen herum, bekam mit der Rechten die Felskante zu fassen, fühlte den Schmerz, mit dem seine Fingernägel brachen und rissen, verlor den Halt, rutschte nach unten, presste die linke Hand auf den Felsen und erwischte im letzten Moment einen faustgroßen Keil. An ihn klammerte er sich wie an einen seidenen Faden. Er schielte nach unten. Fünfzig Meter unter ihm tobte die Brandung um tödliche Klippen und gerade als er sicher war, dass seine tauben Finger keine Kraft mehr hatten, fand seine rechte Hand einen weiteren Halt. Die Muskeln in seinen Armen drohten zu zerreißen. Doch er wollte nicht sterben! Nein, das wollte er nicht! Und deshalb zog er sich schreiend, heulend und fluchend auf den Überhang zurück.
    Er stöhnte vor Freude und schrie mit seiner Freude seine Schmerzen heraus.
    »Oh, ja, ich lebe!«, schrie er begeistert, warf den Kopf in den Nacken, sodass sich das Blau des Himmels in seinen himmelhellblauen Augen spiegelte, und sprang durch das kreisrunde Loch ins Innere der Insel.
    Dort rannte er durch die gewundenen Gänge und erreichte die oberste Höhle, deren Wände so dünn und durchscheinend waren, als wären sie aus Glas oder Quarz.
    »Ich lebe, ich lebe!«, begrüßte er Jay-Nice.
    Die Hexe war gerade dabei, Blumen zu pflanzen. Sie trug einen formlosen Kittel und verbarg ihr Gesicht unter einem chinesischen Hut. Doch als sie den Kopf hob, war sie wieder jung. Nein, sie wurde in dem Moment jung, als sie den Jungen mit einem Lächeln begrüßte.
    »Ich lebe, ich lebe!«, rief Will begeistert, umarmte die Hexe und küsste sie auf den Mund.
    »Hey! Hey!«, wehrte die sich. »Pass auf, was du tust. Sonst könntest du eine Made verschlucken. Du weißt doch, die kriechen in mir herum!«
    Will wurde übel und er versuchte den Würgreiz zu unterdrücken.
    Da kicherte sie. »Hehe! Das war nur ein Witz. Die Maden sind weg.« Sie zeigte nach oben zur Decke der Höhle und durch den gläsernen Stein sah Will, wie sich Schwärme von Flederkatzen in diesem Moment über Rum Bottle Bottom vereinten.
    »Die Mau-Maus verduften. Sie würden hier sonst verhungern und ich kann endlich aufhören zu trinken. Ich pflanze jetzt Tee. Hier, schau: Das wird Kamille, das Hagebutte, das Minze, und da hab ich echte Vanille gepflanzt.«
    Sie umarmte den Jungen und strahlte ihn an.
    »Ja, Will. Du hast die Maden besiegt. Rum Bottle Bottom wird jetzt ein anderer Ort. Ein Ort, an den du …«, sie küsste den Jungen kurz auf die Wange, »… jederzeit wieder zurückkehren kannst. Aber vielleicht dauert das auch noch ein paar Dutzend Jahre. Zurzeit würde es dir hier nämlich wie meinen Kätzchen ergehen. Du würdest verhungern. Du würdest an deiner Abenteuerlust verrecken und du würdest nie Käpten. Die dritte Aufgabe wartet auf dich, aber ich muss dich nicht töten, wenn du sie nicht schaffst. Das passiert von allein.«
    Sie küsste ihn noch einmal kurz auf die Nase und als Will, der dabei kurz geblinzelt hatte, die Augen wieder aufschlug, stand er am Strand vor der Hütte zwischen den windschiefen Palmen.
    »Du bist jetzt erwachsen und brauchst mich nicht mehr«, hörte er Jay-Nice, und als er sich umdrehte, kam sie mit einem Holzsarg aus der Hütte heraus.
    »Auf so etwas bist du doch nach Nassau gekommen. So fing damals alles an und so geht es jetzt weiter. Fahr hinaus und finde den Ort, der dich zu dem macht, der du bist, Will. Finde das Herz der Ozeane und tu deine Pflicht. Rette die Freunde und rette die Welt. Das ist doch ganz einfach.«
    Sie warf ihm den Sarg vor die Füße und grinste ihn an. »Na, mach schon, zieh Leine. Verdufte. Husch Husch!« Sie hielt ihm ein Paddel vor die Brust. »Du hast mich verstanden. Der Sarg ist dein Boot. Er ist die Brücke zwischen Leben und Tod und es liegt ganz an dir, wohin die Fahrt geht.« Sie strich ihm zärtlich über die Wange. Oder hast du noch Hunger?« Sie musterte ihn skeptisch und winkte dann ab. »Nein, das kann gar nicht sein. Denn ich bin pappsatt. Ich platze noch immer von dem fantastischen Dinner, was wir gestern Abend zusammen hatten. Der Fisch war schon göttlich, aber die Datteln und Feigen …«
    Will starrte sie an.
    Da lachte die Hexe ein zweites Mal.
    »Touchez! Ich hab dich schon wieder verladen, Will. Auch wenn es mich mehr als einmal gereizt hat,

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