Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5
Kajak gingen und wie Hannah mit ihm die Insel verließ.
Will bohrte die Finger in den aufgerissenen Stein. Er schrie einen langen, stummen Schrei. Tränen liefen über seine Wangen. Sie tropften vom Kinn. Er hatte verloren. Er hatte versagt und stellte sich vor, wie Prinz Gagga die fünf großen Schwestern von Valas befreite. Wie er ihre Helme mit Kanonen bestückte. Den Fünffachgeschützen, mit denen er pausenlos schießen konnte. Und wie Gagga mit ihnen und einer Eskorte minenbewaffneter Haie, Muränen und Barrakudas von Nassau aus aufbrach, um nach denen zu suchen, die Will jetzt nicht mehr beschützen konnte.
TEIL DREI
Das Herz der Ozeane
DER TEUFEL BIN ICH
ill lag auf dem Vorsprung und sah von dort oben, wie Hannah ihr Leben riskierte, um den in seinen Augen tödlich verletzten Freund mit dem Kajak durch die stürmische Brandung zum Einbaum zu bringen. Dort ergriff sie ein Tau, schlang es um ihr linkes Handgelenk, umarmte Nat mit der Rechten und ließ sich von der indianischen Besatzung an Bord des schlichten, aber trotzdem so stolzen Bootes ziehen. Will sah die Galionsfigur eines amerikanischen Bisons, dessen gesenkter Kopf auch als Rammbock diente und las darüber den Namen des Schiffs: Tatonka .
Er beobachtete, wie Nat unter Deck gebracht wurde, wie Hannah das Steuer des Schiffes ergriff, wie sie befahl, das Dreieckssegel zu setzen und wie sie den Einbaum, so als hätte sie schon Jahre auf ihm verbracht, um die tückischen Klippen lenkte. Will sah, wie sie dabei zu ihm zurückschaute und er sah ihren anklagenden und fragenden Blick. Er konnte ihn nicht anders verstehen: Warum hast du das getan? Wieso hast du versucht, deinen Freund umzubringen? Wieso hast du mich mit der Hexe verwechselt? Du hast doch gesagt, dass du mich liebst. Was für eine Liebe soll das sein?
Will schloss die Augen. Er kniff sie zusammen, um ihrem Blick zu entfliehen, und erinnerte sich stattdessen an Whistles Gesicht. Wie der Alte ihn angeschaut hatte, als er sich an Bord des Dreispitzes von Will verabschiedet hatte.
Der Piratenfürst lag in seiner Kajüte im Bett. Er schloss die blinden müden Augen, nahm seine Hand und bat ihn mit schwacher, aber fordernder Stimme: »Bitte, Will, mach nicht denselben Fehler. Töte nicht, hörst du. Töte niemals für deinen Traum, sondern sei nur bereit für ihn zu sterben.«
Will schluchzte vor Scham. Er schrie verzweifelt: »Das wollte ich nicht! Hört mich denn niemand?«
Doch der Sturm war zu laut und plötzlich sah Will sich, als würde er träumen: Er stand neben sich und sah dabei zu, wie er langsam aufstand. Schlafwandlerisch sicher trat er an den Abgrund, bis seine Zehen die Kante berührten. Will sah, wie er seine Augen schloss und sich langsam vornüberbeugte …
»Warum tut er das?«, fragte die Hexe, die jetzt neugierig neben Will trat – neben den Will, der sich selber zuschaute.
»Weil er jetzt weiß, wer sein größter Feind ist«, sagte Will heiser. »Er selbst ist der Teufel. Das Böse ist in ihm und das bringt er jetzt um.«
»Wow!«, staunte Jay-Nice und sie strahlte vor Schönheit. Ihr indigoblauer Schleier wehte im Wind. »Dieser Will ist sehr weise für seine fast sechzehn Jahre. Aber glaubst du wirklich, dass er das kann? Ich meine, kann er das Böse wirklich töten? Glaubt er denn wirklich, es ist nur in ihm, und nicht auch in allen anderen Menschen? In jedem von uns? Muss er dann nicht erst die anderen töten?«
Sie verwandelte sich in die hässliche Hexe.
»Und als erstes natürlich mich. Mich, Jay-Nice Jo-P-Lin von Rum Bottle Bottom.« Sie hob ihre Flasche und trank sie leer. »Oh, ich hasse das, hörst du!« Sie schielte durch das Mundstück in die leere Flasche und fing den letzten Tropfen mit der Zungenspitze auf.
»Immer dreht sich alles im Kreis. Man findet die Wahrheit auf dem Grund der Flasche, wenn man richtig betrunken ist. Und wenn man dann aufwacht, hat man alles vergessen. Dann ist man wieder einfach nur dumm.«
Sie strafte Will mit Zorn und Verachtung.
»Wo ist der Schatz, den du mir gebracht hast? Wo ist der Kerl, der die Welt retten will? War er ein Traum aus Giermadenpisse? Oh, verflucht. Ich hab wirklich gedacht, dass du mehr draufhast.«
Sie schleuderte die Flasche enttäuscht in den Abgrund.
»Ich wünsch dir viel Spaß beim Sterben, Will! Und grüß mir die anderen, die dir folgen werden. Die, die verzweifelt auf dich warten. Die, die du niemals enttäuschen wolltest.«
Im nächsten Moment war die Hexe verschwunden und Will stand
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